Heute soll es um Rave gehen. In meinem Beitrag über den Deppentechno habe ich das Thema schon gestreift, weil Rave ziemlich auf Kuschelkurs mit dem Deppentechno geht.
Jeden Beitrag gibt es auch als Podcast, der etwas umfangreicher als der Eintrag auf dem Blog ist. Untermalt wird das natürlich von der Musik, über die ich hier erzähle.
Das hat aber eher mit seiner Geschichte zu tun. Ähnlich wie das Internet zur Jahrtausendwende, wurde die Musikproduktion durch elektronische Musik und erschwingliche PCs einer großen Masse Mitte der 1990er zugänglich. Und viele, die sich berufen fühlten, begannen Musik zu machen und nur wenige, die Ahnung von Musik hatten, machten elektronische Musik.
Nachdem in den frühen 1990ern viel auf Vinyl erschien und nur einige wenige Compilations auf CD rauskamen, änderte sich das, als Labels wie beispielsweise Low Spirit ihre Maxi-CDs auf dem Markt warfen und damit eine breite Masse ansprachen.
Plötzlich waren alle der Meinung, dass sie genug Ahnung hatten, Musik zu machen. Und wenn kein Label den eigenen Kram veröffentlichen wollte, gründete man kurzerhand selber eins. So schossen unglaublich viele Labels aus dem Boden, teilweise mit einer grottenschlechten Qualität, weil dahinter der eigene PC stand ohne professionelles Mastering.
Und wo befand sich der Rave musikalisch? Rave war das Adoptivkind von Hardcore/Gabber und Trance. Also harter Bassdrum, schneller als Trance und langsamer als Hardcore/Gabber mit Trancemelodien. Gleichzeitig musste noch ein langer Break rein, um die euphorische Hookline zu etablieren.
Und damit habe ich auch gleich mal festgelegt, was für mich Rave ausmacht. Natürlich verschwimmen die Grenzen jeweils in die eine oder andere Richtung. Ist z.B. NIP Collectives „I’m about“ noch Hardcore oder schon Rave? Ist Meteor Sevens „Signs of Life“ noch Trance oder schon Rave?
Eigentlich bereue ich relativ viel, was ich in der Zeit damals gekauft habe. Es war für mich eigentlich die Zeit, wo ich viele Compilations gekauft habe. Ich wusste, dass mein Musikgeschmack nicht überragend ist, aber ich wollte ziemlich viel davon hören. Und im Plattenladen habe ich deshalb alles mitgenommen, was mir irgendwie ansatzweise gefiel. Nachfragen wollte ich nicht, weil die Inhaber doch eher „ordentliche“ Musik gehört haben und einen eher müde belächelten, wenn man nach Rave fragte.
Wenn mich jemand fragen würde, was ein Beispiel für diesen schlechten Geschmack ist, dann sind es für mich die United Raver Records. Ich hatte die Code #1 bis #5. Manche, wie z.B. die #3 hatten eine Qualität, die ich nach heutigen Maßstäben als annehmbar hinnehmen würde.
Wie ich jetzt schon beschrieben habe, war ich damals ziemlich anhänglich, was Rave anging. Wie man an meiner musikalischen Historie merkt, bin ich irgendwann Mitte der 1990er komplett aus dem Ravezeug raus. Das hatte irgendwo an der Stelle angefangen, wo Marusha mit „Somewhere over the rainbow“ rauskam. Aber ich glaube, der endgültige Rausschmeißer war dann Mark’Oh.
Ich bin der Meinung, dass an der Stelle viele mit dem Kopf geschüttelt haben und sich anderweitig umgesehen haben. Ich hatte das Gefühl mit einem Schlag wollte keiner mehr Hardcore / Trance und Rave hören. Statt dessen zündete House und Minimal. Das war ein weiterer Grund, weswegen ich dann mehr in die IDM-Richtung gegangen bin.
Wobei ich jetzt den Rave nicht schlecht reden will. Gerade Raver’s Nature haben eigentlich immer einen guten Sound abgeliefert. Und hört man sich die alten Scheiben an, die sie damals auf Bash Records veröffentlicht haben, dann sind sie sich letztendlich auch selbst treu geblieben. Natürlich war das Schema nach 3 EPs komplett durchsichtig und spätestens bei „Take Off!“ tat es einfach nur noch weh.
Aber so richtig habe ich nicht verstanden, warum bei manchen Künstlern ein richtiger Verfall einsetzte. Ich denke dabei nur an Hardsequenzer, dessen beiden ersten EPs legendär waren. Zum Teil weil die Mischung aus Hardcore (A-Seite) und Breakbeats (B-Seite) unglaublich wirkte. Mit der Move Fast EP schaltete er dann auf Rave um, blieb aber trotzdem dem alten Sound treu. Und dann kam die Dancing Nations und ehrlich gesagt war es so beliebig, dass ich gezweifelt habe, ob er noch wirklich für die Platte verantwortlich ist.