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Im Orbit September 2024

Jan 0
geschätzte Lesedauer: 9 Minuten

Das Sommerloch ist überstanden und Im Orbit September 2024 bietet einen guten Überblick, wie die Nachsaison startet, wenn die Musik von draußen wieder nach drinnen verlegt wird.

Zuvor noch ein Wort in eigener Sache. Ende letzten Jahres deutete ich schon an, dass ich darüber nachdenke, Im Orbit einen neuen Namen zu geben. Natürlich passt Im Orbit schön in das electro-space Universum, aber da fehlt eindeutig ein Musikbezug. Deswegen habe ich mich mit ChatGPT unterhalten. Das hat nicht wirklich geholfen, aber mich zumindest auf eine Idee gebracht: Sonic Future. Und damit geht es im Januar los bzw. weiter.

Charlie - Spacewoman EP

Charlie – Spacewoman EP

Ich muss zugeben, dass ich mich manchmal mit den neuen Releases schwer tue, die in den Synth-Bereich gehen. So gesehen war ich nie ein Freund der 1980er und das Revival dieser Musik geht mir ein bisschen ab. Aber Charlie hatte da einen besseren Ansatz. Die polnische Produzentin nimmt den Techno der frühen 1990er. Also wirklich die frühen Jahre und legt dann Vocals darüber.

Würde ich Bingo mit Wörtern spielen, hätte ich schon nach zwei Tracks gewonnen. Es kommt alles vor, was reingehört. „Control your body“, „mind“, „trance“, „cyber“. Bitte nicht falsch verstehen, ich liebe es. In gewisser Weise wird hier das Cyberklischee der frühen 1990er voll erfüllt. Und ich finde, wir haben es irgendwann verloren. Die Digitalisierung der Welt geht immer weiter, nur ist es nicht mehr Teil unserer Musik. Von daher finde ich die Spacewoman EP, die am 6. September auf Wrong Era erscheint, ein unglaubliche Bereicherung.

Ich mag die Vorstellung eine Musik zu entdecken, zu der ich keinen Bezug habe. Also jetzt mal aus Sicht von Charlie gesprochen. Ich (also mein Jetzt-Ich) hat das miterlebt und jeglicher Versuch der musikalischen Reinterpretation wäre nur eine Nachahmung. Aber Charlie erlebt das komplett unvoreingenommen. Natürlich erkenne ich die ein oder andere Sequenz, aber unterm Strich finde ich es schwierig da eine Schublade dafür aufzumachen. It is, what it is!

Cosmos (Cercle Records)

Cosmos (Cercle Records)

Eine Compilation! Und was für eine. Ich beginne mal mit den Kritikpunkten. Acht Titel ist in Ordnung für eine Compilation, aber gerade mal zwei Titel, die es über 4 Minuten schaffen, finde ich etwas ungewöhnlich. Zumal die restlichen Titel so klingen, als wären sie künstlich verkürzt. Aber vielleicht für den Aspekt einer Vinyl-Veröffentlichung im ewigen Kampf gegen die Rille doch in Ordnung. Auch wenn ich bei einigen Titeln einen ordentlichen Edit vermisse. So z.B. ist Kids Never Stop Dancing so knallhart geschnitten, dass es weh tut.

Doch ich will mich kurz fassen, denn musikalisch gesehen hat die Cosmos Compilation von Cercle Records nicht verdient. Nachdem mich der erste Track Kako schon mental abholt und ich einen Hauch von Afrika spüre, macht sich die Gänsehaut mit Mama auf meinem Körper breit. Unglaublich berührend und ein wunderbarer Beweis, dass afrikanischer House nicht irgendwas mit Trommeln ist, sondern die Intensität der Stimme mich berührt, auch wenn ich die Sprache nicht verstehe.

