Fire Recordings war für mich persönlich ein Highlight, quasi Geschichte zum Miterleben. Anders kann ich es nicht beschreiben, wenn der Sound initial von einem Typen kommt, der in dem Laden auflegt, wo ich so oft wie möglich hingegangen bin.
electro-space monthly ist eine Serie, bei der es um Musik geht, die mich beeinflusst hat. Dabei können Künstler, Musikstile oder Labels als Themen auftauchen. Inhaltlich geht es selten um Vollständigkeit, sondern nur um den Abriss, der mich bewegt hat.
Außerdem gibt es die Serie auch als Podcast zum Anhören. Dort gibt es neben dem hier stehenden Text noch die Musik, über die geredet wird. Und vielleicht erzähle ich auch noch etwas mehr, wenn mir spontan etwas einfällt.
Fangen wir erst einmal mit den Fakten an. Fire Recordings war ein Sublabel von Low Spirit. Genau dem Low Spirit, wo Marusha, Westbam, Mark’Oh u.v.m. veröffentlichten. Die ersten Releases kamen von Hardsequencer, später kamen Raver’s Nature dazu und dann ging es mit Meteor Seven weiter und weiter.
Aber wie soll ich den Einstieg anders finden, als ein bisschen auf die Musikproduktion Anfang der 1990er einzugehen. Entweder du hattest die Sequencer, Sampler oder Synthies irgendwo zu stehen oder du hast keine Musik gemacht. Es sei denn, du hast am Computer Musik gemacht, dann warst du Chris Hülsbeck. Weil Musik am Computer war entweder in der Demoszene oder bei Computerspielen zu finden. Professionelle Musikproduktion am Computer? Dieser Satz hätte den Leuten 1990 die Tränen in die Augen getrieben – vor Lachen!
Meinen ersten Rechner kaufte ich 1992 für einen Preis irgendwo zwischen 2.500 und 3.000 DM. Lass mein Azubigehalt so irgendwo bei 300DM sein. Da war aber in dem Rechner nichts drin. Sound oder Netzwerk auf dem Mainboard war damals ein Fremdwort. Und für eine Soundkarte hat man mindestens noch weitere 300DM hingelegt.
Wozu jetzt aber die ganze Vorrede? Populär war zu der Zeit der Commodore Amiga. Der konnte Sachen von Haus aus, wo wir PC-Besitzer feuchte Augen bekamen. Unter anderem Mehrkanalton. Etabliert hatte sich dort ein Format etabliert, was kleine Samples – unterschiedlich gepitcht – abspielen konnte. Das Dateiformat sah initial vier Spuren vor und schon mit ca. 200 kByte hatte man ein ordentliches Stück Musik.
Damit wäre der Einstieg zur Fire 101 geschafft. Denn die Frage, die sich alle stellten und keine Ahnung davon hatten – warum klang das Vinyl so räudig? Zum einen war die Qualität der Samples nicht der Hammer und zum anderen hatte keiner auf dem Schirm, dieses Musikformat in irgendeiner Form zu exportieren, damit man sie auf Vinyl oder CD bringen konnte.
Die Fire 101 kam von Hardsequencer, dem DJ aus der Fabrik auf der Hamburger Straße in Dresden. Oder kurz – der Resident DJ. Gerüchten zufolge war das Label eigens für ihn gegründet worden. Denn seine Mischung auf den ersten beiden EPs war ziemlich einzigartig. Hardcore auf der A-Seite und Techno-House mit Breakbeat-Loops, wie ihn Force Mass Motion gemacht hat, auf der B-Seite.
Soweit ich mich erinnern kann, habe ich den ersten Fire-Release direkt in der Fabrik gekauft. Alles weitere dann im Plattenladen in Heidenau. Bis dann eines Abends in der Fabrik ein silber glänzendes Fire-Logo an einem schwarzen Wildlederband an der Bar hing. Haben wollen! Also fragte ich nach. Der Barkeeper wusste nicht, ob er es verkaufen darf, macht sich aber schlau.
Kurze Zeit später unterhielt ich mich mit einem Typen, der im Auftrag von Fire Prototypen fürs Merchandising herstellen sollte. Zehn Stück hätte er gemacht und die wären an Hardsequencer, das Label und andere gegangen. Das eine wäre eigentlich schon jemandem versprochen, aber der hat sich nicht blicken lassen, also könnte ich es bekommen. Für 10DM wechselte das gute Stück seinen Besitzer. Warste natürlich der Held auf Rave-Partys, aber tanzen konnte man nur sehr steif damit, weil es potenziell wie ein Wurfstern um einen kreiste.
Auch die Fire 102 kam von Hardsequencer und trug den Titel Amiga EP. Jetzt sollte auch klar sein, wie es zu diesem Titel kam. Ab der Fire 103 schlug Hardsequencer andere Saiten an. Der Sound wurde massentauglich und klang jetzt nicht mehr nach 4-Kanal-Ton Amiga-Sound.
Ab der Fire Nummer 4 veränderte sich einiges. Das Label holte sich mit Raver’s Nature einen Sound an Bord, der einzigartig für diese Zeit war. Ja, das kann man auch so stehen lassen. Es gab kaum jemanden, der versuchte, diesen Sound zu kopieren. Außer Raver’s Nature selbst, denn ab der Take off! hatte sich das Songkonzept so abgenutzt, dass es nur noch dünn und flach klang.
Damit kommen wir langsam zu den Schattenseiten von Fire. Denn gleichzeitig mit der Vinylausgabe der Fire 104, gab es diesen Release auch auf CD. In dem Zusammenhang muss ich noch ein paar Erkenntnisse aus der Zeit loswerden. Da ich zu dem Zeitpunkt schon ein paar Tracker-Songs fertig hatte, interessierte ich mich auch dafür, wie viel die Produktion von CDs kostet. In einschlägigen Musikmagazinen wurde ich fündig. Offensichtlich führte kein Weg an einem Glas-Master vorbei, das ist die Mutter aller CDs, also das Original. Schon der allein kostete im günstigsten Fall ca. 900DM. Dazu kamen noch ein paar DM pro CD, die Hülle und das Cover, je nachdem wie viele Seiten gedruckt werden sollten. Kurz gesagt, wer unter 1.000 Stück produzieren wollte, hat bei einer Maxi oben drauf gezahlt.
Wie gesagt, verlor der Songaufbau von Raver’s Nature an Tragkraft, bei Hardsequencer bin ich beim Dancing Nations Remix ausgestiegen und bei der ersten Meteor Seven fand ich auch gerade mal die A-Seite gut. Auch oder gerade wegen der Existenz der ganzen Releases auf CD, hatte das Label zu dem Zeitpunkt an Strahlkraft für mich verloren.