Ist euch schon aufgefallen, dass es richtig wenig Alben in dieser Rubrik gibt? Im Orbit Oktober 2023 wird sich das ändern. Wir starten mit zwei schönen Alben, die ideal für den Herbst sind.
Ryan Crosson – We Can Only Ever Be How We Are
Am 27. Oktober bringt uns FRNTR ein neues Album von Ryan Crosson. Der Titel lautet We Can Only Ever Be How We Are und deutet schon an, in welche Richtung das Album tendieren wird. Nachdem der in Brooklyn beheimatete Künstler früher eher für seinen Deep House Sound bekannt war, wechselte er in den letzten Jahren mehr in den experimentellen / Ambient-Bereich.
Ryan sagt zu dem Album, dass es das Ergebnis der letzten 10 Jahre ist, sich weg vom Dancefloor zu bewegen. Denn um dort seinen Namen zu behalten, bedeutet permanent zu veröffentlichen. Diesem Druck wollte er entweichen. Und We Can Only Ever Be How We Are sagt dann auch ganz deutlich, dass er diesem Tempo nicht (mehr) gewachsen ist.
Und so lässt Ryan in den 10 Tracks seiner Kreativität freien Lauf. Zwischen jeder Menge Elektronik passen immer wieder analoge Instrumente wie Gitarre oder Violine. Trotzdem habe ich meine Probleme mit dem Album. Auf der einen Seite sind richtige Perlen darauf, aber auch Stücke wie Soul Starvation, die mich überfordern, weil sie zu viele zum Experiment einladen. Besagter Titel klingt, als würde man spanischen Gitarrensound mit Dancehall und Dub fusionieren und das strapaziert bisweilen. Aber zum Glück ist das die Ausnahme.
Guava – Out Of Nowhere
Und noch ein Album! Hinter Guava steht der Brite Bradley Hutchings, der in Berlin lebt. Der veröffentlicht auf seinem Label Guava Noise das Album Out Of Nowhere am 27. Oktober. Mein erster Eindruck – ich finde es sehr gut! Es erinnert mich an die Alben von Tycho, aber auch ein bisschen an den Sound von elektro/mikrolux nach der Jahrtausendwende.
Was mich am meisten beeindruckt ist, wie selbstreflektiert Bradley ist. Als ich Anfang 20 war und Musik produziert habe, war ich nie so richtig zufrieden mit meiner Musik. Aber ich wusste auch nicht, wie ich – ohne den massiven Einsatz von Zeit und Geld – diesen Umstand beheben kann. Bradley hat sich aus diesem Grund der Meditation zugewandt, um dieses Ergebnis zu akzeptieren. Es passiert, was passieren muss und das Ergebnis klingt, wie es ist.
Das Album ist für mein Dafürhalten grandios geworden. Wer mal wieder eine schlaflose Nacht vor sich hat und etwas braucht, um die Dämonen zu zähmen, die Schabernack mit den Gedanken spielen, sollte sich das Album anhören. Es ist wie einmal tief einzuatmen und mit dem Ausatmen Platz in seinem Kopf und um sich herum zu schaffen.
Race Banyon – Race Banyon
Wie lautet das Geheimrezept für ein gutes Techno / House-Album? Da Techno und House eigentlich Stile sind, die im Club funktionieren, ist für mich die wichtigste Zutat ein gutes Intro. Wenn Album gleich mit der Tür ins House fällt, fühle ich mich bei einer Compilation wohler.
Race Banyon hat das auf seinem gleichnamigen Album exzellent gelöst. Er lässt einen Synth loslaufen, der eine Minute sich immer weiter steigert. Dann kommt ein Vocal dazu, das in meinen Ohren wie „Happy Birthday!“ klingt und dann setzt der Beat ein. Schöner deeper House, ideal zum Einstimmen. Und so setzt sich das Album, das am 27. Oktober auf EMK erscheinen wird, fort.
Wer sich beim Anhören denkt, dass das Tempo immer weiter anzieht, liegt durchaus richtig. Schon bei AM sind wir im UK Garage Bereich unterwegs und gefühlt ist der letzte Titel Tell Me auch der schnellste. Race Banyon aka Eddie Johnston aus Neuseeland wollte mit dem Album etwas Solides schaffen. Etwas Reines, Emotionales, straight to the point. Eddies Plan war es, Musik auf einem Album zu kombinieren, die alle eine Gemeinsamkeit haben: Man möchte sie in einem Set verwenden. Well done!
Adam Beyer – Desert Queen
Ende der 1980er Jahre brachte uns Ofra Haza den Klang des Orients mit Im Nin‘ Alu in unsere Wohnzimmer. Fun Fact für alle Musikinteressierten – sie steuerte 1992 auch die Background Vocals zu dem Remake von Temple Of Love von den Sisters Of Mercy bei. Die israelische Sängerin verstarb bereits im Jahr 2000. Jetzt greift Adam Beyer nach seinem Ausflug in den Bereich der KI mit seinem neuen Release Desert Queen das Werk der Künstlerin neu auf.
Der Release wird neben dem Titel Desert Queen noch den Track Soulful enthalten um auf Vinyl bzw. digital am 20. Oktober auf Drumcode erscheinen. Wie gewohnt ist der Sound straight forward Techno. Die Vocals sind nachgezogen, aber das Im Nin‘ Alu kommt dem Original schon ziemlich nahe.
Was mich an dem Release etwas stört, ist der fehlende Kontext. Das Original hatte so einen Traum von 1001 Nacht. In dem Titel wirkt das Vocal herausgerissen und draufgeklebt und damit beliebig. Da hätte ich erwartet, dass Elemente des Tracks das widerspiegeln. Ich weiß, beim Tanzen macht man sich da keine Gedanken darüber, aber daheim schon.
Alinka – Sorry For Not Trending
Alinka kostet weiter die Früchte ihrer kreativen Arbeit von 2022 aus. Nach der I’m Your Ghost EP hat sie nun drei Tracks zusammengestellt, die als Sorry For Not Trending am 27. Oktober auf Twirl erscheinen. Alinka greift damit den Einfluss von sozialen Medien und Influencern auf unsere Vorlieben auf. Ihrer Meinung nach sollte Musik zweckgebunden sein. Statt dem DJ beim Abfeiern zuzuschauen, sollte man eher das Gefühl haben, dass man tanzen kann, als würde keiner zuschauen.
Twirl, das Label, dass sie zusammen mit Shaun J. Wright wiederbelebt hat, wird um drei House-Tracks reicher. Es ist nicht der Sound, der die Massen auf den Dancefloor ziehen wird. Aber mit schönen Bassläufen, einem Hauch 90er Retro wird die EP auf jeden Fall ihren Zweck erfüllen.