Nach den ersten sanften Berührungspunkten schaltet die Compilation dann auch einen angenehmen Tech House Modus um, der fast bis zum Ende durchhält. Wie gesagt – wenn man davon absieht, dass ein paar Titel abrupt enden. Nach einem kurzen Ausflug in den Trance-Bereich ist das Ende doch überraschend. Ist Blackbird SR-71 noch Goa-Trance oder schon Techno? Auf jeden Fall von beidem inspiriert treibt dieser Track die Compilation dann an ihr Ende. Erscheinungsdatum: 9. September.

Andrey Sirotkin feat. Pyrame - Untouchable

Andrey Sirotkin feat. Pyrame – Untouchable

Andrey Sirotkin kommt aus Kiew. Zusammen mit Pyrame veröffentlichen die beiden am 5. September die EP Untouchable auf Thisbe Recordings. Machen wir doch mal einen Realitätscheck. Ich greife einfach mal in die Zitatekiste zu dem Release

„Tatsächlich ist in Untouchable der in Berlin lebende Texter und Sänger zu hören, der eine warnende Botschaft darüber vermittelt, dass die Menschheit in der modernen Gesellschaft zu einem einfachen Produkt degradiert wird, zu einer lahmen Einheit in einer Welt, die von Statistiken getrieben wird, in der alles gemessen und quantifiziert wird. Die Zeichen stehen an der Wand: Mit Untouchable macht Pyrame darauf aufmerksam, dass wir jeden Aspekt unserer Freiheit, Privatsphäre und unvoreingenommenen Meinung verlieren. Beängstigend, mit der Hoffnung, irgendwann, irgendwie, da rauszukommen. Wir müssen.“

Grundsätzlich finde ich das Statement bemerkenswert und stimme in volle Länge zu. Nur leider höre ich von diesen vielen Gedanken nur nichts im Song. „Hey, you… *nuschel* untouchable“. Natürlich verstehe ich auch den Part dazwischen. Aber für mich stellt sich dann wieder die Frage: Muss Kunst sich erklären? Oder steht sie ohne Erklärung da, aber wozu dann diese riesige Beschreibung?

Nachdem ich etwas abgebogen bin, sollte ich mal den Fokus auf die Musik legen. Langsamer Techno, ein bisschen 80er Synthies. Und schöne viele Remixe. Schon allein die Existenz von sieben Titeln macht das Werk zum Unikat. Aber es ist nicht die gleiche Version in unterschiedlichen Längen, sondern jeder Remix bringt seine eigene Facette.

Marie Vaunt & Spektre - Darkest Hour

Eine kurze Geschichte des Techno: Irgendwann in den frühen 1990ern lotete Techno aus, wie hart oder wie soft er sein kann. Das klaffte ziemlich schnell, ziemlich weit auseinander und wie bei einem Spinnennetz begann man die Außenkanten direkt zu verknüpfen. Und damit war das Feld abgesteckt, in dem sich Techno bewegen kann, soll und muss.

Von daher ist die Veröffentlichung von Marie Vaunt & Spektre keine Überraschung. Harte Beats, eine übersteuerte Acid-Line und ein Vocal, was wehmütig an Zeiten erinnert, wo Techno-Parties noch nicht in Schicki-Micki-Palästen, sondern in modrig muffenden Kellern gefeiert wurden. Auch erinnert mich das Vocal an „Humanoids From The Deep“, einem Schweiß treibenden Psycho-Track, der kein Erbarmen kennt.

Mit Darkest Hour treffen die Sounds von Marie Vaunt, die in L.A. wohnt, auf die des britischen Duos Spektre. Leider hätte es der Veröffentlichung gut getan, wenn es nicht nur die gleiche Version mit zwei unterschiedlichen Längen gegeben hätte. Aber weniger ist manchmal auch mehr. Zumindest genug für Arcane Records, welche die Scheibe am 6. September veröffentlichen.

