Nach unserer einwöchigen Rundreise sollten jetzt noch zwei Ziele folgen: Jibacoa und Havanna. Wir hatten noch eine Woche Badeurlaub im Breezes Jibacoa gebucht und anschließend einen letzten Tag in Havanna.
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In Havanna haben wir unseren Mietwagen übernommen und starteten nun unsere einwöchige Rundreise in Kuba. Unsere gebuchte Tour führte durch den Westen Kubas mit der ersten Station Viñales. Eigentlich sah der Plan vor, vorher nach Las Terrazas zu fahren und dann wieder nach Havanna zurück, um den nächsten Tag in Viñales zu enden. Wir beschlossen, über Las Terrazas nach Viñales zu fahren und auf eigene Faust dort zu übernachten.
Unser Kubaurlaub war ein geschickte Zusammensetzung, die wir rundherum um unseren Flug bauten. Den Flug nach Havanna hatten wir gesehen, sofort gebucht und uns dann genauer informiert, was wir machen können. Statt alles selbst zu organisieren, brauchten wir zusätzlich die Unterstützung eines Reisebüros. Unser Plan kristallisierte sich in mehreren Sitzungen wie folgt heraus:
Man könnte eigentlich rückwirkend schon anhand der Überschrift sagen: Egal, wo man in Kuba hintritt, in einem von beiden landet man auf jeden Fall. Fangen wir einfach mal mit den Gegebenheiten in Kuba an. Es gibt eine eigene Währung für Touristen, den Cuban Convertible Peso (CUC), der ungefähr einem Euro entspricht. Und es gibt die einheimische Währung Moneda Nacional (MN). Der Tauschkurs zwischen beiden ist 1 CUC : 25 MN. Der durchschnittliche kubanische Bürger verdient auf jeden Fall mehr als 220 MN pro Monat. Das ist der Mindestverdienst. Rentner bekommen 250 MN und Krankenschwestern so um die 420 MN. Fakt ist, dass der CUC nur für Touristen gedacht war und somit fein säuberlich zwischen imperialistischen Ausbeutern und braven Sozialisten trennen soll.
Dem ist aber nicht so. Der Tourist kommt an die einheimische Währung ran und die Einheimischen können sich Luxusartikel mit Hilfe des CUC kaufen. Dazu gehören Limonade, Seife, Waschmittel, Duschbad, Markenklamotten, Handys und Ähnliches. Damit beginnt das Problem. Der CUC ist heiß begehrt unter den Kubanern und sie wissen genau, wo er herkommt: Touristen. Von daher wird jede Gelegenheit genutzt, den Touristen Dienste anzubieten, auch wenn diese garnicht scharf darauf sind. Einen Nachmittag lang im Sekundentakt mit Angeboten wie:
- Taxi?
- Wanna buy cheap cuban cigars? Good quality!
- Restaurant?
- Casa particular? [Kubaner dürfen mit Genehmigung Wohnungen an Touristen vermieten, die so genannt werden]
- Ey amigo, where do you come from? [Das ist der Auftakt zu einem Gespräch, bei dem der Einheimische rausfinden will, was man den alles besichtigen will. Dann führt er einen dahin, wo man parkt, um auf das Auto aufzupassen oder um die vorher erwähnten Dienste anzubieten]
Mit anderen Worten - es nervt.
Vorteil für Touristen - mit etwas Geschick hat man das Glück schnell zu kapieren, wie man Geld sparen kann. Statt in einer Touristenbude Eis zu kaufen, geht man in eine einheimische Eisdiele und isst dort statt für 2 CUC für 4,50 MN (was 0,18 CUC entspricht) einen Eisbecher mit 3 Kugeln Eis. Wahlweise geht das auch mit Pizza. Alles weitere haben wir nicht probiert. Es kommt dann ein Hauch von Ostalgie auf, wenn man sich in die Schlange einreiht und warten darf, bis man dran ist.
Und jetzt das Mysterium Kubas. Man kann davon ausgehen, dass der Durchschnittskubaner zwischen 10 und 20 CUC im Monat verdient. Geht man in die Läden, sieht man aber die Adidas-Klamotten für die gleichen Preise, wie in Deutschland, d.h. ein Paar Schuhe kosten ca. 50 CUC. Trotzdem haben unglaublich viele Leute Markenklamotten an. Okay, bei den D&G oder Dior-Sachen sieht man, dass es Fälschungen sind, aber alles was Sportsachen sind - Adidas, Nike etc. ist echt. Genauso wie es mit den Handys ist - Handys kann man nicht fälschen, woher bekommt dann der Kubaner die Kohle, um sich solche Sachen zu leisten?
Was weiterhin auffällt - die Häuser. Der ländliche Kubaner neigt dazu in einem einfachen, wenn überhaupt gemauerten und schlecht verputztem, Haus zu wohnen, verglaste Fenster sind optional. Oftmals reicht ein Gitter, denn es ist ja eigentlich warm. Der städtische Kubaner lebt dann eher in einem abbruchreifen Haus. Und aus diesen Bruchbuden kommen Menschen raus, bei denen man das Gefühl hat - Moment mal, die sind besser angezogen wie wir! Gut, das ist jetzt pauschal, da es nicht auf alle zutrifft.
