Vor ein paar Wochen veröffentlichte Adobe Lightroom 5. Da Adobe im Gegensatz zu manch anderen Softwareherstellern ihre Kunden also solche behandelt und nicht gleich wie potenzielle Verbrecher in Ketten von Regeln legt, entschloss ich mich meine alte Version Lightroom 3 auf die Version 5 anzuheben. Kostet das gleiche wie ein Upgrade von Version 4 und ist mit knapp über 70 Euro nun wirklich nicht teuer. Außerdem versprachen neue Features wie das automatische Beseitigen von stürzenden Linien ein Hilfsmittel, dass ich mir doch gern gewünscht habe. Ganz nebenbei: Wer einen genaueren Blick auf die AGBs geworfen hat, wird feststellen, dass Adobe erlaubt, eine zweite Installation der gekauften Lightroom-Version auf einem portablen Rechner zu betreiben. Perfekt!
Die Installation geht spielend leicht von der Hand. Etwas lästig ist das Upgraden auf den neuen Entwicklungsprozess. Ich habe alle meine Bilder jeweils nach Jahren sortiert in einzelnen Katalogen. Also… Öffnen, Prozess umstellen, Warten, Schließen, alten Katalog löschen. Aber das ist etwas, was man nebenbei machen kann. Auf jeden Fall sollte man den Hinweis ernst nehmen, dass die Bilder durch den neuen Prozess etwas bis gravierend anders aussehen können. Aber beim Großteil meiner Bilder sah ich keine große Änderung. Danach konnte es schon losgehen. Die Regler für Helligkeit, Aufhellen von dunklen Flächen usw. wurden umbenannt und wie ich finde, sinnvoll angeordnet. Man braucht ca. 10 Bilder bis man verstanden hat, was welcher Regler verspricht und schon geht das Entwickeln leicht von der Hand.
Wer sich etwas schwer damit tut, hier eine grobe Beschreibung, wie ich die Regler verstehe:
- Lichter: Helligkeitsregler für helle Stellen, z.B. Himmel, Wolken usw. – Wenn man den Himmel zu hell belichtet hat und die Helligkeit etwas dämpfen will
- Tiefen: Helligkeitsregler für dunkle Stellen, z.B. Schatten – Wenn man Details im Schatten hervorheben möchte
- Weiß: Kontrastregler für helle Stellen – z.B. Wenn man den Kontrast Himmel – Wolke hervorheben will
- Schwarz: Kontrastregler für dunkle Stellen – z.B. Wenn man den Kontrast zwischen Büschen und Erde hervorheben will
Aber nicht alles ist rosig an der neuen Version. Meine alte Version 3 war schon nach 100 Bildern bei einer Speicherbelastung von 500MB. Das zwang ein kleines Netbook schon ordentlich in die Knie und machte weitere Bearbeitungen unmöglich. Mit der neuen Version wird richtig zugelangt – Mal eben ein paar Bilder exportieren und schon sind 2 GB Speicher belegt. Aber das ist das geringste der Probleme. Mit 4 GB an meinem Hauptrechner ist das noch ordentlich Luft im Hauptspeicher. Nur hab ich jetzt Bedenken, Lightroom auf meinem Netbook zu installieren.
Weitere wunde Punkte sind der automatische Weißabgleich und die automatische Tonwertkontrolle. Je nachdem, wo die Bilder gemacht wurden, war ich mit Version 3 nach zwei Klicks mit der Bildbearbeitung fertig. Automatischer Weißabgleich – automatische Tonwertkontrolle – Fertig! Zur Zeit sitze ich an 1.600 Bildern, die während unseres Urlaubs im Westen der USA gemacht wurden. Hier hab ich eine Quote von 80% beim automatischen Weißabgleich, dass Lightroom damit richtig liegt. Sonnenaufgang im Bryce Canyon scheint Lightroom 5 überhaupt nicht zu liegen. Hier bekommen die ocker- bis rötlichen Felsen einen satten Blaustich. Die Farbtemperatur liegt hier zwischen 2.800 – 3.600 K statt bei 5.000 – 5.500 K. Aber da hatte schon die alte Version ihre Schwächen.
