Unser Domizil war ungefähr 300-400m vom Tahrirplatz in Kairo entfernt. Lief man über den Platz sah man ein Lächeln in den Augen derer, die freundlich „Welcome to Egypt!“ riefen und ihre Fahnen schwenkten. Ein Teil des Lächeln war nicht nur die Freude über die Veränderung, sondern auch die Freunde – sie kommen wieder, die Touristen.
Aber die Revolution hat in manchen Köpfen noch nicht stattgefunden. Da wird kurz nach 16 Uhr die Besichtigung beendet, obwohl das Gelände bis 17 Uhr offen hat. Und so bekommen die Besucher (auch einheimische Touristen) gleich gesagt: Wir arbeiten hier, aber nicht mehr als nötig. Würde man so manches Verhalten nach Europa transponieren, gäbe das ein ziemlich befremdliches Bild.
Käme man in die Dresdner Gemäldegalerie, würden die Wächter z.B. nicht eine Uniform tragen, sondern Jeans und T-Shirt (gern auch schon ein paar Tage alt). Zum Hinsetzen würde eine letzte Ausgabe der Sächsischen Zeitung reichen. Touristisch aussehenden Besuchern würde der Wächter dann hinterher laufen und Informationen geben, die man auf keinen Fall von anderen Quellen bekommen könnte („This painting – Rafael, great painter!“). Sollte man sich dennoch resistent gegen diese Hinweise sträuben, kann man vorgelesene Auszüge aus Reiseführern mit volkstümlichen Gesängen übertönen („Sing mei Sachse, sing!“) und dazu rhythmisch auf dem Rahmen der Sixtinischen Madonna mittrommeln.
Wäre man diesem Schreckensbild entkommen, würde man sich auf dem Dresdner Weihnachtsmarkt wiederfinden. Der wäre nicht mehr nach Ständen aufgeteilt, sondern würde aus fliegenden Händlern bestehen, die einem Pyramiden unter die Nase halten „Ey man, look! Good quality!“ Manchmal ist es schon gut, so wie es ist…
Die ersten Tage verbrachten wir in Kairo, schauten uns diverse Moscheen an, sind aber nicht ins islamische Viertel gefahren. Eine große Enttäuschung war das Ägyptische Museum. Ich war auf jede Menge altägyptische Schätze eingestellt, aber das Museum gleicht eher einem Lager. Auf den großen Statuen liegt eine dicke Staubschicht und viele Exponate stehen unbeschriftet in morschen Holzvitrinen. Trotzdem ist es überwältigend Auge in Auge mit der Maske von Tutenchamun gegenüber zu stehen.
Auf Empfehlung des Hotels entdeckten wir Kushary für uns. Eine Mischung aus Linsen, Reis und verschiedenen Nudeln, die mit einer Tomatensauce übergossen werden. Sehr empfehlenswert und auch auf die Dauer nicht langweilig.
Man muss zu Kairo eins sagen – es ist eine gigantische Großstadt mit jeder Menge Staus, viel Hupen und natürlich auch viel Dreck. Aber im Vergleich zu den Vororten, wo man bei der Bewässerung nur erkennt, dass es ein Gewässer ist, weil sich eine frei bewegliche Schicht aus Mülltüten, Plastikflaschen und Algen ganz oben befindet. Der Straßenverkehr ist durch eine flexible Aufteilung der Spuren gekennzeichnet, aus vier Spuren werden ganz schnell sieben. Und sich selbstständig in der Stadt zurechtzufinden, kann bisweilen schwer fallen.
Sicherheitstechnisch hatten wir keine Bedenken. Wir erkundigten uns immer im Hostel, ob die Situation sicher an den Stellen ist, aber das war sie. Auch wenn doch einige Besucherbusse vor den Pyramiden waren, kamen wir überall schnell rein und es wirkte nicht überfüllt, lediglich das Klima war gewöhnungsbedürftig. Bei über 30°C wird ein Rucksack schnell zur Last und eine Flasche Wasser leert sich schneller als gewohnt.
Noch ein Wort zu den Pyramiden von Gizeh: Charme war dort definitiv nicht mehr. Ich hatte mir gigantische Bauten im Sand vorgestellt und bekam gigantische Bauten an einer Straße. Besser waren da schon eher die Pyramiden von Dashur und Saqqara. Zwar auch an einer Straße gelegen, aber nicht so sehr mit einem großtouristischen Brimborium umgeben.