Housemeister - Calling Earth

Housemeister – Calling Earth

Ein bisschen Wow-Gefühl habe ich bei dieser Scheibe schon. Zum einen stelle ich mir die Frage, wie lange man im Geschäft sein muss, um sich Housemeister zu nennen und sich dabei relativ sicher zu sein, dass es nicht schon 50 andere DJs oder Produzenten mit dem gleichen Namen gibt. Und dann noch der Albumtitel: Calling Earth. Da muss man schon Nerven aus Stahl haben. Warum nicht gleich Somewhere Over The Rainbow oder The First Rebirth oder Knights Of The Jaguar?

Und dann ist Calling Earth auch noch Album Nummer 9 vom Housemeister, das am 13. September auf seinem Label AYCB erscheinen wird. Und Alben finde ich schon immer gut. Erzähl mir eine Geschichte! Oder erzähl mir dein ganzes Leben! Tauche in deine Fantasiewelt und nimm mich mit! Geht alles. In der Realität macht das Album von Housemeister viel Spaß. Es ist bunt, stilistisch abwechslungsreich und das ist auch gleich der Nachteil des Albums. Das Album wirkt wie eine Compilation. Es gibt keinen Flow, der das Album durchzieht. Das kann einerseits wie ein Bedürfnis nach einem großen Spektrum aussehen, aber auch wie eine lose Sammlung von gerade produzierten Tracks.

Wie ich schon gerade schrieb, erwarte ich bei einem Album mehr als eine Sammlung von Tracks. Jeder Track einzeln ins super und man merkt, dass der Typ Ahnung hat, von dem was er da macht. Aber bei der Breite und Tiefe der aktuell verfügbaren Produktionen ist für mich der Anspruch höher als eine Kollektion von tollen Songs, die gute produziert sind. Gerade von einem Künstler, der sein 9. Album herausbringt.

xceptor - De Wandeling EP

xceptor – De Wandeling EP

Ich starte die EP De Wandeling von xceptor. Noch bevor der erste Ton erklingt freue ich mich. Endlich mal ein Künstler, der es wagt seine Titel nicht mit englischen Namen zu versehen. Bevor ich mich jetzt auf eine Diskussion einlasse, weil es ja doch auch spanische und deutsche Titelnamen gibt, belasse ich es lieber bei der Aussage, dass niederländische Titel doch eher die Seltenheit sein. Aber für einen Künstler der aus Rotterdam kommt, durchaus normal.

Paranoïde Boswandeling läuft los und ich bekomme schönen schlichten Electro aufgetischt. Solide, fein ausgearbeitet, kein Schnickschnack. Deswegen bin ich gespannt, wie es weiter geht. Der Titelname verrät mir zumindest, dass es bei einem Techno Remake nicht mit Electro weitergeht. Auch wenn ich den Klängen nicht viel abgewinnen kann, finde ich auch diesen Track gut. Die Bassdrum läuft Uptempo, aber nicht Hardcore. Was mir daran gefällt, ist der doch ziemlich dreckige Sound. Heutige Produktionen klingen so kristallklar, dass man gefühlt den Bitfehler hören kann. Eine Bittiefe von 8Bit reicht doch beim Samplen völlig aus.

Und damit habe ich die EP schon relativ gut umschrieben. Die restlichen beiden Titel, der am 13. September erscheinenden EP, die auf Feed The Void veröffentlicht wird, setzen das genannte Konzept fort. Und damit wirkt das Werk rund.

Eli & Fur - Monsters

Eli & Fur – Monsters

In Vorbereitung auf ihr bald erscheinendes Album Dreamscapes haben jetzt Eli & Fur die Single Monsters veröffentlicht. Und auch hier gilt – eigentlich mag ich die Single-Veröffentlichungen nicht, aber wenn das Album nach diesem Schema gestrickt ist, dann sollte ich da unbedingt mal reinhören. Auch wenn der Titel Monsters heißt, ist er leicht wie eine Frühlingsbrise und lässt nur erahnen, dass es um die Monster im Kopf geht, die einen nicht loslassen. Und gerade nachts sind sie besonders umtriebig und machen einem den verdienten Schlaf schwer. Manchmal ist das einzige was hilft, auf den Morgen zu warten, bis das Licht des Tages die Monster aus ihren Ecken vertreibt. Die Single gibt es jetzt schon, das Album Dreamspaces kommt am 27. September auf [PIAS] Électronique.