Aber so entsteht eine Vierklassengesellschaft in Kuba, so war unser Eindruck. Es gibt diejenigen, die direkten Kontakt zu Touristen haben. Top angezogen, aber im Benehmen etwas unhöflich, faul und langsam wirkend. Es gib ja keine Gewinn orientierende Einstellung. Danach folgen diejenigen, die sich den Kontakt mit Touristen erschleimen über oben genannte Kontakte. Auch top angezogen, ggf. mit leichten Schmutzflecken, übereifrig und bedacht mit minimalem Aufwand das Maximum an Kohle aus dem Touristen zu holen - der ideale Kapitalist.
Und die dritte Klasse, die man nur sieht, wenn man mit dem Mietwagen mal Tramper mitnimmt, ist der gewöhnliche Kubaner. Trampen ist übrigens die Hauptfortbewegung des Kubaners. Er stellt sich an die Straße, hält den Finger raus und hofft, dass er mitgenommen wird. Sie unterscheiden zwischen Laster (blaues Nummernschild), Leihwagen (weinrotes Nummernschild mit T beginnend) oder offiziellem Auto (oranges Nummernschild). Letztere sind sogar bei Strafe verpflichtet, die Leute mitzunehmen.
Jedenfalls sind diese von unterschiedlichem Reinheitsgrad - je nach Arbeit. Meistens jedoch ordentlich angezogen. Die freuen sich mitgenommen zu werden, sind auch gesprächig und beantworten bereitwillig Fragen. Was sie machen und wie viel sie verdienen, beantworten sie gern. Und sie haben Stolz! Wenn man ihnen die so viel gerühmten Geschenke anbietet, von denen in den Reiseführern gesprochen wird, lehnen sie ab. Um Geschenke wie Kugelschreiber, Bonbons und Duschbad kümmert sich dann die vierte Klasse - die Bettler. Je nach Region sind sie schmutzig mit zerschlissenen Sachen. Da fragt man sich, ob das sowas wie Berufsbekleidung ist, weil das System ja für sie sorgt, egal ob man arbeitet oder nicht. Bzw. in Touristenregionen fallen sie dann schon wieder in die zweite Gruppe von Menschen, d.h. gut angezogen und trotzdem bettelnd.
Und damit ist man wieder beim Sozialismus - es gibt eine Mangelwirtschaft und die ist offensichtlich. Fängt natürlich beim Baumaterial an, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass man freiwillig Häuser verfallen lässt und hört bei der allgemeinen Versorgung auf. Geht man in einen normalen Markt, sieht man dort sehr viele leere Regale. Geht man in einen Laden, wo man Sachen für den begehrten CUC kaufen kann, drängen sich die Leute wie seinerzeit im Intershop, um mit ihren Forumschecks (das war die ostdeutsche Version des CUC) westliche Artikel zu kaufen.
Es ist irgendwie so ein gemischtes Gefühl zwischen Mitleid und angewidert sein. Einerseits wird man sich bewußt, dass man beim Kauf von 10 Postkarten mal eben das Monatsgehalt eines Kubaners hinlegt, andererseits schämen sich die Gaststätten nicht, Preise zu verlangen, wie sie durchaus in Europa üblich sind. Das passt einfach nicht zusammen.
Heute kam ein Betrag über Kuba von Sabine Christiansen im Fernsehen, der die Lage auf Kuba sehr deutlich widerspiegelte, wie wir sie auch wahrgenommen haben. Es gibt den Touristen, der 14 Tage am Strand von Varadero liegt und sich kaum um die Politik des Landes kümmert und dem passiert ja auch nichts, wenn er die kubanische Welt betrachtet, die hinter der Scheibe des klimatisierten Busses an ihm vorbeirauscht. Und unser Eindruck war genau dieser - wir waren 2 Tage in Havanna, dann kam eine Woche Rundreise mit Mietwagen, gefolgt von einer Woche Pauschalurlaub. Dann nochmal Havanna und letztendlich Abflug.
Unser Eindruck: Individualtourismus nur für Geübte und Sprachgewandte, sonst kostet eine Übernachtung plötzlich statt der vereinbarten 20 CUC mit ein paar Extras plötzlich 49,50 CUC plus 1,50 CUC für das Bewachen des Autos. Und so geht das am laufenden Band. Man zahlt extra und zahlt und zahlt... Und dann tauchten wir in eine andere Welt. Der Pauschalurlaub ist schön, man bekommt nichts mit und die Welt ist heil. Man möchte mehr über Land und Leute wissen und alles sieht so faszinierend aus. Und dann verlässt man den klimatisierten Bus, checkt im Hotel in Havanna ein, schnappt seine Sachen und verlässt das Hotel und schon geht es los: "Taxi?"