November war wieder ein Urlaubsmonat. Deshalb fällt auch diesmal die Plattenkiste November 2022 etwas schlanker aus. Es mag nach viel aussehen, aber das meiste davon habe ich bereits im September oder Oktober bestellt, ist aber jetzt erst veröffentlicht und damit zugeschickt worden.
Artefakt – Brain Dripper EP
Nach der Kollaboration mit Claudio PRC kommen Artefakt jetzt wieder im Alleingang. Das Ergebnis heißt Brain Dripper und ist (wie gewohnt auch) als limitierte Ausgabe bei Delsin auf Vinyl erschienen. Brain Dripper klingt nach Tracks, die dein Gehirn in die Mangel nehmen und ordentlich auswringen. Aber so schlimm muss das alles gar nicht sein. Sanfte Klänge mit rasanten Breakbeats, Downtempo und jede Menge Synthesizer gibt es. Beim Hören der EP mag ich erst mal gar nicht über Genres nachdenken, weil mich das Gesamtergebnis interessiert. Und wie der nächste Track wohl klingen mag.
Nach ihrer LP Days Bygone auf Delsin, von der ich jetzt nicht enttäuscht war, aber die etwas ruhiger geworden ist, weht jetzt wieder ein frischer Wind im Hause Artefakt. Und ich bin gespannt, wohin die Reise noch geht…
Parallel 9 – Q
Die Geschichte hinter der Q von Parallel 9 gefällt mir richtig gut. 1996 erschien diese EP auf holländischen Techno-Label Prime. Steve Rachmad liefert drei Track mit schönem, deepen Techno ab. Um dann festzustellen, dass das Label den Track Quanah einfach mal um 4 Minuten gekürzt hat.
Und genau aus diesem Grund ist die Wiederveröffentlichung auf Delsin so gut. Sie nimmt den Track von der B-Seite und macht ihn zur Hauptattraktion, diesmal in voller Länge. So hat man mit einer Gesamtlänge von ca. 26 Minuten nicht nur 4 Minuten mehr Hörspaß, sondern auch noch eine EP, die ihrem Namen alle Ehre macht.
Yagya – MOA118
Völlig überraschend kam Yagya mit einer kleinen Veröffentlichung daher, die auch noch die ersten Tage kostenlos bei Bandcamp zu sehen war. Erschienen sind die beiden Tracks auf dem Label Móatún 7. Es ist der typische, warme Dub-Techno-Sound, der so einzigartig für Yagya ist. Wobei ich beim zweiten Track Krákur denke, dass er irgendwie mit zur Sleepygirls gehört.
Indio – Phoenix
Indio, das ist das Nebenprojekt von John Beltran zusammen mit Sam McQueen. Obwohl es das Projekt schon seit mehr als 20 Jahren gibt, ist die Liste der Releases sehr übersichtlich. Kurz gesagt, wenn Indio veröffentlicht, hat es Hand und Fuß.
Jetzt ist auf Detroit Dancer der Release Phoenix erschienen. Ein einzelner Titel zusammen mit zwei Remixen von Stryke und E.R.P. Alle drei Titel bedienen das Thema eines ruhigen, melodiösen Techno. Weich wie ein Kopfkissen. Ist man einmal darin versunken, fällt es schwer ihm zu entfliehen.
Steffi – The Red Hunter
Seit dem ersten Album von Steffi – Yours & Mine – sind nun mittlerweile 11 Jahre vergangen. Und es war lange Zeit ruhig um sie. Zumindest was Alben betrifft. Umso mehr freut es mich, dass jetzt ihr neues Album The Red Hunter erschienen ist. Und im Gegensatz zu den ersten drei Alben, diesmal nicht auf Ostgut Ton, sondern auf ihrem eigenen Label Candy Mountain.
Neun Titel umfassen das Werk und setzen den musikalischen Werdegang konsequent fort. Steffi spannt einen Raum zwischen Techno, Electro, IDM und Breaks auf und lässt ihre Beats darin manövrieren. Manchmal sehr mechanisch, manchmal verträumt oder versponnen, ist auch The Red Hunter ein Album, das zum Pflichtprogramm in jeder Sammlung gehört.
Und wer das Vinyl ehrt und in der glücklichen Lage ist, die limitierte Ausgabe in rotem Vinyl zu erstehen, der hat auch ein haptisches Äquivalent zu ihrer Musik.
Daniel Avery – Ultra Truth
Die Alben von Daniel Avery haben etwas Komplettes und Perfektes an sich. Sie wirken in sich geschlossen, abgerundet. Und schaut man auf die einzelnen Titel, tun sich Welten auf. Da ist der Opener New Faith. Ein übersteuertes Klavier mit viel Echo, was dann im Strudel seiner Echos und Übersteuerungen versinkt.
Zwischen den Tracks immer eine Stimme, die ein, zwei Sätze sagt. Aber die Zeit rennt und schon ist der nächste Song in meinem Ohr. Ultra Truth, ein Titel, der mit etwas an Daniel Averys Remix von C O S M erinnert. Wo stecke ich das Album aber insgesamt hin. Es sind Breakbeats und Drum & Bass dabei, einige Songs sind eine Reminiszenz an die alte IDM-Zeit in den früheren 90ern. Autechre in ihren Anfangsjahren.
