Auf unserer Rundreise durch Togo, Benin und Ghana sind wir im Norden von Benin angekommen. Wir fahren anschließend durch Togo nach Ghana. Von da aus geht es Richtung Süden, um die Rundreise in Accra abzuschließen.
Die Tatas der Somba
Unsere Nacht haben wir in einer vergleichsweise noblen Suite im Hotel Tata Somba verbracht. Wir verlassen am Morgen Natitingou und fahren zum Dorf Koussoucoingou um deren Häuser, die sogenannten Tatas, zu besuchen. In dem Dorf wohnt das Volk der Somba, woher sich auch der Name des Hotels ableitete.
Die Tatas orientieren sich am Aufbau der Baobabs. Bevor wir ein Tata besichtigen, zeigt unser Tourguide einen Baobab von innen. Es gibt einen großen Raum in der Mitte und in den Seiten mehrere Nischen. Genau so sind dann auch die Tatas aufgebaut. Wenn schlechtes Wetter ist, wird das Vieh reingeholt. Die Menschen schlafen oben in kleinen Rundhäusern auf dem Dach, die womöglich auf die Äste des Baobabs anspielen.
Jedes Tata hat ein eigenes Muster aus feinen Linien. Wenn die Somba noch Kinder sind, bekommen sie das Muster ihres Hauses in die Wange geritzt. Wenn ein Mann bereit ist, sein eigenes Tata zu bauen, stellt er sich ans Fenster des Elternhauses, schießt mit dem Bogen einen Pfeil ab und pflanzt dort, wo der Pfeil landet, einen Baum. Gedeiht der Baum, kann er dort sein Tata errichten.
Die Somba bauen in dem Dorf Hirse, Mais und Sorghum an, außerdem Okras und Tarowurzeln. In der Nähe der Tatas ist eine Schule, die von der Kirche betrieben wird. Unser Guide erklärt uns, dass Schule von 8 bis 12 Uhr und dann 15 – 17 Uhr ist. Da viele Kinder es nicht schaffen, in den drei Stunden heim zu laufen und zu essen, wäre es extrem wichtig, dass die Schulen auch Essen anbieten. Das schaffen sie meistens nicht, weil das Geld fehlt.
Wir bitten darum, dass wir kurz mal in eine Klasse reinschauen können. Unser Guide hat ein gutes Händchen mit den Kindern zu reden. Er erklärt ihnen, wie wichtig Bildung ist. Nur so könnten sie erreichen, was wir auch geschafft haben oder vielleicht auch mal im Ausland studieren. Sie stellen sich auf und singen für uns lauthals die Nationalhymne von Benin. Ich spitze inzwischen am Lehrertisch, was an Lehrstoff herumliegt. Ich entdecke elektrische Schaltungen, Parallel- und Serienschaltung inkl. der altbekannten Formeln. Danach gehen wir hinter die Schule und staunen nicht schlecht. Auf einmal stehen wir an einer Kante und können wunderbar weit in die Landschaft schauen.
Grenzübergang nach Togo
Es kommt ein weiterer Moment der Überraschung. Sollten wir nicht noch das Tata eines Jägers sehen? Wieso kommt jetzt schon der Grenzübergang? Wir bekommen schnell unseren Ausgangsstempel von Benin. In der Zwischenzeit lässt sich der Polizeichef in zivil blicken und ist zufrieden mit der Arbeit seiner Leute. Danach biegen wir von der Asphaltstraße ab auf einen Feldweg. Ah, jetzt kommt das Tata. Es liegt zwischen der aktuellen Grenzen von Benin und Togo. Tata ist Tata, nur dass darin Jagdutensilien und Trophäen hängen.
Die Einreise nach Togo gestaltet sich schwieriger. Ich dachte, da wir schon das Visum im Pass haben, geht es schneller. Nein, der Grenzbeamte schreibt alle Daten aus dem Pass in ein Buch. Plus Zusatzinformationen wie Beruf, Namen der Eltern, Anzahl der Kinder und Telefonnummer. Unserem Guide ist es wohl etwas peinlich, dass wir keine Kinder haben, weswegen er sagt, es wäre eins unterwegs.
