Im Podcast zu IDM letztes Jahr hatte ich schon einige Künstler aufgeführt, die bei meiner Reise durch die mehr experimentellen Bereiche der elektronischen Musik außen vor geblieben sind. Astrobotnia ist einer von ihnen, steht aber nur stellvertretend für eine ganze Reihe von Alben, die ich heute vorstellen möchte.
Jeden Beitrag gibt es auch als Podcast, der etwas umfangreicher als der Eintrag auf dem Blog ist. Untermalt wird das natürlich von der Musik, über die ich hier erzähle.
Natürlich sind nicht alle Alben aus diesem Jahr, aber bewegen sich mehr oder weniger dicht um 2002 herum. Beginnen möchte ich mit Astrobotnia. Hinter Astrobotnia steht niemand geringerer als Aleksi Perälä. Vielen ist er unter seinem wahren Namen bekannt, nicht zuletzt weil er unter diesem Namen die Colundi Sequence veröffentlicht hat.
Anfangs war es ein Rätsel, wer sich hinter dem Projekt verbirgt. Aber ziemlich schnell folgte die Auflösung, dass es der gleiche Herr wie bei Ovuca ist und Astrobotnia eine Referenz auf eine Region in Finnland ist, die auf englisch Ostrobothnia heißt.
Für den nächsten Künstler müssen wir ein paar Jahre zurück gehen. Seine ersten Erwähnungen in meiner Plattenkiste findet er als Remixer von Aphex Twins Ventolin. Die Rede ist von Cylob. Gegen Ende der 1990er hatte er dann auch eine Homepage, die relativ simpel verkündete: My name is Cylob, I make electronic music. Mehr muss man initial auch nicht wissen.
Auf seiner Homepage konnte man diverse Titel herunterladen, die es nicht oder nur sehr limitiert zur Veröffentlichung geschafft haben. Ich hatte auch das Problem, dass ich ab der Mood bells keinen Zugang mehr zu seiner Musik fand. Am besten gefällt mir aber immer noch der Autechre Remix von Sanq, der mit Previously unavailable on compact disc auf Rephlex erschienen ist.
Womit wir schon zum nächsten Thema wären: Rephlex. Rephlex wurde von Richard D. James (aka Aphex Twin) und Grant Wilson 1991 gegründet. So gut wie alle Werke, die von Aphex Twin nicht auf Warp veröffentlicht wurden, erschienen auf Rephlex. Seien es die Caustic Window und nicht zu vergessen die AFX, da der Name Aphex Twin an Warp gekoppelt war.
Natürlich war es nicht nur ein Label, wo Richard D. James veröffentlichte, sondern auch der bereits in IDM Teil 1 erwähnte Mike Paradines aka µ-ziq, Squarepusher und vorhin erwähnter Cylob. Ansonsten konnte ich mit den Rephlex Releases nicht viel anfangen.
Und wenn ich schon mal den Namen Squarepusher angesprochen habe, sollte ich auch etwas Tom Jenkinson sagen. Sein erstes Album, erschienen auf Rephlex, war sehr wild. Er packte Drum’n’Bass, Jazz und experimentelle Klänge zusammen und fertig war die Feed Me Weird Things. Danach wechselte er zu Warp Records und veröffentlicht seit dem dort seine Alben.
Aber spätestens nach der Go Plastic, die 2001 erschien, war mir das Konzept zu durchgängig. Was anfänglich noch nicht zu erkennen war, ist dass Tom Jenkinson ein hervorragender Bassist ist. Ich kann mich erinnern, dass ich einen Ausschnitt eines Live-Konzerts nach Erscheinen der Ufabulum gesehen hab, wo er der hohen Geschwindigkeit seiner Tracks in nichts mit dem Spielen der Bass-Gitarre nachstand.
Nach Squarepusher kommen wir zu einem Labelkollegen von Tom, der 2001 sein Debüt auf Warp hatte. Die Platte hieß Clarence Park und gefiel mir sofort. Außer, dass die Spieldauer für ein Album extrem kurz war. Zwar waren 14 Titel enthalten, deren Längen aber zwischen 30 Sekunden und 4 Minuten schwankten. Aber die Ideen war sensationell.
Chris Clark, später nur Clark, schob zwei Jahre nach Clarence Park das nächste Album Empty The Bones Of You nach. Ein für mein Dafürhalten dunkles Album. So ein bisschen wie bei der A Shocking Hobby von Speedy J. Trotzdem oder genau deswegen fand ich es gut. Um so mehr war ich von der Body Riddle enttäuscht. Was war das denn? Schunkel-IDM? Im Nachhinein war es sein Übergang, denn mit Turning Dragons ging es dann mehr in Richtung Techno.
Aber Techno war weniger die Musik, die ich zu der Zeit hören wollte. Ich wollte mehr von dem düsteren, brachialen Zeug. Ich wollte mehr IDM, aber mehr mit dem Gefühl, dass parallel jemand seine Synthies mit der Flex zerlegt. Also landete ich über kurz oder lang bei Hymen Records. Und beim Durchstöbern blieb ich bei Gridlocks Formless hängen.
Das Album war wie ein langer, kalter Winter mit warmen Abenden im Wohnzimmer am Kamin. Irgendwo zwischen bitterkalt und mollig warm. Als ich auf der Suche nach etwas ähnlichem war, kam ich mit einem der Leute des Labels in Kontakt und wir tauschten uns aus. Er bestätigte mir, dass dieses Album doch ziemlich einzigartig ist und in der Güte vermutlich auch ziemlich allein bleiben wird.
Wenn ich aber schon mal bei Hymen Records bin, sollte ich unbedingt noch ein Wort zu Beefcake verlieren. Hinter Beefcake stehen Volker Kahl und Gabor Schablitzki, der auch als Robag Wruhme oder Wighnomy Brothers bekannt ist. Aber wie bekomme ich den Bogen jetzt wieder zu IDM?
Eigentlich hatte ich diese Referenz überhaupt nicht geplant, mit aufzunehmen. Aber ich hatte nie die Nähe des Sounds von Gabor Schablitzki zu Aphex Twin gesehen. Bis ich letztens Play/Save von Robaphex gehört habe. Und unter diesem Gesichtspunkt hörte ich nochmal den Titel Hugendubel an. Moment, klang da nicht ein bisschen Windowlicker durch?
Um so langsam zum Abschluss zu kommen, bleibe ich gleich in der Rubrik „Hat IDM gemacht, klingt jetzt aber ganz anders“. Marco Passarani, der unter diesem Namen bzw. auch als Teil von Tiger & Woods doch eher House abliefert, hat 1999 auch auf Hymen veröffentlicht.
Das Album hieß Unspeakable future outbreaks. Der Albumtitel versprach nichts Gutes und so klang das Album auch. Es war düster und die verschlurften Hip-Hop-Beats machten es auch nicht besser. Wie schon angedeutet, blieb es aber bei diesem Ausflug. Interessant ist noch der Hintergrund des Albums. Aufgenommen wurde es 1996 für eine UFO-Ausstellung. Und wenn ich mir das Album als Hintergrundmusik bei einer Ausstellung vorstelle, gefriert mich jetzt schon das Blut in den Adern.