Das Interessante ist, dass ich denke, den musikalischen Verlauf von Björk relativ gut rekonstruieren zu können. Aber das ist irgendwie alles ein großer Irrtum. Im Grunde genommen muss ich raten.
electro-space monthly ist eine Serie, bei der es um Musik geht, die mich beeinflusst hat. Dabei können Künstler, Musikstile oder Labels als Themen auftauchen. Inhaltlich geht es selten um Vollständigkeit, sondern nur um den Abriss, der mich bewegt hat.
Außerdem gibt es die Serie auch als Podcast zum Anhören. Dort gibt es neben dem hier stehenden Text noch die Musik, über die geredet wird. Und vielleicht erzähle ich auch noch etwas mehr, wenn mir spontan etwas einfällt.
Meine erste musikalische Begegnung mit Björk war auf dem Album ex:el von 808 State. Da bin ich in den Credits zu den Titeln über „Björk from the Sugarcubes“ gestolpert. Der Name klang so ausgeflippt, dass für mich eine Mischung von Eigennamen und Präpositionen entstand. Also war es nicht Björk, sondern Björk von den Zuckerwürfeln.
Als ich ihre Stimme das nächste Mal hörte, war es im Video zu Army of me. Und in dem Moment war mir klar, dass sie nur Björk heißt und für eine Band namens „Sugarcubes“ gesungen hat. Und ich nahm mir vor, mal in ein Album reinzuhören. Irgendwie hat es aber noch eine ganze Weile gedauert, bis es soweit war. So ziemlich genau bis zur Homogenic. Und da kam noch dazu, dass für diesen irren Sound LFO-Mastermind Mark Bell mit verantwortlich war.
Und dann gab es da noch das Video zu All Is Full Of Love. Der Song im Video ist ungefähr 100 mal besser als der auf dem Album. Und ich glaube, ich kenne keinen, der die Musik von Björk mag, der anderer Meinung ist. Deswegen hat das Album bei mir auch nur ein Rating von 9 von 10. Dieser eine Punkt geht an das Fehlen der besseren Version. Aber zurück zum Video – das hatte Chris Cunningham zu verantworten, der zeitgleich ziemlich viel Furore mit dem Video zu Aphex Twins Come To Daddy machte.
Meiner Meinung nach gab es zu der Zeit eine große Schnittmenge an Fans von Aphex Twin und Björk. Demzufolge war eine Kollaboration zwischen beiden ein viel gehegter Wunsch. Leider kann ich Richard James‘ Argumentation, dass Björk keinen eigenen Musikstil pflegt, sondern einfach nur dem neuen geilen Zeug hinterher rennt, irgendwie nachvollziehen.
Denn das nächsten Album Vespertine entstand zusammen mit Matmos, die einen ganz anderen Sound bevorzugten. Und zwischendurch kam dann auch noch mit Selmasongs ein Soundtrack. Musikalisch unterschiedlicher hätten beide Alben nicht sein können. Deswegen legte ich ihre Musik erst mal ad acta.
Trotzdem fiel mir das Album Volta dann wieder auf. Vielleicht weil es durch den Sticker so quietschbunt war. Auch klanglich kam wieder mehr Farbe rein. Trotzdem blieb die Idee der Kollaboration weiter bestehen. So holte sie sich mit Antony Hegarty – jetzt Anohni – eine unverkennbare Stimme mit aufs Album.
Später sollten dann noch die beiden ersten Alben Debut und Post folgen. Auf letzterem sollte ich die heimliche Schönheit von Hyper-Ballad entdecken. Das ist ein Beziehungssong, den man am Morgen hören sollte, wenn der andere noch schläft. Ich fand den Titel schön genug, um für einen Schnäppchenpreis von $1 die zwei 10″ Maxis zu Hyper-Ballad zu ersteigern. Unter anderem mit den Remixen von Mark Bell.
In einem Interview sagte Björk einmal, dass sie Musik machen möchte, die allen Leuten gefällt. Sie träumte von einem Universalsong (Hyper-Ballad?), der das Potenzial hat, alle Menschen zu erreichen und allen zu gefallen. Doch gefühlt ging es für mich in eine komplett andere Richtung. Sie begann sich zu sehr zu verkünsteln und verlor sich in Soundexperimenten.