Von unserem dreiwöchigen Urlaub bleiben uns zwei Wochen, in denen wir die Bretagne erkunden wollen. Wir einigen uns darauf, erst einmal die Highlights anzusteuern. Damit der Beitrag nicht zu lang wird, geht es im ersten Teil um die Nordküste der Bretagne.
Einleitung
Nachdem wir die erste Woche unseres Urlaub auf Rhodos waren, kommen wir jetzt heim und packen alle notwendigen Sachen in den Bus. Im Frühjahr hatte ich den Bus in der ersten Stufe gedämmt, aber sonst haben wir noch nichts ausgebaut. Deshalb fahren wir mit Basisequipment. Schließlich wollen wir auch etwas die französische Küche genießen.
Sonntag Morgen geht es los. Wir wollen auf der Hinfahrt keinen Zwischenstopp machen, sondern ohne Umwege nach Frankreich fahren. Gegen 11 Uhr haben wir die französische Grenze erreicht und fahren mit gelegentlichem Fahrerwechsel an Paris vorbei nach Fougères. Dort haben wir Glück und erwischen noch einen letzten Platz auf dem Parkplatz direkt am Stadtzentrum.
Wir ziehen uns ein paar Jacken an und wollen eine abendliche Runde drehen. Nach Verlassen des Parkplatzes kommen wir ungefähr 100m weit, als es anfängt in Strömen zu regnen. Wir stellen uns an der Bushaltestelle unter und warten die 10 Minuten, bis der Schauer vorüber ist. Selbst nach dem Regen und mit einsetzender Dämmerung ist diese kleine Stadt wunderschön. Es ist wie in einem historischen Film, es fehlen nur noch die Ritter, die auf ihren Pferden durch die Straßen reiten.
Am nächsten Morgen laufen wir sehr zeitig zur oberen Kirche, um auf die Stadt hinzuschauen. Ende September ist der Sonnenaufgang erst gegen 8 Uhr und wir laufen durch die stillen, dunklen Gassen. Offensichtlich beginnt hier das Leben etwas später.
Mont Saint-Michel
Nach Fougères fahren wir nach Mont Saint-Michel. Der Fluss, der zur Inselstadt führt, bildet die Grenze zwischen Normandie und Bretagne. Mont Saint-Michel selbst gehört noch zur Normandie, aber deswegen daran vorbei zu fahren, wäre eine Schande gewesen. Für mich eins der Ziele, die ich schon seit langer Zeit sehen wollte. Nicht zuletzt, weil sich Richard D. James hier zu dem Track „Mt Saint Michel + Saint Michaels Mount“ inspirieren ließ.
Wir parken auf dem offiziellen Parkplatz, wo man ein Ticket für 24 Stunden ziehen kann. Ziel ist es, dass wir diese 24 Stunden auch voll nutzen. Kurz nachdem wir angekommen sind, laufen wir zur Bushaltestelle und nehmen den kostenlosen Shuttlebus.
Bei Mont Saint-Michel werde ich das erste Mal mit dem Phänomen von Ebbe und Flut konfrontiert. Natürlich habe ich schon einmal Ebbe und Flut erlebt, aber so stark wie hier habe ich sie noch nie gesehen. Deshalb sollte man seinen gesamten Tagesablauf – speziell das Fotografieren – auch etwas danach ausrichten.
Als wir aus dem Bus aussteigen und auf die Stadt zulaufen, bin ich erst mal enttäuscht. Graue Wolken am Himmel. Wir laufen durch die engen Gassen, wo sich die Geschäfte abwechselnd in Kategorien Souvenir, Crepes oder Restaurant einteilen lassen. Ganz oben thront die Kirche, die sehr schlicht gehalten ist. Die Guides treiben ihre Gruppen im Schnelldurchlauf durch die Kirche und scheuen sich dabei nicht, wartende Touristen einfach mit einem Elbow Check aus dem Weg zu befördern.
Zumindest ist die Aussicht auf das weite Wattenmeer beeindruckend. Nachdem wir die Insel verlassen haben, schlage ich vor, dass wir zum Parkplatz zurück laufen. Schon nachdem wir wenige Meter gelaufen sind, kommt das erste Mal die Sonne heraus. Und da ist sie – die Magie. Je weiter wir weg sind, um so mehr lösen sich die Wolken auf und es wird richtig schön.
Gegen 17 Uhr fahren wir noch einmal zur Insel und laufen durch die Gassen. Wir lernen die nächste Lektion – Öffnungszeiten. Cafés und Bars sind ab 17 Uhr geschlossen. Restaurants haben mittags höchstens bis 14.30 Uhr geöffnet und öffnen erst wieder ab 19 Uhr oder später. Eine Lektion, die wir in so mancher Stadt schmerzhaft lernen müssen. Auch hier stehen wir überall vor verschlossenen oder sich schließenden Türen.
Für ein Abendbild stellen wir uns auf den Damm und beobachten wie die Sonne untergeht. Kaum ist die Sonne weg, wird es spürbar kalt. Nicht zuletzt, weil an der Nordküste der Bretagne permanent Wind weht. Das nächste Schauspiel beobachten wir am frühen Morgen. Leider geht die Sonne hinter den Wolken auf, sodass uns nur ein zartes Rosa bleibt.
