Kurz nach unserem Urlaub packte mich die Lust, endlich mal wieder einen SF-Roman zu lesen. Ich hatte schon eine ganze Weile „Replay – Das zweite Spiel“ von Ken Grimwood bei mir zu liegen. Es ist bei Heyne als Klassiker wiederveröffentlicht worden und somit inhaltlich nicht der neuste Text. Für diejenigen, die wissen möchten, worum es sich in dem Buch handelt: Der Protagonist Jeff Winston stirb am 18.10.1988 und wird zurück ins Jahr 1963 zurückversetzt und er bekommt in der Tat eine zweite Chance. Wen der Gedanke reizt, sollte jetzt aufhören zu lesen, wer mehr wissen möchte, darf weiter neugierig sein.
Mal ganz ehrlich – angenommen heute Abend geht euer Licht aus und ihr wärt nochmal 25 Jahre jünger, was würdest ihr mit eurem Leben anfangen? Jeff nutzt sein Wissen über die kommende Zukunft, setzt Wetten auf Spiele und Rennen, kauft geschickt Aktien und wird dabei steinreich. Er versucht sich auch minimal am Ändern des Laufes der Geschichte, indem er den vermeintlichen Kennedy-Attentäter vorher anschwärzt. Hat aber keinen Erfolg, es war halt ein anderer. Jeff’s Privatleben ist nicht mehr das, was er aus der ersten Version kennt. Seine Frau aus dem ersten Leben zeigt ihm die kalte Schulter, dafür finden sich andere Frauen. 25 Jahre gehen ins Land und das unvermeidliche naht – es ist wieder der 18. Oktober ’88 als er stirbt.
Geld zu haben ist eine schöne Idee, bietet aber wenig Befriedigung und zum Wohlfühlen ist es auch nicht geeignet. Jeff findet sich wieder im Jahre 1963 wieder, nur etwas später, zusammen mit seiner damaligen Jugendliebe Judy. Er nutzt die Chance und verbringt ein ganzes Leben mit ihr – natürlich mit dem nötigen finanziellen Hintergrund – und hat mit ihr eine bezaubernde Tochter, als wieder der 18.10. naht. Das Ende ist unausweichlich und in der dritten Version trägt er die Last des Verlustes seiner Tochter. Mehrere Millionen schwer wohnt er einsam in den Bergen und führt das Leben eines Eremiten, völlig autark. Bis er eines Tages seine Vorräte auffüllen möchte und auf einen Film hingewiesen wird, welcher der erfolgreichste aller Zeiten ist, den er aber nicht kennt.
Bewaffnet mit seinen Millionen besteht er darauf, die Produzentin Pamela kennen zu lernen und wirft ihr direkt und unverblümt Filmtitel um die Ohren, die noch garnicht gedreht worden und bemerkt an ihrem Entsetzen – sie durchlebt das Gleiche wie er. An diesem Punkt beginnt ein wenig die Handlung Hollywood-Blockbuster-Charakter anzunehmen, denn es steht fest – egal wie oft beide wiederholen – sie werden sich wiederfinden. Während sie sich in der dritten Wiederholung kennen lernen, verlieben sich beide in der vierten Version in einander und stellen dabei fest, dass sie immer später in ihre alten Leben zurückfinden.
In der fünften Wiederholung wollen sie alles ändern, sie treten an die Öffentlichkeit und wollen wissen, warum das immer und immer wieder passiert. Natürlich werden sie von der Wissenschaft als Spinner behandelt, nur die Regierung der USA nutzt ihr Wissen, um am Rad der Geschichte zu drehen, was fast dazu führt, dass sie einen neuen Weltkrieg anzetteln. Durch diesen Zwist trennen sich ihre Wege, führen aber wieder in der sechsten Wiederholung zusammen. Mittlerweile treten sie beide wieder so spät in ihr Leben, dass sie vermuten, dass dies ihre letzte Wiederholung ist und beide machen sich ein wunderbares Leben, da sie nicht wissen, wie es ausgeht.
Jeff betritt die siebente Wiederholung wie so oft vor Pamela. Er gerät mitten in einen Streit mit seiner Frau und nutzt die Gelegenheit, um sich zu trennen. Er sucht die Nähe von Pamela, die noch nicht wieder zurückgekehrt ist und schafft es tatsächlich, eine Beziehung zu ihr aufzubauen, obwohl sie nicht weiß, wer er „wirklich“ ist. Als sie kurz vor ihrem Tod wieder zurückkehrt, während sie gerade in seinen Armen liegt, erschrickt sie und fühlt sich ausgenutzt. Sie trennen sich, sterben wieder, treten wieder auf und durchbrechen ihre magische Grenze, finden sich zusammen und auf einmal steht das Unfassbare vor ihnen – die Zukunft, die sie nicht kennen.
Ich beginne mal mit der Kritikliste, denn die ist entscheidend länger wie die Liste der positiven Dinge. Bis auf die eine Wiederholung, wo sie durch offensichtliche Eingriffe in die Geschichte deren Lauf verändern, haben ihre Handlungen keinen Einfluss auf die Geschichte. Eine ziemlich vage Vermutung, die auch damit verknüpft ist, dass sie auch kaum den Lauf der Geschichte zu beeinflussen, bis auf den kläglichen Versuch, das Attentat auf Kennedy zu verhindern. Wäre zumindest ein Versuch der nahe liegt. Deswegen hat es mich gewundert, dass materiellem und familiären Erfolg im dritten Leben sofort die Resignation folgte.
Auch wurde das Experiment mit dem Leben komplett außer Acht gelassen. Da der Hintergrund der Wiederholungen nicht mal annäherungsweise beleuchtet wird, wäre die Verkürzung einer Wiederholung der Freitod. Auch wenn es den Aktionsgehalt des Buches reduziert, fand ich sehr schön, dass einem deutlich vor Augen geführt wird, dass es nicht wie beim Murmeltiertag um eine kurze Zeitspanne handelt, sondern um einen Abschnitt des Lebens. Was in anderen Kritiken als „langatmig“ beschrieben wird, ist für mich der Tatsache geschuldet, dass 25 Jahre eine lange Zeit sind.
Was mich stört, ist dass die zweite Person, die auch in den Wiederholungen gefangen ist, als Gegenstück zu Jeff, eine Frau ist, die vom Alter, als auch von der Optik zu ihm passt und beide sich in einander verlieben und dass ein nur kurz auftauchender dritter Wiederholer völlig gestört ist, keinerlei Möglichkeit hat (und merkwürdigerweise auch nicht versucht) und das Leben der beiden nur tangiert, wenn es von ihrer Seite aus initiiert wird. Wie man vielleicht aus diesen Zeilen liest, bin ich von der Idee und ihrer Umsetzung begeistert, doch fehlt es mir definitiv an Schlüssigkeit und Tiefgang.