Die längste Etappe unserer Reise steht bevor: Die Fahrt von Bukhara nach Khiva. Dafür wird ein ganzer Tag drauf gehen. Anschließend bleibt ein Tag für die Besichtigung von Khiva, bis es wieder zurück nach Taschkent geht.
Nach einem herrlichen Frühstück in Bukhara steht unser Fahrer Sahid pünktlich auf der Matte und lädt unser Gepäck ein. Von den Damen der Reiseagentur haben wir erfahren, dass die Strecke nach Khiva die am besten ausgebaute Strecke des Landes ist. Wir fragen Sahid, wie lange die Fahrt dauern wird. Seine Antwort: sechs oder sieben Stunden für knapp 480 Kilometer. Wir verlassen Bukhara und poltern von einem Schlagloch ins nächste. Dazu kommen noch Trucks, die überholt werden müssen. Mit durchschnittlich 60km/h rauschen wir dahin. Nach einer halben Stunde beginnen wir die Aussage in Frage zu stellen. Nach einer Stunde sind wir schon fast sicher, dass sich das Geholper bis Khiva hinziehen wird.
Auf einmal kommt ein Baustellenzeichen und vor uns eröffnet sich eine zweispurige Autobahn mit Leitplanke in der Mitte. Der Verkehr löst sich komplett in Luft auf und wir düsen mit ca. 100km/h durch die Wüste. In der Ferne erkennt man immer wieder mal Anlagen wo Erdöl bzw. -gas gefördert wird. Kurz vor 12 Uhr fragt Sahid nach eine Pause, die wir gerne annehmen. Es ist ein Restaurant wo auch jede Menge Touristenbusse stehen. Also vertrauen wir auf die Frische und Verträglichkeit der Speisen. Nur leider versteht das Personal kaum Englisch und mit Mühe und Not bekommen wir einen Fleischspieß, Pommes frites und einen Salat zusammen. Später schauen wir neidisch auf die Suppe der Tischnachbarn.
Der fettige Fleischspieß sorgt dafür, dass meine Finger den Rest des Tages nach Hammel riechen und ich bis zum Abendessen an nichts Fettiges mehr denken mag. Die Fahrt geht weiter und ungefähr 80 Kilometer vor Khiva hört die Autobahn auf und das Gepolter geht weiter.
Von der Französin vom Vortag wissen wir, dass es in Khiva staubig ist, weil die Gebäude noch in traditioneller Lehmbauweise gebaut wurden. Der Grundriss der Stadt ist grob gesehen rechteckig und wenn man gemütlich läuft braucht man für die Durchquerung der Längsseite ungefähr 15 Minuten. Als wir am Nachmittag ankommen, bringt uns Sahid zu unserem Hotel. Wir sind ganz allein hier und bekommen das größte Zimmer. Es hat ein bisschen Hostelcharakter, aber das passt zum Flair der Stadt.
Nachdem wir unsere Sachen abgeladen haben, erkunde ich erstmal die Stadt von der Dachterrasse aus. Danach laufen wir los. Wir werden sofort am großen Platz vor der Ark Khuna von einer Militär-Blaskapelle angezogen. Diese spielt erstmal einen Marsch. Während dessen baut der Schlagzeuger sein Schlagzeug auf. Als der fertig ist, geht es richtig los und wir müssen lachen. Offensichtlich wäre der Schlagzeuger besser in einer Sambatruppe besser aufgehoben. Wir können uns nur schwerlich losreißen.
Die Stadt ist schnell erkundet, was uns fehlt, sind die Museen, die wir aber am nächsten Tag sehen. Wir essen in einem Restaurant, was zu einem Hotel gehört Abendessen. Kriszta beneidet mich um meine köstlichen Teigtaschen. Am Nachmittag ist der Himmel noch mit Schleierwolken bedeckt. Später verschwinden sie und es bleiben einzelne Wolken übrig, die einen fantastischen Kontrast zu dem dunkler werdenden Himmel bilden.
Die Besichtigung der Museen und Medressen dauert am nächsten Tag bis Mittag, denn der Stadtkern ist wirklich sehr übersichtlich. Lohnenswert ist auf jeden Fall der Ausblick vom Aussichtsturm der Ark Khuna, den wir mittags noch einmal wiederholen, da es vormittags sehr wolkig ist. Gleich am Morgen sagen wir unserm Guide, dass wir Mittag unbedingt Plov essen müssen, da es bisher nicht möglich war. Während der Besichtigung gehen wir in ein Restaurant und sie klärt ab, dass es bis 13 Uhr zubereitet wird. Wie wir bis dato mitbekommen haben, ist Plov ein Reisgericht mit Karottenstiften, Fleisch und Rosinen. Wir bekommen die lokale Variante, wie sie in Khiva gegessen wird – ohne Rosinen. Also Reis, Karotten und Fleischstückchen. Wenigstens ist es gut gewürzt.
