Eigentlich wollte ich doch keine Plattenkiste November 2024 haben und nun ist sie doch da. Warum und wieso das so ist und was es für neue Musik gibt, erfahrt ihr gleich!
In meiner letzten Ausgabe habe ich darüber nachgedacht, dass es vielleicht sinnvoll wäre, doch mehr über Instagram zu gehen und dort auch Musik zu präsentieren, die nicht immer topaktuell ist. Das habe ich jetzt einen Monat ausprobiert und das Ergebnis war ernüchternd. Ich schaffte neben den ganzen Releases, die ich auch bei Im Orbit präsentiere, gerade mal noch die aktuellen Platten zu posten. Für Klassiker keine Zeit.
Das kann natürlich im Laufe der Quartale schwanken, aber trotzdem denke ich, dass das nichts wird. Und jetzt mehrere Platten pro Tag zu präsentieren wird einfach zu zeitaufwändig. Und deswegen doch wieder die gute alte Plattenkiste.
.Vril – Saturn Is A Supercomputer
Ein bisschen wie 2001 – A Space Odyssey. Ein schwarzer Block in einer trostlosen Ebene, darüber zeigt sich der Saturn von seiner Schokoladenseite. Oben und unten verkündet uns das Cover in 80er Jahre Computergame-Schrift, dass wir das neue Album von Vril in der Hand halten. Saturn Is A Supercomputer heißt das Werk.
Als das Werk angekündigt wurde, war ich im Urlaub und habe es nur am Rand mitbekommen. Pech gehabt, die limitierte Ausgabe mit passendem orangen Vinyl war weg. Auch auf Nachfrage beim Label gab es keine Restposten. Also griff ich auf die Digitalversion zurück. Ein bisschen erinnert der Sound auch an 80er Jahre, gerade beim Titeltrack.
Mich hat das Album ziemlich überrascht, zumal Vril erst im letzten Jahr die Animist herausgebracht hat. Deswegen sind die beiden Alben doch ziemlich nah beieinander. Großartig ist auf jeden Fall der Opener The Secret Teaching Of All Times. Und der Titel hält, was er verspricht. Insgesamt bekommt man Vril-Sound verpackt mit etwas Science Fiction, als wäre das Album ein Soundtrack zu einem Film. Aber mit einem gewissen Hauch von Retro, so als würde man einen Sci-Fi-Film der 80er oder 90er sehen. Wo die Effekte noch nicht so gut waren, dass man Realität und Fiktion nicht mehr trennen kann.
Vielleicht ist es genau das, was Vril transportieren will. Saturn Is A Supercomputer – das klingt futuristisch, aber eben nicht real. Und durch Sound und Bild klar differenziert von dem was Realität ist.
JLM Productions – Variations On Being
Eigentlich hat mich das Cover angesprochen, weil es mich an die Apophysis-Grafiken vor langer Zeit erinnerte. Also hörte ich rein und war innerhalb weniger Sekunden so begeistert, dass ich den Rest gar nicht erst anhören musste. Sicherheitshalber schaute ich noch mal nach, ob JLM Productions nicht ein Pseudonym für J Majik ist.
Variations On Being ist einfach ein großartiges Album, wenn man den Liquid Drum & Bass der Jahrtausendwende liebt. LTJ Bukem, Seba, Artemis und Freunde lassen grüßen. Deshalb möchte ich das auch gar nicht weiter vertiefen, sondern die Musik für sich sprechen lassen. Wenn ich ein Album des Jahres wählen würde und Retro wäre ein entscheidendes Kriterium, hätte das Album um Längen die Nase vorn!
Chizawa Q – Xenoverse
Ich scheue ein bisschen R&S Records. Genau aus dem gleichen Grund, warum ich auch alle anderen alten Labels meide. Es gibt den gleichen Sound wie auch auf anderen Labels, nur mit einem renommierten Namen. Trotzdem hat mich das Cover von Xenoverse fasziniert. Ein Hauch von Alien blitzt durch. Also hörte ich rein und es war schnell klar, dass ich dabei bin. Detroit-Techno, Electro, alles meins.
Und dabei ist Xenoverse doch gar nicht so Xeno, wie es von sich behauptet. Xeno kommt aus dem Griechischen und steht für fremd. Also ist Xenoverse nichts weiter als ein fremdartiges Universum. Wie in einer parallelen Welt. Drexciya haben ja auch schon ihre eigene Geschichte erfunden und Chizawa Q schafft nun sein eigenes Xenoverse.
Soweit bin ich bis 70% der Platte dabei. Ab Freaky Flowerz passiert etwas Spektakuläres. Chizawa Q wechselt ohne mit der Wimper zu zucken zum Drum & Bass. Und das treibt er soweit, dass als letzter Track sein Landsmann Makoto einen Remix abliefert und damit das Album abrundet.
