Ich habe gerade Paul Kalkbrenner aufgelegt, Self – ein wunderbares Album. Es ist ein angenehm milder Abend und die Platte passt hervorragend dazu. Dazu lasse ich ein wenig den Tag passieren und bemerke, dass sich der Traum letzte Nacht sehr fest in meine Gedanken gekrallt hat. Es war wohl eher dieses skurrile Ende, was ich immer noch vor meinem Auge sehe.
Ich bin in einem Zug und alle Passagiere bereiten sich auf die Nachtruhe vor. Ich gehe ein letztes Mal durch die Gänge und sehe in einem Achterabteil in der 1. Klasse sechs Leute mit weißen Frotteebademänteln sitzen, offensichtlich frisch geduscht, wie sie die Beine hochgelegt haben und nun schlafen wollen. Auch ich will mich gerade hinlegen, als mich plötzlich der Wecker in die reale Welt zurückholt. Grausam. Und dementsprechend müde war ich heute den ganzen Tag. Mir kam es deshalb nicht ungelegen, dass ich heute etwas zeitiger Schluß machte, weil mein Auto in die Werkstatt mußte. Ich hatte mich mittags im Internet umgesehen, kein Stau auf meiner Strecke, also nahm ich die Autobahn. Verhängnisvoller Fehler, denn der Verkehrsfunk sprach von 7 Kilometern Stau auf meiner Strecke. Kurzerhand bin ich durch die Stadt gefahren, lieferte Rüedi ab und durfte mit einem Schlachtschiff zurücksteuern.
In der Wanne gab ich mir den Rest der aktuellen Ausgabe der NEON. Ich glaube, ich erwähnte bereits in einem Beitrag mal, dass ich zwei Zeitschriften im Monat lese, eine ist die NEON und die DE-BUG. Beide lese ich wirklich vom ersten bis zum letzten Artikel und die Zeit, welche ich zum Lesen brauche, sprechen für den Anspruch und das Niveau des jeweiligen Blattes. Die NEON kommt in der Größenordnung von ca. 140 Seiten daher. Damit bin ich in einer Woche fertig (gemessen nach der Zeit, die ich auf Arbeit fahre). Hingegen die de-bug hat gerade mal 60 Seiten (ohne Reviews), wenn auch enger bedruckt, dafür brauche ich zwei Wochen.
Diesen Monat muss die NEON wohl in ein Sommerloch gefallen sein, denn sie fiel üblen Schmierfinken zum Opfer. Wie bitte sonst kann ich mir einen Artikel erklären, der unter dem Tenor steht „Scientology – die machen doch nichts schlimmes“. Im Gegenteil – wenn in bayrischen Schulen ein Kruzifix hängt, ist das viel schlimmer. Diese zwei Sätze fassen auch schon die gesamte Argumentationskette des Beitrages zusammen. Ich weiß, dass ich keinen hohen Anspruch an das Magazin stellen kann, aber so tief sinken?
Naja, wenigstens konnte ich mich über den Beitrag zum 25-jährigen Jubiläum von MTV amüsieren. Dort stolperte ich über das Schnipsel „… es geht um guten Content…“ – ach, auch dort wird von Inhalten gesprochen, aber keiner gemacht. Kommt mir doch sehr bekannt vor. Aber ich will den Artikel nicht schlecht machen, auch kritische Stimmen kommen zu Wort, wie z.B. von dem mir aus frühester Jugend allseits beliebten und geschätzen Ray Cokes, der meinte „Weil mittlerweile alles so aussieht wie MTV, ist MTV heute – nichts!“ Ihm fällt es leicht kritische Worte zu finden, nachdem er sich bereits vor Jahren vom Sender getrennt hatte. Und dann gibt es noch einen Markus Kavka, mir bestens bekannt vom damaligen Viva II. Dort passten Senderimage und mein Bild von Markus Kavka besser zusammen, doch bei seinem Wechsel zu MTV dachte ich mir auch – Was hat den Mann denn geritten? Und genau so sieht seine Reaktion aus, als er gefragt wird, was er von Sendungen wie „Dismiss“ hält… er weicht aus und gibt lieber eine politisch korrekte Antwort.
Was mir immer gut gefallen hat, war die Offenheit gegenüber verschiedenen Gesichtspunkten. Was in dem einen Monat noch unter Pro betrachtet wurde, konnte schon im nächsten Monat, vom gegensätzlichen Punkt aus argumentiert werden. So auch dieses Mal. Es ist keine zwei, drei Ausgaben her, da wurde eine Internet-Plattform vorgestellt, bei der man Kindheitsidentitäten austauschen konnte. Frei gewähltes Beispiel: wenn du zu DDR-Zeiten das „Mosaik“ gesammelt hast, dann hättest du im Westen Asterix gut gefunden. Nur auch mit internationalen Anspruch. Und diesen Monat – keine Spur mehr davon. Es geht um die Helden unserer Kindheit. Es fallen Namen wie ???, TKKG, Hui Buh usw. Nicht meine Kindheit – die kannte Mikrobi (ein ewig murrender Haushaltsroboter, vgl. Bender), Hase + Wolf (quasi Itchy + Scratchy) und auch Adolar. Ach so, Lolek + Bolek lass ich hier absichtlich außen vor, die konnte ich nicht ausstehen…
Eigentlich wollte ich ja noch ein paar Worte zur de-bug verlieren, aber das hebe ich mir für einen anderen Beitrag auf. Denn jetzt wird es langsam Zeit noch ein bißchen zu lesen…