Im Laufe des Vormittags besuchen wir auch die Juma Moschee. Unser Guide erklärt uns, dass diese Moschee eine der letzten fünf oder sechs Moscheen ist, die dem ursprünglichen Design einer Moschee entsprechen. Denn zu Lebzeiten Mohammeds kamen die Pilger immer zu seinem Haus, um ihm zu huldigen. Der Hof stand voller Palmen, die Schatten spendeten. Nicht nur heute, sondern auch zu damaliger Zeit hatte der Islam nicht nur Anhänger, sondern auch Feinde, welche die Gläubigen mit Steinen bewarfen. Um die Pilger zu schützen, wurde eine Mauer um den Hof gebaut. Doch die Feinde waren nicht dumm, sondern warfen ihre Steine fortan über die Mauer. Also wurde ein Dach gebaut, mit den Palmen als Stützpfeiler. Zusätzlich wurde ein Aussichtsturm errichtet, der vor den Feinden warnen sollte. Und da es keine Uhren gab, wurde der Turm gleichzeitig genutzt, die Gläubigen zum Gebet zu rufen. Das Minarett war geboren.
Den Rest des Nachmittags hatten wir zur eigenen Verfügung. Bis 15 Uhr konnten wir uns noch selbst beschäftigen, danach setzten wir uns ein ein Café und tranken Tee. Schließlich hatten wir noch bis 18 Uhr Zeit, denn dann wollte uns Sahid zum Flughafen bringen. Wir verbrachten den Rest des Nachmittags im Hotel uns surften im Internet. Wir waren etwas überrascht, dass unsere Fahrt so spät angesetzt war, denn schließlich ging unser Flug um 20.40 Uhr. Die Fahrt bis zum Flughafen dauert ja auch ca. 45 Minuten. Aber pünktlich kam Sahid, brachte uns zum Flughafen von Urgench. Der ist ziemlich übersichtlich und so hatten wir noch viel Zeit zum Lesen und Warten.
Der einstündige Flug nach Taschkent verlief so problemlos, dass wir eine Viertelstunde bevor wir hätten landen sollen bereits den Flughafen verließen. Natürlich stürzten sich die Taxifahrer wieder auf uns. Aber unser Fahrer war nicht da. Dabei hatten wir doch extra die Reiseagentur informiert, dass wir den „zeitigen“ Direktflug nehmen. Als 10 Minuten nach der vereinbarten Zeit immer noch kein Fahrer in Sicht war, nahmen wir ein Taxi. Ein bisschen Suspekt war es uns schon, dass der Fahrer sich so schnell auf unseren Preis von 5 Euro eingelassen hat, denn es ist selbst ohne Verkehr eine Fahrt von 20 Minuten bis zum Hotel. Aber er lieferte uns problemlos ab und bot uns sogar noch an, dass er uns morgens wieder abholt.
Die Dame an der Rezeption verscheuchte ihn aber und rief bei der Reiseagentur an. Wir spekulierten – hatte der Fahrer am internationalen Terminal gewartet oder dachte er, wir kommen mit dem späten Flieger. Kriszta führte eine kleine Diskussion am Telefon, denn wir hätten doch einfach nur warten sollen, der Fahrer wäre jetzt da. Natürlich warten wir gerne abends allein eine halbe Stunde am Flughafen mit der Ungewissheit, ob jemand kommt. Dafür war geklärt, dass wir am nächsten Morgen um 3 Uhr abgeholt werden.
Kurz nach halb 3 Uhr klingelte der Wecker. Wir schnappten unsere Sachen, fuhren zum Flughafen, checkten ein und flogen heim. Uzbekistan Airways hatte saisonbedingt auf eine kleinere Maschine umgestellt und dementsprechend waren fast alle Plätze voll. Wir saßen zusammen mit einer Reisegruppe von Marco Polo Reisen, die an allem im Flugzeug etwas auszusetzen hatten. Angefangen davon dass der dritte Platz neben ihnen nicht frei war, sondern mit einem Usbeken besetzt wurde, bis dahin, dass sich der Usbeke die Freiheit genommen hatte, einfach schon mal bis zum Fenster durchzurutschen, um nicht nochmal aufstehen zu müssen.
Immer wieder hatten wir während der Reise diskutiert, welche Stadt am schönsten ist und ob die Reihenfolge, so wie wir sie gesehen haben, richtig war. Einig waren wir uns, dass Taschkent perfekt ist, um einen Einstieg zu gewinnen. Hier lernt man, was es in Usbekistan zu sehen gibt, etwas Geschichte und die Grundlagen der Gebäude. Aber danach wird es schwierig.
Samarkand ist eine Großstadt mit vielen Sehenswürdigkeiten. Hier sind definitiv die Highlights, die man gesehen haben muss. In Bukhara hat mir die Abendstimmung gefallen. Dadurch dass es in der Innenstadt keinen Verkehr gibt, entsteht eine familiäre Atmosphäre in der Stadt, wo man sich sofort wohl fühlt. Und Khiva ist Tradition in Reinkultur. Man fühlt sich hier, als wäre man 200 Jahre in die Vergangenheit versetzt. Wäre unsere Reise hier gestartet, wäre es ein kleiner Kulturschock gewesen. Schnell wäre man versucht gewesen, das historische Aussehen der Häuser mit Armut zu verwechseln. Und Sharisabsz? Ich weiß immer noch nicht, was ist davon halten soll. Es war schön, aber trotzdem die Anlage zu künstlich. Aber vielleicht war es nur die Wahrnehmung – denn in 40 Minuten bei 40°C machten keinen Spaziergang daraus.