Was mache ich eigentlich sonst noch so, wenn ich nicht gerade durch die Weltgeschichte reise, Musik höre oder irgendwelche Blogbeiträge schreibe – richtig, lesen! Es hat sich mittlerweile schon wieder einiges aufgestaut, was besprochen werden will oder wovor man warnen muss.
Musikfreunde unter sich
Ich war schon sehr gespannt, was mich wohl bei dem neuen Nick Hornby erwartet. Ich hatte im Vorfeld gelesen, dass es das Buch durchaus mit „High Fidelity“ aufnehmen will. Also der Vermerk zu „Juliet, Naked“ war schon kurz nach dem Erscheinen hinterlegt, ich musste also eine kleine Ewigkeit warten, bis die Paperbackvariante erschien. Dafür hat sich das Warten gelohnt. Von einem Künstler, der seit Jahrzehnten nicht in Erscheinung getreten ist, tauchen plötzlich Demo-Aufnahmen seines letzten Albums „Juliet“ auf. Ein fanatischer Fan macht sich über das Album her, verfasst eine Rezension darüber und veröffentlicht sie auf seiner Fan-Webseite, die Treffpunkt für alle Fans ist. Seine Freundin, die wegen dem ganzen Theater die Nase voll hat, macht kurz davor Schluss mit ihm und veröffentlicht eine Gegenrezension auf seiner Seite. Natürlich bekommt der Künstler davon Wind und findet, dass sie den Nagel auf den Kopf trifft und schreibt sie an.
Ein sehr unterhaltsames Buch, dass man als Freund der Musik gelesen haben sollte. Es geht nicht nur um Musik und die ganze Philosophie dahinter, sondern auch darum, ob man was aus seinem Leben macht oder sich nur mitreißen lässt und erst später erkennt, ob man zur Gruppe der Mitläufer oder der Enthusiasten gehört. Im selben Moment schafft es Nick Hornby auch den Widerspruch zu zeigen, wie es ist, wenn man einmal der Menschheit etwas geschenkt hat und sich eine Gruppe von Menschen bildet, die alles mögliche in ein Werk hineininterpretieren, wo doch das Werk eigentlich nur ein Ausdruck eines Zeitabschnitts ist und keinesfalls einen Eindruck über den Charakter eines Menschen oder seine Beziehungen zulässt, weil doch das Leben so vielschichtiger ist, wie ein Album es glauben machen möchte.
Der deutsche Murakami
Ich bin mir noch nicht sicher, ob der Titel eine Beleidigung oder ein Lob ist, aber es gibt Parallelen zwischen den Erzählweisen. Wie auch Murakami verfolgt Dietmar Dath in „Dirac“ zwei Handlungsstränge, der sich ab einem bestimmten Punkt überschneiden. Nur muss ich vorausschicken, dass ich wirklich Probleme habe, das Konzept der Bücher von Dietmar Dath zu erfassen, weswegen ich irgendwann schon mal vorsichtig während des Lesens auf die letzten Seiten schiele, ob dort ein Nachwort auf mich wartet, dass mich über die Intention des Autors aufklärt. Wenn ich natürlich jetzt vorwegschicken würde, was sich Dietmar Dath bei „Dirac“ gedacht hat, wäre eine Rezension sinnlos.
Was mir an den Büchern (ist ja mittlerweile das 2. Buch, was ich von ihm gelesen hab) gefällt, ist die vertraute Fremdheit. Es spielt sich alles im Hier und Jetzt ab, aber trotzdem agieren die Charaktere befremdlich oder spielen in einer entfremdeten, aber realen Welt. „Dirac“ ist ein Buch über Diracs Leben bzw. handelt davon, wie es gerade geschrieben wird. Und selbst nach dem Nachwort bleibt eine Spur von Unwohlsein. Hab ich das Buch jetzt verstanden?
Tibetische Vision
Da mir während unseres Türkeiurlaubs der Lesestoff ausging, habe ich mich über „Der verlorene Horizont“ von James Hilton hergemacht. Bis zur Hälfte des Buches ist alles spannend und faszinierend, wie eine Gruppe von Menschen entführt wird, mitten im Himalaya notlandet und im Shangri La-Kloster landet. Dieser Name war mir so vertraut, dass ich bis gerade eben dachte, dass es dieses Kloster wirklich gibt und alles rings herum nur Fiktion ist. Nein, auch Shangri La ist eine Erfindung von James Hilton. Das spricht für die Güte des Buches bis zu der Stelle, wo ich stolperte und ab der ich das Buch nur noch gelangweilt zu Ende brachte.
Die Vision einer Stelle, die abgeschieden von der Welt ist und nur darauf wartet, entgegen jeglicher Dekadenz und Machtgelüsten auf eine Welt wartet, die mit Demut und Weisheit regiert werden möchte und gleichzeitig in einem begrenzten Rahmen alles Vorzüge bietet, ist schon sehr angenehm. Das dieses buddhistische Kloster von einem katholischen Mönch, der mehrere hundert Jahre alt ist, regiert wird, ruiniert das Buch vollends. Ansonsten hat mich das Buch komplett in seinen Bann gezogen, weil es trotz und wohl wegen seines Erscheinungsdatums (1933) ein utopischer Roman ist, der keine High-Tech-Waffen, Raumschiffe und außerirdische Zivilisationen benötigt.