Der erste Monat des neuen Jahres ist vorbei. Es gibt wie gewohnt ein neues Titelbild. Dort kann man die Kurzfassung lesen, was die Plattenkiste Januar 2024 so an neuem Material enthält.
Der Monat Januar war musikalisch hauptsächlich von der Entdeckung neuer Musik für meine Serie Unknown Territory getrieben. Hier versuche ich mir ein Polster zu erreichen, wenn ich mal weniger Zeit haben sollte. Aber genau darum sollte es ja eigentlich nicht gehen. Ich wollte keine neue Serie, die Druck aufbaut. Trotzdem merke ich, dass es mir unglaublichen Spaß macht, mal vom Pfad der gewohnten Musik abzuweichen und etwas tiefer in andere Genres abzutauchen. Oft fühle ich mich in meiner Theorie der musikalischen Entwicklung der elektronischen Musik bestätigt, manchmal merke ich, dass ich einen falschen Ansatz hatte und beginne komplett von vorn.
Und dann muss natürlich auch noch Zeit für neue Musik sein…
Skee Mask – C
Das muss man sich mal geben. Skee Mask veröffentlicht 2018 sein bahnbrechendes Album Compro. Drei Jahre später folgt mit Pool das Nachfolgealbum. Stilistisch ähnlich gehalten und damit schön, aber nicht mehr so Aufsehen erregend. Wenn sich dann Bryan Müller hinstellt und eine Sammlung von Titeln veröffentlich, die aus der Zeitspanne zwischen Compro und Pool kommen, dann denke ich – schade, die haben es nicht geschafft, aber schön zu hören. Auch noch ein zweites Album mit „Überresten“ bekomme ich noch in mein Verständnis.
Aber jetzt, wo die C erscheint, überholen die unreleased tracks die Anzahl der veröffentlichten Alben. Und wenn dann die Qualität weiterhin so extrem hoch bleibt, frage ich, wie viel hat der Typ noch auf Lager? Diese Alben sind so für mich wie ein kleiner Tod. Es läuft noch mal im Kurzdurchlauf alles an Musik an mir vorbei und ich frage mich gerade noch, an welchen Titel mich dieser Sound erinnert und schon ist er wieder weg.
Aber traurigerweise entsteht mit solchen Releases doch irgendwie auch eine Kapsel. Wer von Anfang an dabei ist, wird mit Begeisterung jeden weiteren Release freudig in Empfang nehmen. Aber wer später dazu kommt und nicht dieses zündende Aha-Erlebnis der Compro hatte, steht vor einer Ebene aus homogenen Releases.
DRS – Everything Must Go!
Einfach mal ein schönes Album hören! Um ehrlich zu sein, habe ich kaum reingehört, sondern es einfach gekauft. DRS ist einfach zu lange im Geschäft, als würde mich da jetzt eine große Überraschung treffen. Und dann läuft Everything Must Go! mit seinen 25 Titel einfach durch. Als Digitalausgabe kommt dann noch mit 76 Minuten der Mix zum Album.
Bei dem Mix spürt man schon, welche Titel hängen geblieben sind. Nach dem ersten Genuss schaue ich dann doch mal etwas genauer hin und stelle fest, dass es ausnahmslos Kollaborationen sind, die DRS da verewigt hat. Abgesehen von den Interludes, welche das Album in 5 logische Abschnitte trennt. Natürlich bewegt sich alles im Bereich des Drum & Bass, aber ein paar Ausflüge in den Dubstep oder House sind auch dabei.
Hidden Sequence – Theories Of Time
Gleich zwei Releases bringt Lempuyang zum neuen Jahr heraus. Ein davon ist die Kollaboration von Paul Brown und Stefano Ugliano as Hidden Sequence. Beide haben mit Theories Of Time vier Tracks veröffentlicht. Interessanterweise gibt es Digitalrelease mit sechs Titeln. Und ja, man kann nicht genug davon bekommen. Es ist genau der Sound, der mich dazu bewegte, Lempuyang als Label des Jahres 2023 zu wählen. Schön wabert und komplett ohne Beats, bis zum feinsten Dub-Techno mit vielen Echos, aber ansonsten minimalem Gewand.
Pura Lempuyang Dua
Compilation Nummer zwei auf Lempuyang. Einen Großteil der Tracks habe ich schon durch die Releases mitgenommen. Trotzdem fasziniert mich die Zusammenstellung. Ist in den ersten Tracks noch ein definitives Bekenntnis zum Dub zu hören, rückt es mit den weiteren Tracks in den Hintergrund. Der deepe Spirit bleibt erhalten, aber die Echos lassen immer weiter nach. Es wird sehr minimalistisch.
Maceo Plex – ’93
Wer ist dieser Maceo Plex eigentlich und wo soll ich ihn einordnen? Bisher bin ich gut damit gefahren, dass er Platten veröffentlicht, die in den Bereich Techno einordnen würde, zu denen man aber richtig gut feiern kann. Und dann kommt jetzt das Album ’93 und das ist mir einen Ticken over the top. Zu sehr feiern, zu sehr hangover, zu offensichtlich.
Also klicke ich mich durch seine Diskographie, entdecke seine Frau aka Maars, mit der er einen gemeinsamen Track auf einer Wankelmut-Compilation hat. Und Wankelmut verdanken wir den Remix zu Asaf Avidans Reckoning Song (One day baby, we’ll be old…) und da ahne ich etwas. Ja, es ist dieser Anflug von EDM, der in dem neuen Album von Maceo Plex mitschwingt, den ich da überhaupt nicht hören mag.
Und doch stimmt mich der letzte Track milde. Shine On & On, ein Orbital Tribute mit der Stimme von Kristy Hawkshaw, der wird natürlich auch schon die Vocals zum Original Halycon + on + on verdanken, aber auch die großartige Dancenummer It’s A Fine Day.
Lars Leonhard – Reflections
Der Typ mit der NASA-Musik mal wieder. Wenn ich mir das Album Reflections so anhöre, werde ich das Gefühl nicht los, als wäre die Space Night wieder da. Ich meine, Bernd das Brot läuft seit Jahrzehnten im Nachtprogramm, aber sowas wie die Space Night wird abgeschafft. Das war das Sandmännchen der Partygänger um die Jahrtausendwende und danach.
Aber zurück zu Lars Leonhard. Nachdem das jetzt bei weitem nicht das erste Album ist, was hier in meiner Plattenkiste auftaucht sind trotzdem mal ein paar Worte des Dankes angebracht. Unermüdlich perlt ein Album nach dem anderen bei ihm heraus und jedes Mal stellt er es im ersten Monat gratis zu Verfügung. Nachdem die ersten Alben, die bei mir noch in die Plattenkiste gewandert sind, noch einen Hauch von Dub-Techno in sich trugen, ist das jetzt Chillout Sound vom feinsten.