Vor zwei Wochen, einen Tag bevor die deutsche Version erschien, brachte eine Kollegin uns die Welt von Pokémon Go nahe. Als sie uns kurz den Inhalt erzählte, kamen wir uns vor, als würde jemand in einer anderen Sprache mit uns reden. „Also um ein Pokémon zu fangen, brauchst du Pokébälle. Diese bekommst du in Pokéstops. Wenn du ein Pokémon gefangen hast, findest du es in deinem Pokédex…“
Ein paar Tage später installierte ich mir das Programm mal, schließlich musste ja was dran sein, wenn es nicht nur von der Presse gehyped wird, sondern auch noch in kurzer Zeit einen millionenfachen Download erreicht und man absurde Storys liest, dass Leute statt Pokémons Leichen gefunden haben oder liebende Pärchen aufgeschreckt haben.
Die App installiert und los ging es. Der Professor erklärt einem erstmal, wie man ein Pokémon fängt und dann darf man es selbst üben. Was danach folgt, ist ziemlich einfach, man muss es nur wissen. Ich hockte mich abends auf die Couch und hatte das Glück, dass vorm Haus jede Menge Taubsis erschienen. Nichts mit raus gehen und bewegen. Die Sammlung voller kleiner Viecher lernte ich am nächsten Tag, dass man die gefangenen Pokémons zurück zum Professor schicken kann und dafür artspezifische „Bonbons“ erhält, mit denen man sein Pokémon weiter entwickeln und stärken kann. All diese Aktionen – einfangen, trainieren, entwickeln – bringen einem selbst Erfahrungspunkte. Um von Level 1 auf Level 2 zu kommen braucht man 1.000 Erfahrungspunkte, von 2 auf 3 2.000 Punkte usw. Das Fangen eines unbekannten Pokémon bringt 500 Punkte + 100 Punkte, die man ohnehin fürs Fangen bekommt. Also geht es ziemlich schnell nach oben.
Je höher ich vom Level kam, um so schwieriger wurde es, die Pokémon einzufangen – die dann wiederum auch weiter entwickelt waren. So verbrauchte ich ziemlich schnell meine Pokébälle. Das Doofe ist nur, dass es hier draußen auf dem Dorf keinen Pokéstop gibt. Dafür erscheinen hier auch mal seltene Pokémon, wie der allseits beliebte Pikachu. Letzten Freitag kam ich heim und er wartete direkt an der Straße. Gestern Abend kommen wir vom Canalissimo heim (wo ich meinen Vorrat an Pokébällen wieder ordentlich aufgestockt habe) und wer sitzt da?
Nach dem wir gestern in der Innenstadt von Bamberg waren, wo es von Pokéstops nur so wimmelt und auch jede Menge Pokémons gefangen werden wollen, kann ich verstehen, warum die Arenen mit Viechern gespickt sind, die 1.000 und mehr Wettkampfpunkte haben (mein Bester ist ein Tauboss mit 170 WP).
Eigentlich würde ich mich darüber freuen, wenn es entweder bald die Möglichkeit gibt, selbst Orte einzureichen, wo ein Pokéstop erscheinen soll oder die Möglichkeit geschaffen wird, dass man Pokémons gegen andere Gegenstände tauschen kann. So wie ich es mitbekommen habe, sind derzeit Pokéstops an den Stellen, wo der „Vorgänger“ Ingress seine Stops hatte. Die Firma Niantic, die das Spiel entwickelt hat, hatte vorher ein Spiel namens Ingress, das genau nach dem selben Prinzip wie Pokémon Go funktionierte. Dort konnten die Spieler aber selbst Orte für die Stops und Arenen einreichen bzw. wurden Orte genommen, die von Google Maps als Sehenswürdigkeiten gekennzeichnet sind.
Fazit: Wer jetzt immer erzählt, dass jetzt die Leute rudelweise durch die Stadt ziehen und auf ihr Smartphone starren, der ist selbst vorher nie mit offenen Augen herumgelaufen – es war schon immer so. Nur mit dem Unterschied, dass jetzt auch die draußen rumlaufen, die sonst ihre Freizeit zockend vor dem Rechner verbracht haben. Ich finde die Spielidee gut, da man wirklich gezwungen ist, sich draußen zu bewegen. Das fängt beim Suchen von Pokémons an, geht über die Pokéstops und Arenen, die man nur erreichen kann, wenn man wirklich dort ist, bis hin zu den Eiern, die man einsammeln kann und für die man, je nach Ei, zwei, fünf oder zehn Kilometer laufen muss, um sie auszubrüten.