Erster Menhir
In der Bretagne spürt man permanent die keltischen Ursprünge. Das beginnt schon damit, dass die Bretagne die Triskele als ihr Symbol gewählt hat. Dazu gehören auch Menhire. Nachdem wir den Sonnenaufgang bei Mont Saint-Michel beobachtet haben, packen wir unsere Sachen und fahren weiter. Wir schlängeln uns durch kleine Straßen und bleiben beim Menhir du Champ-Dolent stehen.
Ich bekomme einen Crashkurs. Menhire sind große, einzeln aufgerichtete Steine. Dolmen sind Grabstätten, die aus großen Steinen bestehen, auf denen wiederum Steine als Deckplatten ruhen. Ich bin etwas überrascht, dass Menhire hier mehr oder weniger versteckt sind. Kein Straßenschild weist darauf hin, d.h. wenn man nicht daran vorbei fährt, gibt es sie nicht.
Cancale bis Saint-Malo
Kurz vor dem Mittag erreichen wir Cancale. Es gibt einen Stellplatz vor der Stadt von dem aus man eine wunderbare Sicht hat. Wir bleiben kurz stehen. Danach fahren wir weiter, denn es folgt ein Parkplatz, der optimal geeignet ist, um in die Stadt zu laufen.
Cancale ist die „Hauptstadt“ der Austern in der Bretagne. Deswegen gehen wir zielstrebig zur Spitze, wo mehrere kleine Stände frische Austern anbieten. Wir entscheiden uns für einen Stand. Im Handumdrehen sind 12 Austern geöffnet, auf dem Plastiktablett mit den 12 Mulden platziert und dazu gibt es eine halbe Zitrone. Der Geschmack geht von leicht fischig bis salzig, aber ansonsten kann ich Austern nichts abgewinnen.
Da Austern nicht satt machen, gehen wir noch in ein Restaurant und essen Muscheln. Ich muss zugeben, dass ich von unserem Besuch auf Korsika schon sehr angetan war, wie man in Frankreich Muscheln essen kann. Ganz einfach in Wein und Zwiebeln gekocht, über sehr lecker wie z.B. Roquefort-Sauce, bis hin zu ganz speziell mit Curry.
Das Essen muss natürlich kompensiert werden. Also laufen wir etwas an der Küste entlang. Im Laufe der Zeit nimmt die Ebbe immer mehr zu und die ganzen Bänke mit den Austern werden sichtbar. Viele Traktoren und Menschen tummeln sich zwischen den Bänken. Uns wird bewusst, wie sehr die Menschen hier von Ebbe und Flut abhängig sind. Sie können sich nicht auf einen 9-to-5-Job verlassen, denn der Zyklus von Ebbe und Flut verschiebt sich jeden Tag um einige Minuten.
Wir setzen unsere Reise fort und halten abends am Plage de la Touesse an. Oberhalb des Strandes ist ein kleiner Stellplatz, wo wir uns in unsere Campingstühle setzen und den schönsten Sonnenuntergang unseres Urlaubs beobachten. Es ist ein Farbspiel vom dunkler werdenden Blau des Himmels mit Wolken, die von warmem Gelb über glühendem Orange bis zu einem leichten Violett alle Farbschattierungen zeigen.
Am nächsten Morgen machen wir noch einen kleinen Spaziergang um munter zu werden. Anschließend fahren wir weiter nach Dinard. Wir schauen uns etwas um, um dann nach Saint-Malo zurückzufahren. Zwischendurch halten wir beim Gezeitenkraftwerk an. Hier ist die Tide – der Unterschied zwischen Ebbe und Flut mit ca. 14 Metern am höchsten. Wir sehen wie das Wasser in gigantischen Strudeln Richtung Meer abfließt. Ich bin fasziniert, wie mit Hilfe des Mondes hier Energie gewonnen wird.
In Saint-Malo suchen wir als erstes einen Stellplatz für die Nacht. Wir werden beim Fort d’Alet fündig. Von da aus ist es zwar ein Stück bis ins Stadtzentrum zu laufen. Aber das Wetter ist schön, wenn auch windig. Als erstes laufen wir zielstrebig zu der Straße mit den Restaurants. Es ist fast 14.30 Uhr und wie oben schon beschrieben, stehen wir verschlossenen Türen. Nur ein Restaurant hat noch offen und wir finden gerade noch Platz, da sich jetzt hier alle Touristen einfinden.
Anschließend erkunden wir die Stadt. Da auch Ebbe ist, können wir problemlos zu den vorgelagerten Inseln mit den Forts laufen. Den wohl schönsten Blick auf die Stadt hat man, wenn man die lange Mole zum Leuchtturm vorläuft.