Und zwischendurch Songs, die mit 1 bis 2 Minuten es nicht zu vollen Länge geschafft haben, ja vielleicht auch nicht schaffen sollen, weil sie schon durch ihre Kürze perfekt sind. Also kurz gesagt, ist das Album Ultra Truth einfach nur gnadenlos schön.
CiM – Warm Data
Es gibt so Standards, die immer gehen. Zum Beispiel CiM und die Veröffentlichung seiner Tracks auf Delsin. Ich schaue da jetzt gar nicht so genau nach, ob das neues oder altes Material ist. Die acht Tracks der Warm Data gehen unglaublich geschmeidig ins Ohr.
Ich habe leider immer wieder das Problem, dass mit der Gesamtlänge von 20 Minuten das Werk so schnell zu Ende ist, dass es schon fast ein wenig traurig ist. Aber deswegen starte ich einfach von vorn und höre mir die Warm Data einfach noch mal von vorn an.
Claudio PRC – Challenger Deep
Jetzt kamen am Ende des Monat doch noch einige Releases raus, die ich interessant fand. Was meine Plattenkiste doch wieder umfangreicher macht. Den Anfang dazu macht Claudio PRC. Nach seiner letztjährigen Veröffentlichung und seiner diesjährigen Kollaboration mit Artefakt bei weitem kein Unbekannter mehr in meiner Plattenkiste.
Die Challenger Deep war beim ersten Reinhören für mich so mittelmäßig interessant. Aber nachdem ich sie jetzt in voller Länger gehört habe, bringt sie ihre wahre Schönheit hervor. Sanfte Pads gleiten über monotone Rhythmen. Das ist eigentlich die perfekte Definition für Hardtrance, aber dazu müsste der Beat etwas härter sein. So trifft das Wort Deep den Kern der Sache und die Scheibe hat was extrem meditatives.
Marcel Dettmann – Fear of Programming
Natürlich ist mir der Name Marcel Dettmann schon mehrfach über den Weg gelaufen. Aber komischerweise hat sich noch kein Release in meine Plattensammlung verirrt. Ja, ich habe immer mal in die Releases auf Marcel Dettmann Records (MDR) reingehört, aber das war mir zu Techno. Deswegen bin ich von seinem neuen Album Fear Of Programming auf Dekmantel angetan.
Das Album ist für mich wie eine kleine Reise durch die Geschichte des Techno. Da stecken so viele Elemente drin, die ich von früher kenne. Und Nostalgie funktioniert ja immer. Reine Technoalben sind für mich zu monoton. Deswegen weiß ich es zu schätzen, dass es zwischendurch zur Auflockerung mal einen kleinen Ambienttrack gibt.
Brainwaltzera – Medal Headz (G.B.D.F) EP
Was für eine Überraschung! Jetzt nicht unbedingt, dass Brainwaltzera einen Song aus seinem Album ITSAME ausgekoppelt hat, sondern als ich überraschenderweise las, dass der erste Song ein Remix von Peshay ist. Ich überlasse es jedem selbst, sich zusammenzureimen, was hinter dem Track Medal Headz (G.B.D.F) stehen mag.
Das Original auf dem Album ist eine Mischung aus IDM und Jungle. Den gleichen Track gibt es auch als Extended Version auf der Auskopplung. Aber zurück zum Peshay Remix. Ja logisch ist das Drum & Bass vom feinsten und so überhaupt nicht das, was ich hier erwartet habe. Deswegen fokussiert sich mein Augenmerk hauptsächlich auf diesen Song, der Rest ist für mich nur Beiwerk. Aber das auf jeden Fall ist auch hörenswert.
Damiano von Erckert – The Past The Future
Also mal wieder ein House-Album erschienen auf AUS Music. Das Album von Damiano von Erckert nimmt einen sofort mit, weil das Intro von der Gründerzeit erzählt, von der Rave-Kultur der 90er. Passend dazu der Albumtitel The Past The Future.
Wie ich darüber nachdenke, macht es eigentlich keinen Sinn, heutzutage irgendein Album im Bereich elektronischer Musik aufzunehmen, ohne sich vorher damit auseinander gesetzt zu haben. Von daher ist der Albumtitel immer zutreffend. Keine Zukunft ohne Vergangenheit. Und das Album reflektiert das ziemlich gut. Vielleicht sind es Erinnerungen an durchgefeierte Nächte. Und so bilden das auch die Titel ab. Entweder ist es eine konkrete Erinnerung (Frankfurt-1997) oder einfach bloß eine blasse Erinnerung, die zu einer Idee geführt hat (RAVE#06).
Auf jeden Fall sollte ich die Augen offen halten. Denn es fehlt mir etwas an diesem Album. Schon allein, wenn ich das Cover betrachte. Oben steht klein gedruckt der Albumtitel. Aber auf den ersten Blick sieht man nur das Retro-Vektorgrafik-Design mit den Wörtern „The Past“. Als wenn noch ein zweiter Teil folgen würde…