Während wir noch die letzten Sonnenstrahlen des Sommers genießen, bringen sich die Labels in Stellung, um sich auf den Club-Herbst vorzubereiten. Jetzt gilt es noch mal die Energie der Sommerpause zu nutzen und gute Musik zu veröffentlichen, um ganz vorn mitzumischen. Im Orbit September 2022 hat sich den ganzen August bei zwei Releases gehalten, bis die letzten beiden Wochen dann der Rest dazu kam.
Sascha Funke – Treets
Ich finde, nach der verkürzten Ausgabe vom August sollte der September etwas mehr bieten. Wie wäre es mit Sascha Funke? Ich habe keine Ahnung, wie oft ich seinen Namen schon gelesen habe, aber schaue ich in meine Plattenkiste finde ich keine Referenzen auf eigene Werke geschweige denn Remixe. Mit anderen Worten, es wird höchste Zeit.
Schließlich ist Sascha Funke nun schon seit zwei Jahrzehnten im Geschäft. Trotzdem liegt sein letzter Release auf Kompakt nun mittlerweile acht Jahre zurück, als Zug Um Zug 2014 erschien. Doch im Gegensatz zum damaligen Werk kommen diesmal auf Treets, die am 2. September erscheint, fünf statt nur zwei Tracks zu Gehör.
Was ich ihm auf jeden Fall hoch anrechne, ist dass die Musik nicht ansatzweise nach dem Sound klingt, den man mittlerweile aus Deutschland kennt. In meinen Ohren bildet sich statt dessen ein retro-futuristischer Klang, der Elemente des Techno der ganz frühen 90er aufgreift, aber absolut clean abbildet. Also wie ein Ethan Peck als neuer Mr Spock.
ANII – The Innocents / All Day
Ania Iwinska macht unter dem Pseudonym ANII Musik. Zu ihrer bisher doch relativ kurzen Liste der Veröffentlichungen gehören immerhin zwei Releases auf Kompakt. Jetzt gesellt sich am 2. September mit The Innocents / All Day ein neuer Release auf Renaissance Records dazu.
ANII meint zum Track The Innocents, dass dieser Song angetrieben wurde von den großen Pionieren der Synthesizer-Musik, wie Vangelis oder Tangerine Dream, aber auch Trent Raznor oder Hans Zimmer. Mit dem Titelnamen wollte sie damit auch den Bezug zum Film herstellen.
Zu dem Original kommt noch ein Remix von Luke Garcia & Th3 Oth3r, die das Potenzial des Tracks voll ausschöpfen, ohne den Track zu sehr zu modifizieren. Zum Schluss folgt noch All Day. Ein Song, der sich ganz langsam reinsteigert, Spannung erzeugt und nach einem langen Break die Leute auf dem Dancefloor magnetisiert.
Adam Ten & Mita Gami – High On EP
Und schon wieder meldet sich Adam Ten aus Tel Aviv zu Wort. Diesmal in Zusammenarbeit mit Mita Gami. Beide veröffentlichen am 16. September ihre neue EP auf Damian Lazarus‘ Label Crosstown Rebels. Die beiden Tracks, welche der Release umfasst, werden als High On EP herauskommen.
Beide geben zu, dass sie mit den Tracks Night Shift und High On schon begonnen hatten, aber auf halbem Weg liegen ließen. Natürlich ist das ein schlechter Ansatz, wenn man das Potenzial hinter der Idee kennt. Also gaben sie sich einen Ruck und vollendeten die Stücke.
Night Shift lässt initial nicht erahnen, was für ein verträumter Track sich dahinter verbirgt, denn der Song startet mit einem Tribal Part, der sich im Laufe des Stücks auflöst. Ähnlich einem Gewitter in der Nacht, das zögerlich die Sterne freigibt. High On gibt sich nicht so verborgen sondern startet straight forward. Und alles was sich in der ersten Minute andeutet, bleibt im gesamten Track erhalten.
Marc Romboy & Stephan Bodzin –
Atlas (Shall Ocin & ARTBAT Remix)
Dass ich einzelne Tracks als Release nicht mag, sollte jetzt niemanden mehr überraschen. Trotzdem mache ich immer wieder eine Ausnahme. Aber warum? Ist es vielleicht, weil es wieder mal ein Release auf Systematic ist, der am 30. September erscheint? Oder weil es ein Remix der legendären Kollaboration von Stephan Bodzin und Marc Romboy ist?
Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Genau wie der Track einen traumwandlerischen Spaziergang zwischen Techno und Progressive House nimmt. Der Remix von Atlas wurde von Shall Ocin aus Argentinien und dem ukrainischen Duo ARTBAT erstellt. Und auch wenn es nur ein Song ist, sollte man sich den nicht entgehen lassen, denn der Break lässt keinen Dancefloor leer.
Jamie Jones & Darius Syrossian – We Bring It EP
Für den am 16. September erscheinenden Release We Bring It haben sich Jamie Jones und Darius Syrossian zusammengetan. Die beiden arbeiten bei weitem nicht das erste Mal zusammen, sondern haben mittlerweile eine gewisse Routine in der Zusammenarbeit gefunden. Die hört man bei den Track sehr deutlich heraus. Da sitzt jeder Sound perfekt und obwohl zwei Künstler daran arbeiten wirkt jeder Track, als auch beide zusammen komplett schlüssig.