Max Styler + Oscar L - Addiction + Yapper

Max Styler & Oscar L – Addiction / Yapper

Am 6. September erscheint die Veröffentlichung Addiction / Yapper von Max Styler + Oscar L auf Truesoul. Addiction erzählt von der Liebe zu den Bass-Grooves und den Drums. Zum Glück besteht der Titel aus weit mehr als nur einer Bassline und ein paar Drums. Das Vocal ist eingängig und bleibt gut hängen. Bis auf einige wenige Stellen gefällt mir der Track ganz gut.

Im Gegensatz dazu fängt Yapper so an, wie ich das von einem Truesoul-Track erwarte. Die Bassdrum läuft los und die erste Minute passiert erst mal nicht viel. Aber geschenkt, wobei ich mich frage, wozu die Decks mit ihren ganzen Effekten und Sync-Buttons einen solchen Vorlauf rechtfertigen. Dafür zieht der Song danach richtig gut. Ist es Synth oder Vocal – es brennt sich im Kopf ein. Und ehe man es sich versieht, ist der Break schon durch und der Track ist fertig. Natürlich passiert auch hier die letzte Minute nicht mehr viel. Ich habe hier auch einen Radio Edit vorliegen, der gute zwei Minuten kürzer ist und direkt auf den Punkt kommt.

Bart Skils x SUDO x Drunken Kong - Sakura

Bart Skils x SUDO x Drunken Kong – Sakura

Wenn ich Truesoul sage, muss ich auch Drumcode sagen. Die letzten Releases auf Drumcode waren mir zu grau, um hervorgehoben zu werden. Deswegen war ich von der am 13. September erscheinenden Co-Produktion von Bart Skils x SUDO x Drunken Kong angenehm überrascht. Natürlich sind es wieder nur zwei Tracks, die da veröffentlicht werden, aber es sind ein paar positive darin verbaut, welche die Sakura herausheben.

Was mich bei den letzten Releases wirklich gestört hat war, dass die Bassdrum erst mal eine Minute gelaufen ist und sonst nichts passiert. Hier startet gleich der Basslauf mit, auch wenn der ziemlich Old Skool „Dum-Di-Di-Dum“ läuft. Beide Tracks verwenden da das gleiche Schema. Geht für mich in Ordnung, so ist die Verwandtschaft der beiden Songs klar. Aber für mich ist die A-Seite klarer Favorit, die Zusammenarbeit mit SUDO hat sich gelohnt. Schön ausgearbeiteter Break, nicht übertrieben und trotzdem abwechslungsreich.

The Blue Hour

The Blue Hour

Das schönste an einem heißen Sommertag ist die Zeit, wenn die Sonne untergegangen ist und die Temperaturen anfangen, in einen angenehmen Bereich zu sinken. Es ist zwar schon spät, aber noch nicht finstere Nacht. Die blaue Stunde beginnt…

Thisbe Recordings haben diese Zeit als Thema genommen für ihre neue Compilation The Blue Hour. Alle Tracks sollen die Stimmung einfangen. The Blue Hour umfasst 6 Stücke, aber leider ganze Stunde. Das wäre jetzt aber kleinlich. Dafür sind die Songs gut ausgewählt. Einzig Foreclosed ist mir schon fast ein bisschen zu sehr Party. Aber dann müsste ich auch Sahel aufführen, wo das mit seinem melodiösen Ansatz definitiv noch zu einer ruhigen Abendstimmung passt. Und Krasnodar Nights lässt als abschließender Track die Sterne funkeln.

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