Die Plattenkiste März 2023 sieht ziemlich Delsin-lastig aus. Zwei Scheiben von Delsin und das Album von Yagya, der zwar auf seinem Label Small Plastic Animals veröffentlicht, das aber über NoMoreWords vertrieben wird, was letztlich der Vertrieb von Delsin ist.
Was mir immer wieder gut tut, sind Diskussionen über Musik. Wo ich von Künstlern lese, die ich mag, aber mit deren aktuellen Sachen ich nicht mehr so klarkomme. Und dann schreibt jemand mit so einer Begeisterung von der Streetland von Burial, dass ich keine andere Chance habe, als zu reflektieren. Tief in mich zu schauen, um zu erkennen, dass ich eigentlich von dem Blendwerk alter Tracks getäuscht wurde.
So geschehen bei Burial. Dort war der Track Forgive eigentlich der, der mich wirklich bewegt hat. Dann kam die Untrue mit ihren verrückten Beats und ließ den Schmerz plötzlich leichter werden, obwohl er immer da war. Deshalb hörte ich noch mal in seine Werke der letzten Jahre rein und fand alles wieder. Nur nicht mehr so dicht, sondern mit Raum zum Atmen, weil ich sonst erdrückt werde.
Weiterhin habe ich vor kurzem entdeckt, dass nach dem Tod von Markus Löffel eine Compilation mit dem Namen Remixes & Club Classics erschien. Und da ist alles drauf – Follow me, Stella, der Age Of Love Remix, der Pet Shop Boys Remix und damit Pflichtprogramm. Bis auf ein paar Schwachstellen ist das wirklich eine grandiose Compilation. Leider ist das Teil im Gegensatz zu den ganzen Maxis bei weitem nicht günstig zu ersteigern, aber es musste einfach sein. Und da der 10 Minuten Remix von You Gotta Say Yes To Another Excess fehlte, legte ich den Euro für die Max noch drauf. Und musste gestehen, dass der Hausmix schon fast noch besser als das Abgehteilchen ist.
Vril – Animist
Das neue Album von Vril wurde Mitte Januar 2023 angekündigt. Noch am selben Tag, als Delsin den Release ankündigte, waren die 200 Stück vergriffen, in denen die limitierte Ausgabe des Vinyls erschien. Stand jetzt werden Ausgaben davon auf discogs für ca. 75 Euro gehandelt, wo das Original gerade mal 33 Euro kam. So viel zum Hype um das neue Album Animist.
Ich bin immer noch der Meinung, dass ein Album eine Ausdrucksform ist, wo Künstler Ideen im größeren Stil zusammenfassen können, wie z.B. Konzepte, ein Studiosetup oder Sounds aus einem eingeschränkten Bereich. Um zu verstehen, was war, gehe ich zurück auf die Anima Mundi, sein Vorgängeralbum auf Delsin.
Anima Mundi gefiel mir durch seine dunkle, sanfte Seite. Es lässt sich schwer in Worte fassen, da sehr viele tiefe Klänge dominieren und das Tempo zwischen schwebend und langsam ist. Ein Traum aus Ambient und Techno.
Diesen Weg beschreitet Vril konsequent weiter. Er bleibt bei den tiefen Klängen, zieht aber das Tempo an, macht das Album zwar nicht tanzbarer, aber lebendiger. Für jemand, der mit diesem Werk einsteigt, wird es schwer zu greifen sein, aber beide Album linear zu hören, würde ich in dem Fall wirklich sehr empfehlen.
Brainwaltzera – Royal Wavetable Mellodies & Old TDKs
Brainwaltzera fühlt sich mittlerweile auf FILM ziemlich heimisch. Dort ist kürzlich die Royal Wavetable Mellodies & Old TDKs erschienen. Ich zerlege am besten zuerst den Titel und fange damit am Ende an. Denn wer kann sich noch an TDKs erinnern, das MP3 der 1980er und frühen 90er?
Welche Möglichkeiten hatte man damals sonst? Wiederbeschreibbare CDs und DVDs waren noch ein Stück hin und die Computertechnik war bis auf Spielekonsolen noch nicht in den Privathaushalten angekommen. Also hieß der einzige Weg, um Musik, die jemand anders hatte – auf Kassette kopieren. Und wenn man eine halbwegs akzeptable Qualität haben wollte, kam man nicht an TDK vorbei.
