Kaum ist die April-Ausgabe erschienen, muss ich schon die Plattenkiste Mai 2024 fertigstellen. Trotz Urlaub habe ich wieder viel neue Musik gehört. Manchmal frage ich mich schon, was das noch werden soll. Eigentlich wollte ich mit 50 Jahren aufhören, aber ich kann einfach nicht…
Dan Goul – Paraglider
Dan Goul liefert die nächste Ladung feinsten Tech Houses mit einer schönen Deepness für Berg Audio ab. Dazu kommt dann noch der passende Name Paraglider, der ein wunderbares Gleichnis für den Sound ist, den Dan da abliefert.
Da wird geschwebt und alles mit einem ordentlich Abstand betrachtet. Und so lässt es sich viel entspannter dahingleiten. Aber Berg Audio hat es verstanden – Dan Goul liefert 7 Titel ab. Also bei einer Länge zwischen 5 und 9 Minuten ist das schon eine ziemlich lange EP. Aber so wie das Kürzel BERGALPDGTL 01 ist das die erste LP auf Berg Audio. Und die Musik ist genau die Richtige dafür – Space Night lässt grüßen.
Christian Löffler – A Life
Christian Löffler ist mit seinen letzten Alben immer mehr in den introvertierten Bereich gelaufen und deswegen war ich fast schon geneigt, nicht in das neue Album A Life reinzuhören. Doch dort prangte die Schublade „Progressive House“ dran. Das machte mich neugierig.
Also setze ich mich hin und höre den Opener When Everything Was New. Ein bisschen fühle ich mich an Chris Zippel erinnert und das gefällt mir. Christian Löffler war jemand, der auf seinen Alben immer gern mit Gesang gearbeitet hat. Dabei kam auch seine Stimme zum Einsatz. Dass sich hier etwas fundamental geändert hat, höre ich beim zweiten Track. Der bringt eine positive Energie mit, die mich fragen lässt, wie es zu dem Sinneswandel kam?
Natürlich sind auch wieder ruhigere Stücke auf dem Album enthalten und das macht für mich auch ein gutes Album aus. Natürlich muss man dazu sagen, dass zwischen Lys und A Life gute drei Jahre liegen, was für einen jungen Künstler schon eine Ewigkeit ist.
Kaspiann – Mantis 13
Ich habe jetzt für eine Weile die Mantis-Serie von Delsin eine Zeit lang ignoriert. Es wirkte so eingefahren, zu minimalistisch, isoliert. Doch mit der neuen Veröffentlichung von Kaspiann habe ich wieder Lust bekommen. Nicht, dass es jetzt eine große Überraschung gibt.
Aber ich finde Musikrezeption hat auch eine ADSR-Kurve. Am Anfang ist alles neu und interessant und ich fange schnell Feuer. Mit der Zeit klingt das ab und verbleibt dann auf einem gewissen Level, bis man das Interesse verliert. Weitergesponnen könnte man das auch auf den Musikerzeugungsprozess übertragen. Also wenn ich mich an meine Geräte setze, dann habe ich erst mal viele Ideen, die ich ausprobieren will. Nach einer gewissen Zeit groovt sich das auf einen bestimmten Sound ein, der dann vor sich hin wabert.
Und für mein Empfinden kommt die Musik der Mantis-Serie genau aus dieser Phase. Da ist nichts wirklich spektakulär, innovativ oder herausragend. Es hüllt einen aber ein, wie eine warme Decke. Musiker, Hard- und Software sind im Einklang und diese Harmonie durchdringt die Musik.
Kiasmos – Flown
Kiasmos stehen kurz vor der Veröffentlichung ihres zweiten Albums. Damit sich die Fangemeinde an ihren Sound erinnert, gibt es schon mal vorab die Veröffentlichung Flown. Erschienen ist das Werk natürlich wieder auf Erased Tapes. Eigentlich regt mich ja Musik auf, die sehr melancholisch daherkommt. Aber dennoch hat die Musik von Kiasmos immer den nötigen Schwung, damit es doch eher an entspanntes Tanzen erinnert.
Da die beiden aus Island kommen, spiegelt sich da auch so etwas wieder, das ich vom Album Riceboy Sleeps kenne. Ich würde es als sehnsuchtsvoll und heimelig beschreiben, weil es etwas dumpf klingt. Und das obwohl sich doch oft auch klassische Instrumente dahinter verbergen.
Shinichi Atobe – Ongaku 1
Shinichi Atobe ist schon so ein Mysterium. Erst veröffentlicht er 2001 sein Debüt auf Chain Reaction und lässt sich bis zu seiner nächsten Veröffentlichung mal eben 13 Jahre Zeit. Seit dem Plätschern eher unregelmäßig Alben und EPs, die mehrheitlich auf DDS erscheinen, wie auch die Ongaku 1. Initial bin ich von einem Re-Release ausgegangen.
Das wirft natürlich die Frage auf – produziert Shinichi Atobe so einen zeitlosen Sound oder hat er den RX-101 gemacht. Einfach mal haufenweise Tracks zu einer kreativen Zeit produziert und bringt sie jetzt ans Tageslicht. Bei der Ongaku 1 fährt er eine schöne Mischung aus dubbigem Techno, der seine Nähe in Detroit sucht. Und dann sind zwei Tracks eigentlich schon wieder viel zu wenig.