Wenn ich im Dezember wegfahre und erst Mitte Januar zurückkomme, verzögert sich die Plattenkiste Dezember 2024 natürlich. Außerdem locken viele Händler am Jahresende mit Rabatten oder Restverkäufen.

Nils Frahm – Paris
Irgendwann im Herbst war ich bei einem Konzert von Nils Frahm. Ich bewunderte, wie er von einem Instrument zum anderen wechselte und einen Soundteppich webte, der gefühlt ohne Drums auskam und trotzdem unglaublich intensiv wirkte. Viel von dem Material war mir nicht bekannt und trotzdem gefiel es mir. Mal war es ruhig, gelegentlich auch das Klavier, dann wieder packend.
Auch spielte er gut mit der Lautstärke. Mal war die Musik so leise, dass man sich noch bequem in Zimmerlautstärke unterhalten konnte, mal so laut, wie man es bei einem Live-Konzert erwartet. Und nun erschien die Paris. Im Grunde genommen ist es genau das Konzert, wie ich es erlebt habe, vielleicht mit einer Titelreihenfolge, die geringfügig anders war.
Was mich schon beim Konzert begeisterte war die Länge der Titel. Nils schien irgendwo anzufangen und dann arbeitete sich der Song vorwärts. Anfangs dachte ich, dass es eine Non-Stop-Session wird, aber nach ungefähr 15-20 Minuten war dann doch das Stück zu Ende und der Applaus brauste auf. Und genau solche Stücke sind auch auf diesem Album. Mal in 3-4 Minuten zusammengefasst, aber auch bis zu 18 Minuten lang. So kommen insgesamt 10 Stücke auf eine Gesamtspielzeit von 1,5 Stunden. Und ich liebe es!

As One – Requiem
Kirk Degiorgio aka As One bringt kurz vor Jahresende ein neues Album heraus. Nachdem 2024 schon eine Neuauflage eines 30 Jahre alten Albums herauskam, gibt es auch neues Material in Form der Requiem. Aber Requiem hört sich so abschließend an, als wäre dies das letzte Werk. Oder es deutet darauf hin, dass es sich um einen Nachruf für jemand anderes handelt.
Schon vom ersten Titel an ist klar, dass es hier nichts zu betrauen gibt. Die Klänge sind entspannt und deep. Auch wenn ich jetzt gefühlt keinen Titel herausragend finde, ist das Album wieder ganz groß. Deswegen hatte ich kurz in Betracht gezogen, dass es mein Album des Jahres werden könnte, aber diese Ehre sollte eher jüngeren Künstlern zuteil werden.

Battle Of The Future Buddhas
Cause, Principle And One Eternal
Ein Goa-Trance-Album kaufen, kurz bevor man an die Küste des etwas südlich gelegenen Bundesstaates Kerala fliegt, ist doch eine gute Idee. Wenn die Klimaerwärmung nicht schon dafür sorgen würde, dass im Winter dort 35°C sind, bei denen man schon beim Hören von Cause, Principle And One Eternal ins Schwitzen kommt.
Selbst mit Rabatt kam mich das Album inklusive Mehrwertsteuer mit über 12 Euro für den Digitalrelease doch ziemlich teuer zu stehen. Aber dabei sollte man im Blick haben, dass das Album von Battle Of The Future Buddhas eine Gesamtlänge von über 2,5 Stunden hat. Das sind 18 Titel feinster Goa / Psychedelic Trance. Dazu gibt es auch noch hochauflösend ein liebevoll gestaltetes Artwork, dass auf den ersten Blick vielleicht etwas kitschig wirkt, aber kulturell sich perfekt ins Bild fügt.

Brendon Moeller – Signal
Kommen wir zu Brendon Moeller und seinen zwei Alben, die jetzt erschienen sind. Ich fange mal mit der Signal an, denn die passt besser zu dem, was ich bisher von Brendon kenne. Erschienen ist das Album auf Constellation Tatsu. Kurz zusammengefasst ist das Album eine Mischung aus Ambient und Dub-Techno. Wobei man bei Dub-Techno wirklich den unteren Rand betrachten sollte, der an der Grenze zum Ambient ist.
Also eine Mischung aus langen Pads, sanften, monotonen Tonfolgen, die leicht modulieren und Chords, die ihre Echos durch den Track strahlen. Ist es ein Album, was ich zum Meditieren empfehlen würde. Nein, definitiv nicht. Zu viele Klicks und ein bisschen Zirpen wirken da eher störend. Aber um langsam und ruhig in den Tag zu starten, ist es das perfekte Album. Oder für eine lange Nacht…

Brendon Moeller – Further
Die Grundlagen sind gelegt und deshalb kann ich zum zweiten Album von Brendon Moeller übergehen. Erschienen ist die Further auf Samurai Music, was mich erst mal neugierig gemacht hat. Der Sound von Brendon Moeller auf einem Drum & Bass Label?
Bei den ersten Tracks hört man es noch nicht raus, aber später kommt es dann langsam hervor. Ja, das ist schon irgendwie Drum & Bass. Aber sehr minimalistisch, ohne großes Tamtam. Nicht für den Dancefloor, sondern für die Couch mit Kopfhörern auf. Dadurch dass sich der Hintergrund trotzdem unglaublich langsam zu bewegen scheint, ist es ohnehin sehr entspannend. Ab und zu verteilt auch ein Dub-Chord seine Echos.
Insgesamt ein echt gelungenes Album. Hier treffen Elemente des Ambient, des Dub und des Drum & Bass auf einander und überlagern sich.

Shinichi Atobe – Discipline
Der japanische Wunderknabe, der um die Jahrtausendwende ein paar Platten herausbrachte und dann 20 Jahre in der Versenkung verschwand. Jetzt ist mit Discipline sein neues Album erschienen. Acht Tracks, fein säuberlich durchnummeriert mit SA DUB 1 bis SA DUB 8.
Das legt erst mal nahe, dass Shinichi Atobe es wieder auf Dub-Techno ausgelegt hat. Aber das deckt sich nicht mit dem, was ich höre. Gerade die ersten beiden Stücke sind zwar deep, aber von Dub-Techno würde ich hier nicht reden. Das ist eher housig. Auf die technoide Schiene wechselt das Album erst ab Track 3. Und selbst dann geht ein bisschen der Dub verloren, obwohl es jede Menge Echos gibt.
Und so springt das Album lustig zwischen deepem House, Techno hin und her, zwischendurch schon fast hart wirkend, dann mal wieder mit viel Echos.

µ-ziq – Extra Grush
Es war Weihnachtszeit und es war Bandcamp Friday. Also veröffentlichte Mike Paradinas aka µ-ziq spontan eine Ergänzung zu seinem Album Grush. Im Untertitel hieß es, dass es sich um Titel handelt, die es nicht auf das Album geschafft haben und er das Album auch nur für kurze Zeit online stellt. Also ein digitales Gegenstück zu einer limitierten Ausgabe.
Er bleibt stringent und so wie das Album klingt, so ist auch Extra Grush. Er spielt mit einer Mischung aus IDM, Breakbeats und Drum & Bass und klingt dabei wie nur ein Mike Paradinas klingen kann. Extra Grush sollte nach meinem Verständnis nicht als Ergänzung gesehen werden, sondern wie eine komplette zweite CD. Denn mit den neun Titeln hätte er auch eigentlich nur einen neuen Namen geben können und schon wäre es ein neues Album gewesen.