Wir setzen nach Tobermory unsere Reise durch den Osten Kanadas fort. Dabei fahren wir entlang der Küste des Lake Huron in den Algonquin Provincial Park, wo wir eine größere Wanderung machen. Mit Ottawa steht nun auch die Hauptstadt Kanadas auf dem Programm. Nach der Hauptstadt kommt wieder etwas Natur, als wir nach Shawinigan fahren.
Nach unserem Ausflug zum Flowerpot Island verlassen wir Tobermory. Wir setzen unsere Reise entlang des Lakes Huron fort. Natürlich wäre es schön, wenn wir mal einen Blick auf den See werfen könnten. Aber die meisten Grundstücke sind privat und somit sehen wir während unserer Fahrt so gut wie nichts.
Blue Mountains
Tagesziel für den Tag sind die Blue Mountains in der Nähe von Collingwood. Dort ist ein Wintersportgebiet, was auch im Frühling gut besucht ist. Wir betreten das Hotel, checken ein und erkundigen uns nach einer Wanderung auf die Hügelkette, um einen Blick auf den Lake Huron zu haben. Es beginnt wieder mit: Sie fahren hier links raus, fahren die Straße entlang… Wir unterbrechen, dass wir laufen möchten. Also wird eine kleine Übersichtskarte herausgeholt und uns der Weg gezeigt.
Offiziell sind die Wanderwege erst ab Juni geöffnet, aber wir werden darauf hingewiesen, dass wir trotzdem gehen können, aber nicht sagen sollen, dass uns das gesagt wurde. Also laufen wir an den ganzen Hotels am Fuße des Hügels entlang, bis ein kleiner Pfad zwischen den Pisten nach oben führt. Den laufen wir entlang, bis wir ungefähr auf der Hälfte der Anhöhe sind. Von dort aus, haben wir einen schönen Ausblick auf den Lake Huron.
Da es Zeit für Abendessen ist, schauen wir uns im Hoteldorf nach etwas zu Essen um und entdecken Pita Pit. Das ist so ungefähr wie Build Your Own Dürüm. Ähnlich wie bei Substop wählt man sein gewürztes Fleisch aus und kann dann Gemüse, Dressing und Add-Ons wie Pepperoni, Oliven wählen. Ich mache den Fehler, dass ich nicht die Mini-Größe nehme, sondern „normal“. Schon nach der Hälfte bin ich pappsatt. Außerdem sind im Gegensatz zu Deutschland die Pepperoni ordentlich scharf.
Algonquin Provincial Park
Bevor wir nach Kanada geflogen sind, haben wir uns eine Doku angesehen, wo es um Reise entlang des Lorenz-Stroms ging. Dort wurden auch mehrere Wanderungen beschrieben und alle hatten gemeinsam, dass Mücken und Black Flies extrem nervig waren. Also haben wir uns gut vorbereitet, indem wir lange Sachen und Antimückenspray mitgenommen haben.
Bevor wir uns in die Wildnis wagen, fahren wir weiter entlang des Lake Huron und machen einen kurzen Zwischenstopp am Wasaga Beach. Dieser Strand ist weltweit der längste Sandstrand an einem Süßwassersee. Aber leider nicht so beeindruckend, weswegen wir weiter fahren. Nach weiteren Zwischenstopps halten wir am Dorset Lookout Tower. Ein herrlicher Ausblick, man sieht nur Wälder und Seen, soweit das Auge reicht. Nicht auszudenken, wie schön es hier im Herbst ist. Besonders beeindruckend ist der Lake of Bays, der seinem Namen alle Ehre macht.
Vom Aussichtspunkt fahren wir noch ein Stück weiter bis Huntsville, wo unsere Tagesetappe zuende ist. Wir entdecken noch etwas die Stadt, holen uns was bei Pita Pit und ruhen uns aus, denn den nächsten Tag wollen wir wandern gehen.
Am nächsten Morgen fahren wir sehr zeitig los, schließlich hoffen wir, dass wir ein paar Tiere sehen können. Vielleicht nicht unbedingt einen Bären, aber Elche wären in Ordnung. Wir zahlen den Eintrittspreis (was war mit dieser Vorabbuchung) und fahren durch den Park. Das eine oder andere Mal halten wir an, um schöne Ausblicke zu erwischen. Aber es passt selten zusammen. Entweder sind an den schönen Ausblicken keine Parkplätze oder es gibt nichts zu sehen. Im Grund genommen ist es so, dass wir nur durch Wälder fahren – links Bäume, rechts Bäume. Und bedingt durch das Tempolimit zieht sich die Strecke noch mehr.
