Die Hafenanlage von Carnival heißt hier Costa Maya. Hier können die Kreuzfahrer mit dressierten Delphinen schwimmen oder shoppen. Hinter Costa Maya befindet sich der Ort Mahahual. Von dort aus starten die Touren, die wie in unserem Fall zur Anlage Chacchoben führen. Unsere Tour hatten wir bei Native Choice gebucht.
Es war gut, dass wir die Tour vorab gebucht hatten. Nur so bekamen wir in der Bestätigungs-E-Mail eine Anleitung, wie wir vom Hafen zum Büro von The Native Choice kommen. Das Tourbüro ist sehr modern und gut organisiert. Die Agentur wartet bis ausreichend Leute für einen Minibus zusammengekommen sind, dann erhalten alle Teilnehmer ein farbiges Armband und schon geht es los. Edder war unser Guide und wir waren seine „Orange Group“. Die Fahrt von Mahahual nach Chacchoben dauert ungefähr eine Stunde. Zu 95% geht die Strecke nur gerade aus. Zwischendrin kommt eine winzige Biegung und eine Kreuzung.
Auf dem Weg dahin unterhielt uns Edder mit jeder Menge Geschichte zu den Maya. Es hatte immer einen Ordner dabei, um uns Beispiele für Gebäude bzw. Skizzen zu zeigen. Als wir ankamen, standen schon drei große Tourbusse von AIDA da und wir ahnten Schlimmes. Edder führte uns zum ersten Tempel und erklärte uns erstmal das Prinzip der Mayapyramiden. Er ließ seine erste Erklärung ziemlich lang ausfallen, sodass alle Touristen außer uns schon weg waren und wir in Ruhe Bilder machen konnten.
Das Prinzip war mir komplett unbekannt. Zuerst wurde ebenerdig eine Steinfläche gebaut und darauf ein Tempel errichtet. Nach 52 Jahren wurde aber der bisherige Tempel nicht abgerissen, sondern ein Neuer darauf errichtet. D.h. es entstand eine Steinfläche in Höhe des ersten Tempelgebäudes und darauf wurde der nächste Tempel gesetzt. Und immer so weiter, sodass diese stufenförmige Struktur entstand. Am Beispiel der großen Pyramide von Tikal in Guatemala sieht man noch, wie das Gebäude an der Spitze aussah. Ansonsten wurden die Steine von den Spaniern genommen, um ihre Häuser zu errichten.
Edder erklärte uns weiter, dass Archäologen bisher nur die Tempel freigelegt haben, weil diese besonders publikumswirksam sind. Es gibt aber noch jede Menge anderer Gebäude zu entdecken. Als Beispiel zeigte er uns einen Hügel, der komplett von Farnen und Bäumen zugewachsen war. Edder meinte, es wäre hier komplettes Flachland und damit würde jeder Hügel, sei er noch so bewachsen, ein antikes Gebäude sein. Damit veranschaulichte er, welche Mühe es kostet, die Gebäude freizulegen und wiederherzustellen. Denn im Laufe der Jahrhunderte haben sich die Wurzeln der Bäume einen Weg zwischen die Steine gebahnt und somit die Struktur des Gebäudes völlig auseinander gesprengt.
Um diesen Eindruck zu verstärken, war in Chacchoben viele Stellen halbwegs ursprünglich belassen, was an die Anlage von Angkor in Kambodscha erinnert. Zwischendrin trafen wir immer mal wieder andere Gruppen, aber ansonsten waren wir sehr ungestört. Auf einem Lageplan zu Beginn hatte uns Edder den Grundriss von Chacchoben gezeigt. Es gab eine große Fläche, auf der sich der erste Tempel und diverse Nebengebäude befanden und dann noch den Tempel zur Anbetung von Sonne und Mond. Beide waren relativ klein eingezeichnet.
Edder wusste den Effekt geschickt zu nutzen, als er uns die Treppe mit den Worten „am Ende der Treppe werdet ihr sehen, was damals nur die Elite sehen durfte“ hinauf schickte. Es eröffnete sich eine freie Fläche auf der der imposante Tempel für die Sonne stand. Etwas abseits davon der Tempel des Mondes, der teilweise mit einem Schilfdach bedeckt war. Unter diesem Schilfdach konnten wir Teile des ursprünglichen Putzes der Tempel sehen.
Während Edder uns etwas zum Leben der Maya in Chacchoben erzählte, schaute er immer wieder auf den Boden. Irgendwann bat er den Fahrer, er sollte sich doch auch mal nach „Maya trash“ umsehen. Wir waren verdutzt. Was war das? Wenige Sekunden später brachte der Fahrer ein kleines Stück, das ursprünglich mal Teil eines Tellers gewesen sein musste und mit etwas Fantasie in Ton geritzte Figuren darstellte. Sowas liegt hier einfach so rum? Ja, solange es keine bestimmte Größe erreicht oder nicht als essenziell erachtet wird, liegt jede Menge von dem Maya trash herum.
Abschließend gab es noch eine kurze Erklärung zum Zahlensystem der Maya. Während unsere Zählweise von 10 Fingern bestimmt ist, gingen die Maya vermutlich von 10 Fingern und 10 Zehen aus und haben 20 als Basis. Zum darstellen nutzten sie drei Symbole: die Schale (0), den Punkt (1) und den Strich (5). Somit waren die Maya die ersten, welche die 0 – das Nichts – als Zahl benutzten. Die Potenzen wurden in Blöcken übereinander geschrieben.
Wir kamen natürlich nicht um die Rolle der Spanier beim Untergang der Maya-Kultur herum. Früher gab es tausende von Schriftrollen, die das Leben und die Beobachtungen der Maya zusammenfassten. Größtenteils wurden diese Rollen im Auftrag von Diego de Landa verbrannt, sodass es momentan nur noch vier Rollen (Codices) gibt, die einen klitzekleinen Aufschluss über das Leben der Maya geben.
Nach so viel Historie war es an der Zeit, den Heimweg anzutreten. Auf dem Rückweg kamen wir wieder in dem Dorf vorbei, dass Edder als Ananasdorf bezeichnete. Überall am Straßenrand standen Stände mit Ananas zum Preis von 50 Pesos für 4 oder 3 Stück (je nach Qualität). Er empfahl uns eine aufgeschnittene Ananas mit Habanero-Pulver. Das mussten wir unbedingt probieren. Vorsichtig dosiert, machte sich neben der Süße im Mund eine wohlige Wärme breit, im Gegensatz zum scharfen Brennen. Auf dem Heimweg fing es dann an aus Kannen zu gießen. Dazu kam noch der stürmische Wind, der schon den ganzen Tag herrschte. So kamen wir komplett durchnässt auf dem Schiff an, zogen uns um, setzten uns in ein Café und suchen ein paar Gesellschaftsspiele heraus.