Elements : Janeret
Berg Audio laden zu einer neuen Folge ihrer Elements-Serie ein. Diesmal haben sie Janeret eingeladen. Janeret kenne ich schon durch deine zwei EPs, die letztes Jahr auf Shall Not Fade erschienen sind. Schöner deeper, melodiöser House-Sound. Jetzt darf Janeret etwas technoider werden. Und das bereitet ihm keine Probleme. Janeret bleibt sich treu, schafft es aber mit Echos und Pads den Sound näher an Berg Audio heranzubringen.
Seba – Oni
Vorhin erwähnt, hier ist er – Seba. Sein neues Album heißt Oni und erschien auf Spearhead Records. Erwartungsgemäß sollte hier Liquid Drum & Bass zu hören sein, aber die grimmige Maske in der abgegriffenen Plattenhülle deutet auf etwas anderes hin. Zu Beginn wird zumindest meine Erwartungshaltung erfüllt. Seba fängt entspannt an und steigert sich dann. Titel #3 Smoke zeigt schon, dass wir nicht zum Spaß hier sind. Aber er benutzt dabei nicht Elemente des aktuellen Drum & Bass, sondern lässt den Sound in der Vergangenheit verweilen. Vielleicht in Referenz auf die Abnutzungsspuren des Covers.
Neues Album, alter Sound. Aber wie ich oben bei JLM Productions schrieb, kann das seinen Charme haben. Da Seba diese Zeit mitgeprägt hat, fällt ihm das leicht, was man auch hört. Zwischendurch werde ich aber rausgerissen. Habe ich irgendwie auf Shuffle gedrückt und bin in einer anderen EP gelandet? Three ist definitiv ein Ausreißer, aber sehr gelungen! Und ich frage mich, was mir besser gefällt. Ist es so wie bei Seba, wo sich ein anderer Sound zwischendrin versteckt oder doch lieber sortiert wie Chizawa Q?
Canavezzi – Meraki
Ich gebe es ja zu – nicht jeder Release von Satya gefällt mir. Aber die überwiegende Masse schon. Und genau aus dem Grund ist der Release von Canavezzi in meiner Plattenkiste gewandert. Meraki ist der erste Titel und gleichzeitig Name des Gesamtwerks. Ich habe jetzt eine Weile darüber nachdenken müssen, wie ich die Musik beschreiben würde. Traumtänzer wäre wohl der richtige Begriff. Sie ist verträumt, entspannt, fährt aber auch ein schönes Tempo. Möchte ich bei der Musik, wenn sie laut läuft, einfach sitzen bleiben oder aufstehen und tanzen? Und dabei für 2-3 Stunden einfach mal dem Kopf komplett abschalten und sich von der Musik treiben lassen. Komplett durchdrungen von den sphärischen Sounds, den Klängen, welche die Tonleiter hinauf- und herunterklettern.
High Contrast – Restoration
Schon wieder Drum & Bass, wieder ein alter Bekannter. High Contrast geht in die gleiche Richtung wie Seba. Das letzte Album was mir von High Contrast gefallen hat, war The Agony & The Ecstasy von 2012. Und irgendwie scheint High Contrast wieder in die Richtung zu wollen. Ich würde behaupten, dass er das Album nicht ohne Grund Restoration genannt hat.
Aber vielleicht hat er eine andere Intention als Seba gehabt. Denn Remember Me nimmt die Vocals eines Songs, der 1996 oder 1997 von Blue Boy veröffentlicht wurde und macht daraus eine Drum & Bass Nummer. Das Rezept ist ähnlich wie bei seinem Remix zu Adeles Hello, er baut den typischen High Contrast Sound um etwas, was schon extrem gut funktioniert hat, herum.
Und High Contrast kennt keine schlechte Laune. Uplifting ohne Ende. Das Album ist also definitiv etwas für Leute, die denken, dass er mal wieder so klingen müsste, wie von 10-15 Jahren, aber nicht das alte Album zum 20. Mal hören wollen. Heißt – Klassiker, ohne neues Gewand.
nthng – Two People
nthng hat vor vielen Jahren begonnen. Gefühlt klangen seine Alben früher anders. Aber höre ich heute noch mal rein, hat sich nicht viel geändert. Also ist die neue EP Two People eigentlich keine Überraschung. Es beginnt mit Ambient, dann kommt der tief stampfende Echo Trak und auf der B-Seite noch zwei ultrarelaxte Teilchen. Und genau die erscheinen irgendwie so komplett losgelöst von allem. Tanzen ist irgendwie nicht, träumen auch nicht so wirklich. Also vielleicht nur die Augen schließen und mit dem Kopf nicken.