Von Saint-Suliac bis Tregastel
Vielleicht sollte ich noch was zum Frühstücken in der Bretagne sagen. Frühstücken ist etwas problematisch. So einfach, wie man das in Deutschland kennt, ist es hier nicht. Ein Bäcker, der auch Kaffee zum Mitnehmen hat – Fehlanzeige! Bäcker haben zwar früh schon offen, aber Kaffee gibt es nur in Bars. D.h. wir kommen meistens erst gegen 10 Uhr zum Frühstück, was ziemlich spät ist und deshalb zum Konflikt mit den schließenden Restaurants führt.
Zum Glück finden wir in Saint-Malo eine Bar, die schon früh geöffnet hat und uns einen Kaffee macht. So setzen wir uns ans Meer und frühstücken. Anschließend geht es zurück zum Campingplatz. Wir packen zusammen und fahren weiter nach Saint-Suliac.
Saint-Suliac ist ein kleines Dorf, was ich als typisch bretonisch bezeichnen würde. Wir sind ganz allein und können das Dorf in aller Ruhe entdecken. Nächste Station ist Dinan. Wir haben Pech und es ist gerade Markt. Die Innenstadt ist überfüllt und es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis wir durch die Stadt durchgefahren sind. Wir stellen den Bus unten am Fluss am Fuß der Brücke ab und suchen uns zuerst bei den vielen Restaurants am Fluss was zum Essen aus.
Anschließend laufen wir hoch und erkunden die alte Stadt. Der Markt ist vorbei und dementsprechend ist nicht mehr so viel los. Die Häuser sind uralt, schief und bei manchen wundert man sich, wie sie überhaupt noch halten. Hier sind erstaunlich viele Künstler in den alten Häusern und wir fragen uns, wie kosten- und zeitaufwändig die Instandsetzung eines solchen Hauses ist.
Finales Ziel für den heutigen Tag ist Cap Fréhel. Wir stellen unseren Bus auf dem Parkplatz ab und laufen an der der Steilküste entlang zum Leuchtturm. Im Laufe des Tages sind jede Menge Wolken aufgezogen und durch die fehlende Sonne ist es kalt. Als wir am Leuchtturm vorbei sind und das Cap umrundet haben, entschließen wir uns ein Stück den Weg weiter zu gehen, damit wir noch etwas Bewegung haben.
Das sollte sich als glücklicher Umstand erweisen, denn für ungefähr 10 Minuten kommt noch einmal die Sonne heraus und scheint auf die Spitze von Cap Fréhel. Man sieht etliche Leute unseren Weg einschlagen, aber als sie ankommen, ist die Sonne schon wieder hinter den Wolken verschwunden.
Zur Übernachtung stellen wir uns auf den Parkplatz, der kurz vor Plévenon ist. Wir haben uns im Supermarkt mit Essen eingedeckt und machen heute Picknick neben dem Bus. Leider ist hier nichts anzusehen, sodass wir uns schnell in den Bus verkriechen und sehr zeitig schlafen gehen.
Dementsprechend früh sind wir am nächsten Morgen munter, laufen zum Bäcker im Dorf, der überraschenderweise auch Kaffee hat. Wir laufen zurück zum Bus und fahren erst einmal los. Erster Halt ist Lanleff. Dort steht eine romanische Kirche aus dem 11. Jahrhundert bzw. was davon übrig ist. Nicht wirklich sehenswert aber immerhin gibt es hier auch eine Beschreibung in deutscher Sprache.
Auch der nächste Ort, den wir ansteuern, kann auch nicht mit Schönheit überzeugen. Tréguier erinnert doch mehr an eine normale mitteleuropäische Stadt. Außerdem suchen wir hier vergeblich nach einem Platz, wo wir Mittag essen können.
Nachdem der Vormittag wenig Überraschungen bereit hält, gestaltet sich der Nachmittag doch besser. Le Gouffre ist ein kleiner Vorgeschmack auf das, was uns später erwartet. Das eingeklemmte Haus zwischen den zwei Felsen sieht spektakulär aus. Da aber Ebbe ist, liegen die Felsen ziemlich blank und auch die fehlende Sonne lässt etwas vermissen.
Dafür entschließt sich die Sonne noch zu einem kurzen Schauspiel, als wir in Trégastel angekommen. Zuerst stellen wir den Bus auf dem Campingplatz an der D788 an der Brücke ab. Anschließend nehmen wir den Weg über die Brücke und laufen den Fußweg Richtung Phare de Ploumanac’h. Absolute Überraschung ist, als genau wie am Vortag, die Sonne noch mal rauskommt und die rötlichen Granitsteine anstrahlt.
Am nächsten Morgen wollen wir noch die zweite Wanderung machen, aber es ist so dichter Nebel, dass wir gegen 9 Uhr das Warten aufgeben und weiterfahren. Es gibt hier in der Nähe zwei historische Stätten zu besuchen. Zum einen Dolmen de Kerguntuil. Auch hier muss man wissen, wonach man sucht, da man diese Stätte sonst nicht findet. Dieses Dolmen ist das erste seiner Art, was ich sehe.
Als nächstes kommt noch der Menhir von Saint-Uzec. Dieser Menhir ist nicht nur durch seine Größe beeindruckend, sondern zeigt auch christliche Symbole, die in den Fels eingraviert wurden. Ein stiller Zeitzeuge für die fortschreitende Christianisierung der Bretagne.