Wo sich aber die neue Version definitiv vergreift, ist die automatische Tonwertkorrektur. Hier gehen 90% der Bilder daneben und werden viel zu hell. Und um ehrlich zu sein: Wer seine Bilder so fotografiert, dass er 5 Blenden daneben liegt, sollte an seiner Technik (ich meine hier sowohl Hardware, als auch Können!) arbeiten. Ich denke, hier sollte Lightroom etwas Vertrauen in die eingesetzte Technik haben, denn ein Bereich von +/-2,5 Blenden reicht völlig aus. Dazu kommt, dass der Weißregler auf ca. +30 und der Schwarzregler auf -30 gesetzt. Damit wird aus aus einer Bergkette mit blauem Himmel und grünen Büschen, ein blassbergiges Bild mit weißem Himmel und grauen Büschen.
Natürlich musste ich mich auch an der automatischen Korrektur der stürzenden Linien probieren. Die automatische Korrektur von Lightroom korrigiert ja nicht nur stürzende Linien, sondern auch leichte Drehungen. Als das Feature angekündigt wurde, sah ich neugierig nach und stellte zu meiner Überraschung fest, dass eine manuelle Korrektur bereits in Version 3 möglich war. Gut versteckt konnte man unter den Objektivkorrekturen –> manuell bereits vertikale Korrekturen vornehmen. Das Drehen des Bildes kannte ich von je her, da ich ab und zu um 1-2° schief liege. Mit der neuen Version leistet Lightroom einen guten Job. Wer aber im Grenzbereich arbeitet und riskiert, dass Häuserspitzen verschwinden, dem empfehle ich die Korrekturen von Hand vorzunehmen, da der Verschnitt bei der automatischen Korrektur doch ziemlich heftig ist.
Fazit: Nach wie vor ist Lightroom für mich die Nummer 1, wenn es um Nachbearbeitung von RAW-Bildern geht. Jedoch hoffe ich, dass der Speicherhunger durch ein baldiges Update gestillt wird. Auch eine funktionierende Automatik würde mir Stunden an Arbeit ersparen. Eigentlich will ich ja nur besondere Bilder nachbearbeiten und nicht jedes einzelne anfassen, auch wenn die Nachbearbeitung dank der neuen Regler schnell getan ist. Kleines Rechenbeispiel: Modulwechsel 2 Sekunden + 15 Sekunden Nachbearbeitung ergeben bei 1.600 Bildern 7,5 Stunden Extraaufwand! Und wenn ich schon mal die Wunschliste anreiße: Die „Synchronisierung“ zwischen den Bilder ist wohl das überflüssigste Feature. Statt dessen hätte ich gerne Presets, die ich auf Bilder anwenden kann.
Nachtrag 06.10.2013:
Vor ca. 2 Wochen ist das Update für Lightroom 5.2 veröffentlicht worden. Wie mir scheint, wurde der Speicherhunger etwas eingedämmt. Außerdem muss ich meine vorlaute Forderung nach Presets zurücknehmen. Sowas gibt es bereits und wenn man weiß, wie es funktioniert, kann man seinen Entwicklungsprozess enorm beschleunigen. Aber mit enorm beschleunigen meine ich auch nur soweit, wie es eine funktionierende automatische Tonwertkontrolle nicht besser machen würde. Also mach ich mal eine Liste auf und beobachte, was sich in den nächsten Versionen so tut…
- Funktionierender automatischer Weißabgleich / automatische Tonwertkontrolle (in LR3 hat das besser funktioniert)
- gesetzte Filter beim Beenden speichern (Ich setze einen Filter auf unbearbeitete Bilder (markiert/nicht markiert) und beim nächsten Start stehe ich zwar noch auf meinem letzten Bild, dass ich bearbeitet habe, der Filter ist aber vergessen)
- Parallelisierung des Exports (Windows verteilt die Prozessorlast zwar schön auf meine vier Kerne, aber am Sägezahnmuster des Speicherverbrauchs sehe ich – da wird nur ein Bild exportiert)
Nachtrag 03.11.2014:
Da die automatische Tonwertkorrektur und der automatische Weißabgleich auch in Lightroom 5.6 immer noch genauso schlecht funktionieren, habe ich einen Beitrag geschrieben, wie man sich behelfen kann. Mit der neuen Bearbeitungsmethode bin ich zwar im ersten Schritt etwas langsamer, erspare mir ein zweites Korrigieren der Bilder für die Großzahl meiner Bilder.