Aber jedes Mal, wenn wir aussteigen, merken wir – die Mücken lieben uns. Deswegen wird unsere 10km-Wanderung am Centennial Ridges Trail zu einer Tour, die kaum Pausen erlaubt. Nur an den Stellen, wo wir im Freien stehen und der Wind ordentlich bläst, können wir uns eine Pause erlauben. Aber auch hier gilt das vorhin Gesagte. Wir sehen Wälder und Seen, aber es fehlt was. Berge zum Beispiel. Ich will den Anblick nicht mies machen, aber für so einen Ausblick muss man nicht nach Kanada fliegen.
An der Stelle muss ich was zum Wetter in Kanada sagen. Vielleicht in Kombination zur geografischen Lage. Selbst der nördlichste Punkt unserer Reise liegt noch südlicher als München. D.h. wenn die Sonne scheint, brennt das schon ganz ordentlich. Sitzen wir bei 16°C und Sonne im Auto, möchte ich schon die Klimaanlage anschalten, weil es unerträglich warm wird. Dazu kommt noch, dass eine ziemlich hohe Luftfeuchtigkeit vorherrscht. Oft genug hören wir im Radio, dass 25°C angesagt werden, diese aber durch die Luftfeuchtigkeit gefühlte 35°C erzeugt.
Wir machen nach der Wanderung noch mal Pause an einem See, werden von kanadischen Wildgänsen belästigt und fahren dann zum anderen Ende des Parks. Dort liegt unser Ziel für heute – Sands on the Golden Lake. Der Name klingt schön, doch es ist komplett bewölkt und beginnt später zu regnen.
Ottawa
Das Frühstück im Sands on the Golden Lake ist nach dem Prinzip „Grab & Go“. Man nimmt sich, was man will und verzieht sich damit aufs Zimmer, fährt weiter und isst unterwegs. Wie man will. Mit etwas Müsli, Muffin und Kaffee gestärkt, machen wir uns auf den Weg nach Ottawa.
Dort sind wir kurz vorm Mittag bzw. in Gatineau. Das ist die Stadt, die auf der anderen Seite des Flusses liegt. Wie uns relativ schnell klar wird, bildet der Fluss die Grenze zwischen den Provinzen Ontaria und Québec. Hinter der Brücke liegt gleich der Byward Market. Hier finden sich genügend Restaurants und Stände, wo man etwas zu Essen findet. Hungrig suchen wir nach etwas Passendem für uns.
Wie wir viel zu spät erkennen, haben wir eine unsichtbare Grenze überschritten, denn der Byward Market grenzt an Lowertown, dem Armenviertel von Ottawa. Natürlich gibt es eine soziale Grundsicherung in Kanada, die ist aber bei weitem nicht mit europäischen Massstäben zu messen. In zerrissenen und schmutzigen Sachen gehüllte Menschen taumeln und wanken auf die Kirchen zu, wo es Essen gibt. Ein Anblick, der uns für den Rest des Tages nicht mehr aus dem Kopf geht.
Wie wir später erfahren, hat Kanada genau wie die USA das Problem, dass hier Oxycodon als Schmerzmittel en masse verschrieben wurde. Und als man feststellte, wie abhängig dieser Stoff macht, wurde zwar entgegen gewirkt, aber diese Maßnahmen erreichten nicht die ärmste Schicht, die darauf hin noch weiter abstieg.
Mehr oder weniger notgedrungen landen wir in einem All You Can Eat Sushi-Laden, denn ob man Sushi einzeln bestellt oder All You Can Eat macht, ist finanziell kaum ein Unterschied. Außerdem sind wir gerade noch etwas traumatisiert. Mit den Bildern im Kopf laufen wir dann zum Parlament, das sich gerade in eine riesige Baustelle verwandelt hat. Wir irren noch etwas durch die Häuserzeilen der Innenstadt, aber die Stadt versprüht gerade keinen Charme.
Also gehen wir erst mal ins Hotel zurück, checken ein, ruhen uns etwas aus und gehen noch einmal am späten Nachmittag über die Brücke nach Ottawa. Wir spazieren entlang des Flusses auf dem Sussex Drive und kehren dann zum Byward Market zurück, wo ich eine Beaver Tail ausprobiere.
Am nächsten Morgen schauen wir auf eine verregnete Stadt. Ich bin es ja so gewöhnt, dass es regnet und dann auch mal wieder aufhört. Aber dieser Regen lässt nicht nach. Wir wussten aber Bescheid und hatten schon einen Notfallplan im Programm. Für den Fall des Regens wollten wir das Nationalmuseum von Kanada besuchen, dass direkt vor unserer Haustüre liegt.
Wir erfahren viel über die Geschichte Kanadas, über die Ureinwohner, die lieber Aboriginals genannt werden wollen, über die Gründe, warum Kanada zweisprachig ist und vieles mehr. Wir sind bis Mittag da und am Ende fühlt es sich an, als hätte sich der Besuch richtig gelohnt.
Nach dem Mittag fahren wir dann weiter nach Shawinigan. Auch der Nachmittag ist noch sehr regnerisch und erst kurz bevor wir ankommen, hört es mit regnen bzw. nieseln auf.