Die Tatas der Tamberma
Weiter geht es zu den Tamberma. Das Volk, welches mit den Somba verwandt ist, wohnt auch in Häusern, die sich mit denen der Somba gleichen. Dazu sammeln wir unseren Tourguide auf, der uns den Weg ins Dorf zeigt und das Haus erklärt. Nicht nur, dass die Tamberma bettelarm sind, es herrscht auch eine merkwürdige Stimmung. Es werden uns Souvenirs angeboten, die jetzt aber nicht besonders sind, weswegen die Frauen vom Häuptling angeschnauzt werden, weil sie nichts verkaufen. Und dann müssen sie auch noch für uns tanzen. Wir schämen uns.
Als es zu dämmern beginnt, kommen wir in die Nähe von Kara. Dort wollen wir noch einen Schmied besuchen. Als wir anhalten, hören wir, dass der Schmied vor vier Wochen gestorben ist. Aber es gibt noch einen weiteren Schmied, der fünf Minuten weiter wohnt. Wir wollen den Besuch schon abblasen, aber einige bestehen darauf, weil es auf dem Plan steht.
Es geht einen steilen Hang hinauf und der Schmied führt uns seine Arbeit vor. Das Metall wird erhitzt und dann mit einem Stein in Form geschlagen. Wir drängeln etwas, weil eine aus der Gruppe ist schon fast 80 und hat ein neues Knie bekommen. Und sie muss den Hang wieder runter.
Ich finde die Tage und Nächte in der Nähe des Äquators immer faszinierend. Der Tag geht von 6 bis 18 Uhr mit geringen Abweichungen, je nachdem, wie weit man vom Äquator weg ist. Und es ist sehr schnell dunkel. Innerhalb von einer halben Stunde wird aus dem Sonnenuntergang die finsterste Nacht, die Dämmerung fällt aus.
So kommt es, dass es schon stockdunkel ist, als wir im Hotel Kara ankommen. Vermutlich mal das beste Hotel am Platz, ist es jetzt nur noch mittelmäßig. Dazu noch ein kleiner Nachtrag. Am Anfang hat Kriszta geschimpft, dass wir nur in Betonklötzen untergebracht sind, wo man doch für ein paar Euro mehr richtig schöne Unterkünfte bekommen kann. Aber seit Awale Plage wissen wir den Vorteil der Betonklötze zu schätzen. Mücken verirren sich hier selten hin.
Auch hier haben wir einen kleinen Bungalow. Irgendwo im Hintergrund ist eine große christliche Veranstaltung und wir können bis in den Abend hinein dem Prediger bzw. der Musik zuhören.
Feuertanz bei den Bassar
Vor uns liegt heute eine lange Strecke. Wir wollen von Kara in Togo nach Tamale in Ghana kommen. Erster Stopp ist bei den Bassar. Es ist schon später Vormittag, als wir dort ankommen. Die Bassar sind ein Volk, welches Eisen geschmolzen hat. Von den drei Schmelzöfen steht noch einer da.
Was ich jetzt in diesem Absatz schreibe, dauert mit Übersetzung über eine halbe Stunde. Die Bassar haben einen Lehmofen gebaut, der unten ein Loch hat. Dieses Loch wird verschlossen, danach kommt in drei Schichten abwechselnd Brennmaterial und Holzkohle sowie Eisenerz in den Ofen. Im unteren Teil sind Löcher für die Sauerstoffzufuhr. Wenn der Prozess einmal im Gange ist, dauert das Schmelzen drei Tage. Während dieser drei Tage dürfen die Männer, die daran beteiligt sind keinen Sex haben. Und die Frauen, die das Erz aus den Bergen heranschleppen, müssen schon die Menopause hinter sich haben.
Nach dieser langen Erklärung wird uns noch der Königspalast gezeigt, wo der König mit seinen Frauen lebt. Und dann nehmen wir unter Bäumen Platz und schauen den Männern beim Feuertanz zu. Die Idee ist, dass man sich in Trance tanzt und dann anschließend die Glut des Feuers nicht mehr spürt. Doch das aufgeschichtete Holz fängt nie richtig an zu brennen und verkohlt nur. Trotzdem ist der Tanz durch die Metallschellen an den Beinen optisch, als auch akustisch interessant.
