Keine Vorstellung eines neuen Verstärkers, kein Frequenzgang für einen Kopfhörer – nein, eine kleine Sensation für die Welt der Physik diese Woche. Der alte Tevatron der Fermilabs sorgte für Aufsehen, als am Mittwoch Wissenschaftler dieses Bild veröffentlichten.
Bei einer routinemäßigen Kollision von Protonen und Antiprotonen kamen die Wissenschaftler zu folgender Entdeckung: Es entstanden zwei Ströme leichter Teilchen und ein schweres Teilchen, und das 250 mal häufiger, wie angenommen. Um es im Diagramm zu erklären:
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Rote Linie = Das Standardmodell der Physik
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Schraffierte Linie = Abweichungen innerhalb der Messungen
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Blaue Linie = Die Messungen des Tevatron
Natürlich ist der gemeine Physik skeptisch, was seine Entdeckungen angeht und rechnet gern nach. In diversen Artikeln wird es unterschiedlich erläutert, aber die folgende Erklärung hat mir am besten gefallen:
Man stelle sich ein Zugunglück mit zwei aufeinander prallenden Frachtzügen vor. Neben den Explosionen und dem Feuer findet man auch Autos, wie VW’s, Opels und Audis. Worauf die Wissenschaftler aber wirklich scharf sind, ist die Entdeckung von Ferraris oder anderen Sportwagen. Aber die Ferraris lassen sich nun mal nicht leicht entdecken und deswegen muss man mehr als einmal Züge kollidieren lassen, um sich sicher zu sein, dass es den Ferrari wirklich gibt.
Meine eigene Interpretation wäre: Stellt euch vor, ihr steht im Regen und müsst Wasser auffangen, dass aus der Dachrinne läuft. Wenn ihr das einen Nachmittag gemacht habt, wisst ihr, wieviel aus der Dachrinne kam und vielleicht auch wieviel durch den Regen in den Messbecher gekommen ist. Das machen alle Nachbarn in der ganzen Straße. Schon hat man ein Standardmodell. Natürlich gibt es Abweichungen, weil der eine ein größeres Dach hat und bei dem anderen Löcher in der Dachrinne sind. Aber im Groben stimmt es überein. Doch an einem Nachmittag messt ihr an eurer Dachrinne außergewöhnlich viel mehr Regen, als beim letzten Mal. Zufall? Vielleicht – vielleicht auch nicht, wenn euer Haus demnächst abgerissen werden soll. Denn das Schicksal steht dem Tevatron bevor – es wurde von Regierungsseite verkündet, dass der Tevatron auf Grund seines Alters außer Dienst gehen soll.
Man kann mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:1375 ausschließen, dass es eine Schwankung ist, was einer Standardabweichung von 3 Sigma entspricht. In der Welt der Teilchenphysik spricht man aber erst von einer Entdeckung, wenn 5 Sigma erreicht sind. Am LHC arbeitet man jetzt schon mit Energien, die 3 mal höher sind, als im Tevatron, d.h. das Signal müsst dort noch wesentlich deutlicher ausfallen. Natürlich wurde nie darauf geachtet, d.h. die Daten sind diesbezüglich noch garnicht ausgewertet worden. Und bevor man das Standardmodell der Physik über den Haufen wirft, zieht man sogar in Erwägung, dass Fehler in bei der Subtraktion des Hintergrundrauschens vorhanden sind (was auf das Regenbeispiel bezogen, der Regen wäre, der neben dem Wasser aus der Dachrinne in das Messgefäß fällt).