We Bring It als auch The Best Thing sind bei weitem keine neuen Tracks. Beide Künstler haben die Tracks schon seit Anfang des Jahres an der Crowd ausprobiert und für tauglich befunden. Was mir daran so besonders gefällt, ist effektive Umgang mit den Vocals, die zwar nur kurze Schnipsel sind, aber auf den Punkt passen, als auch der fette Bass, der unter beiden Songs herumwurbelt. Host für dieses Werk ist Hot Creations, bei dem Jamie Jones als Mitgründer auch einen maßgeblichen Einfluss auf den Sound hat.
Merin EP Vol. 5
Der Vierer-Pack geht in die fünfte Runde. Renaissance Records veröffentlicht am 23. September die Merin EP Vol. 5. Für alle die lange genug mitlesen, werden jetzt ahnen, dass die übliche Erklärung folgt, dass Merin aus der Sprache der Yoruba kommt und „vier“ bedeutet. Deswegen ist die Merin EP immer eine Minicompilation mit vier Tracks, welche die aktuelle Ausrichtung von Renaissance erahnen lässt.
Die EP hat wie ihre Vorgänger Höhen und Tiefen. Sehr gut gefällt mir der erste Track All belongs to me feat. Katie MacDonald von Martin Badder & Because of Art. Dem zweiten Track Bubblegum fällt es da schwer mitzuhalten. Danach kommt der Track von Come Closer, die auf eine signifikante Bassline setzen, die mich eher aufreibt, statt zu gefallen. Aus dem Grund, ist das der Track, der mir am wenigsten zusagt.
Ganz zum Abschluss kommt noch Cyclone von Fernando Lagreca. Wie es der Zufall so will, hörte ich letztens sein 2006er Album Colpi di Sole, das damals auf Autoplate erschien. Wenn ich bedenke, wie sich sein Sound so entwickelt hat. Fernando wohnt derzeit am Strand in der Nähe von Barcelona. An einem windigen Tag ging er an die See und schaute auf den Strand, als plötzlich ein kleiner Wirbel mit Blättern aus dem Nichts erschient und vor ihm tanzte. Er summte die Melodie, die ihm in dem Moment durch den Kopf ging. Nachdem er ins Studio zurückkehrte, war die der neue Track geboren.
Cristina Lazic – Personal EP
Ich beginne den nächsten Review mit einem Geständnis. Der letzte Release von Cristina Lazic auf Rebellion war nicht so der Burner, obwohl die EP Burning hieß. Aber mich haben die Fakten, die Cristina ausmachen schwer beeindruckt.
Jetzt folgt mit Personal am 23. September der Nachfolger. Da ich jetzt mit den Hintergrundinformationen vertraut bin, kann ich mich voll und ganz auf die Musik konzentrieren. Drei von den vier Tracks werden noch von Vocals von Shar unterstützt. Vielleicht ist es genau diese Tatsache, welche die Tracks runder, harmonischer und weniger trocken erscheinen lässt.
Grundsätzlich bin ich jemand, der gern Musik auf sich wirken lässt, ohne zu wissen, woher ein*e Künstler*in kommt, völlig unabhängig von Hautfarbe, Religion und Geschlecht. Nur die Musik und ich. Dann ist es nämlich plötzlich auch egal, wo ein Track heißt. Aus dem Grund ist für mich das absolute Highlight der letzte Track Mirror (Set Opener) feat. Shar, der wie der Name eigentlich schon sagt, ganz an den Anfang gehört.
Manqo – Always Something
Wenn ich mich an die Zeit erinnere, wo ich in Clubs ging, um zu feiern, gab es viele verschiedene Arten von Tracks. Die einen waren primär dazu gedacht, die Leute auf den Dancefloor zu bekommen. Aber es gab auch die Songs, die jetzt nicht überragend waren, aber wo man sich einfach beim Tanzen wohl gefühlt hat. Ein eingängiges Vocal, ein Groove, der einen mitzog und das Ganze schön glatt gefeilt, damit die Reibung minimal ist.
Dieses Gefühl überkam mich sofort, als ich die neue Manqo hörte, die am 30. September auf Crosstown Rebels erscheint. Auch Manqo sieht das so, denn sie wollten einen zeitlosen Klassiker schaffen, der einem vertraut vorkommt, aber auch modern. Emotional, aber auf eine euphorische Art. Und dazu melodisch und inspiriert von Deep House und Soul. Zusammen mit dem Track Always Something kommt noch ein Remix der schwedischen Produzentin Ida Engberg, die eine eigene Facette dieses Tracks schleift und poliert.
Francis De Simone – London Bass
Manchmal ist eine EP wie eine Geschichte. Es kann eine Rahmenhandlung geben oder ich werde wie bei der London Bass von Francis De Simone mitten reingeworfen. Deswegen wundere ich mich, warum der Titeltrack mit einem Vocalsample „Amsterdam“ beginnt. Aber nach und nach kommen dann noch „London“ und „Bass“ dazu. Wie der Titel erahnen lässt, bleibt es ziemlich minimalistisch, denn außer den klassischen Zutaten wie Bassdrum, Hihat, Claps, Bass und Vocals, hält sich der Track vornehm zurück.
Und genau deswegen auch die Idee mit der Geschichte. Denn diesen Erzählstil behält Francis über die EP ziemlich konstant bei. Aber er erlaubt sich mit den Samples den Songs unterschiedliche Nuancen zu verpassen. Außerdem sollte das Tempo nicht unterschätzt werden. Verleger dieser Erzählung ist Hot Creations und die Labelschefs Lee Foss und Jamie Jones freuen sich schon darauf, die vier Titel am 30. September unter das tanzende Volk zu bringen.