Ob der Schreibfehler in Mellodies beabsichtigt war, sollte die Musik selbst beantworten. Die sechs Tracks sind nicht rau und auch nicht sonderlich hart, von daher gehe ich von einem Wortspiel aus, bei dem das Wort Mellow mit einfließt. Und das trifft den Sound ziemlich gut. Ich fühle mich an den Mitt-90er Mike Paradinas erinnert. Aber da noch weit vor seinem Album Royal Astronomy, um den Bogen wieder zum Titel zu bekommen.
Yagya – Faded Photographs
Beim neuen Album Faded Photographs von Yagya driften meine Gedanken in zwei Richtungen. Deswegen wird es hier auch zwei große Absätze geben. Ich beginne mal damit, was dem ersten Eindruck. Optisch hat sich Aðalsteinn Guðmundsson wieder in einen sicheren Hafen begeben. Die Covergrafik kommt, genau wie bei Always Maybe Tomorrow wieder von Richard Ortiz, der unglaublich gute Arbeit mit viel Liebe zum Detail leistet.
Die junge Frau sitzt bei einer Tasse Tee auf einem Teppich und schwelgt in Erinnerungen. Sie hat einen geöffneten Karton mit Fotos neben sich liegen, von denen einige vor ihr ausgebreitet sind. Das passt auch sehr gut zur limitierten Vinylausgabe dieses Albums, denn es wird 10 Postkarten mit Bildern von Richard Ortiz dazu geben.
Tauchen wir etwas tiefer ins Bild ein. Die Frau scheint Anfang 20 zu sein. Ihre Piercings und zerrissenen Jeans würden sehr gut in die aktuelle Zeit passen. Da neben dem Karton ein Walkman und eine Polaroid liegen, scheinen es Erinnerungen ihrer Eltern zu sein. Und ich frage mich, wie die Kinder die Erinnerungen der jungen Frau später betrachten werden, da diese nur noch digital sein werden? Und solange ich nicht die Postkarten in der Hand halte, werde ich nicht wissen, was ihr wohl durch den Kopf geht, wenn sie die Bilder betrachtet.
Yagyas letztes Album Old Dreams And Memories erschien 2020 auch schon wie das vorliegende Album auf seinem Label Small Plastic Animals. Während ich die letzte EP gefeiert habe, muss ich zugeben, dass ich mich schon seit Stars And Dust mit der Musik auf den Alben schwer tue. Aber wenn mir Musik nicht gefällt, muss ich mich natürlich auch selbst hinterfragen. Was gefällt mir nicht? Und hier muss die Antwort lauten, dass hier zu viel des Guten zusammenbracht wurde.
Liebe ich seine Musik für die Ruhe die sie ausstrahlt, kommen bei Faded Photographs noch sanfte Stimmen dazu. Und gelegentlich ein Saxophon. Also gefühlt wie nach einem 5-Gänge-Menü noch einen Eisbecher mit 5 Kugeln, Früchten und Schlagsahne bekommen. Sehr lecker, aber einfach zu viel. Dann doch lieber einen schlichten Kaffee zum Abschluss. Bleibt zum Abschluss des Reviews nur die Frage: Was symbolisiert der Totenschädel eines Haustieres, der neben der Pflanze liegt?
Reedale Rise – Sesuvium
Ich wusste schon die ganze Zeit, dass ich auf kleine Labels wie Innate oder We’re Going Deep setzen muss. Dort findet man die Leute, die schon kurze Zeit später auf großen Labels auftauchen. So wie Reedale Rise, dessen erste Begegnung in meiner Plattenkiste die Innate #3 war, worauf dann die We’re Going Deep #4 folgte.
Jetzt erschien auf Delsin Records die Sesuvium, natürlich habe ich mir die limitierte Ausgabe geschnappt, in transparentem Vinyl, dass von grauen Rauchschwaden durchzogen ist. Sehr schön anzusehen, sehr schön zu hören. Ich würde die oben genannten Labels nicht hören, wenn sie nicht einen angenehmen, ruhigen Sound liefern würde. Die Sesuvium liefert das in vier Titeln, schwebend leichter Electro.
Hi! It’s nice to know you’re partially rethinking your opinion on Burial new music. But I have to admit that about Yagya we are on the same page. This Faded photographs remind me of The Inescapable Dacay of my Heart. That album was a little bit too cheesy for me, I don’t know how else put it. I can’t define Faded photographs cheesy, but it’s just not for me. It’s too classy, too artificial in a certain sense. I recognizes it’s really beautiful music, but it just doesn’t tell anything to me.