Grenzübergang nach Ghana
Unser Guide als auch unsere Fahrer mögen Ghana nicht. Hier ist alles schlecht. Als wir direkt an der Grenze sind, merken wir noch nichts davon. Zuerst kommt die Covid-Impfkontrolle, anschließend die Passkontrolle. Wir sind schnell fertig. Dann kommt noch eine Polizeikontrolle, wo es um die Formulare fürs Auto geht. Wir warten 1,5 Stunden. Das Problem ist, dass eigentlich vorher hätte ein Formular online ausgefüllt werden müssen. Da wir das nicht haben, muss es an der Grenze gemacht werden. Die hatten aber gerade keinen Strom, weswegen es so lange dauert.
Wir sehen jede Menge Schleuser, die Leute von und nach Ghana bringen. Angeblich kann man gutes Geld in Ghana verdienen, aber nur in den großen Städten. Dort sind aber schon so viele Leute, dass es für viele eine erfolglose Reise wird. Wir sehen eine Frau mit Kind, die sehr schwach aussieht. Wir geben ihr unsere Flasche Wasser, die noch halb voll ist (1,5l). Innerhalb weniger Sekunden ist die Flasche leer.
Nach der Grenze machen wir erst mal kurz Pause. Unser Guide ist der Meinung, wir sollten Geld wechseln. Wir sagen, dass wir eigentlich nichts wechseln wollen und lieber in Tamale an einen Automaten wollen. Der Rest der Gruppe sieht es anders. Während unser Guide Geldwechsler heranholt, setzen wir uns hin und bestellen Getränke. Die Geldwechsler kommen, sehen die Getränke und schon wird der Kurs schlechter, weil wir gezwungen sind, zu wechseln.
Die lange Fahrt nach Tamale
Den Rest des Tages fahren wir nach Tamale. Es sind noch ungefähr 150km zu fahren, d.h. eigentlich könnte man es in drei Stunden schaffen. Aber alle 5 Kilometer ist ein Polizeiposten. Natürlich fallen wir mit einem Kennzeichen aus Burkina Faso und einem Auto mit Kennzeichen aus Togo auf wie bunte Hunde. Dazu kommt noch, dass unsere weißen Gesichter durch die Fenster leuchten.
Irgendwas gibt es immer auszusetzen und so beginnt jedes Mal der Tanz mit Guide und Fahrer, die zwar wissen, dass der Polizist Bestechungsgeld haben will, aber da sie es aus der Firmenkasse zahlen, versuchen sie zu feilschen. Und das dauert. Die Stimmung im Auto wird gereizter. Kriszta will schon aussteigen und dem Ganzen Nachdruck verleihen. Ich versuche sie zu überzeugen, dass ein Weißer, der drängelt, sich nicht gut auf den Preis auswirkt. Zu unserer Enttäuschung meint unser Guide, dass es in Ghana normal ist und wir bis Kumasi damit rechnen müssten, öfter angehalten zu werden.
So kommt es, dass wir nach 6-7 Kontrollen, wo wir angehalten werden, erst 21 Uhr im Hotel ankommen. Es ist ein Hotel, wo die Besitzerin aus Deutschland kommt. Die Küche hat offiziell nur bis 21 Uhr offen, kocht aber trotzdem noch für uns. Wir entscheiden uns für Red Red und Fufu – ghanaische Gerichte. Unser Glück, denn so sind wir schon 22.30 Uhr im Bett. Andere, die europäische Gerichte bestellt haben, warten stellenweise bis weit nach 23 Uhr, bis sie ihr Essen bekommen. Wohlgemerkt, dass wir vorher nur gefrühstückt haben.
Für die Gerichte haben wir uns entscheiden, weil wir vorher ein paar Podcasts über ghanaisches Essen bzw. Reisen in Ghana gehört haben. Red Red ist gebackene Kochbanane, die gewürzt ist. Dazu gibt es wahlweise Erdnüsse oder einen Bohnenbrei, der ein bisschen an Chili ohne carne erinnert. Fufu ist wie ein roher Teigklops aus Maniokmehl mit Wasser. Fufu wird mit der Hand gegessen. Man nimmt etwas vom Teig, tunkt es in die Soße und isst es. An sich schmeckt dieser Teigklops nach nichts und ist auch ein bisschen klebrig, schleimig. Dafür reißt die Soße – in dem Fall Erdnusssoße – alles wieder raus.