Nach unserer verspäteten Ankunft aus Xi’an hatten wir eine verkorkste Nacht in Shanghai. Doch kaum in Shanghai angekommen, stehen wir 8 Uhr schon wieder am Bahnhof und fahren weg. Das restliche Shanghai heben wir uns für die weiteren Tage auf.
Ziel unserer Zugreise ist Suzhou, die Wasserstadt oder auch Chinas Venedig genannt wird. Karten für den Zug können wir nur an Automaten kaufen. Wir sind zu Beginn etwas verwirrt, weil die Automaten nur auf chinesisch funktionieren. Auf Nachfrage erfahren wir, dass in Halle 2 auch englisch sprechende Automaten zu finden sind. Nachdem wir die Karten gekauft haben, gehen wir in den Wartebereich und warten, bis unser Zug aufgerufen wird.
Erste Anlaufstelle in Suzhou ist der Humble Administrator’s Garden (Garten des Beamten). Die Anlage hat uns wirklich sehr gefallen, nur leider werden hier auch viele chinesische Touristengruppen durchgetrieben und mit Megaphonen angefeuert. Relativ in der Nähe des Humble Administrator’s Garden liegt Lion’s Grove, der ähnlich angelegt ist, aber nur die Hälfte des Eintritts kostet. Dem entsprechend voll ist es dort. Deswegen sind wir dort ins Dachterrassen-Café geflüchtet. Dort hing ein Käfig mit einem Vogel, der alle Besucher mit „Ni-hao“ begrüßte.
Als nächstes sind wir in ein Seidenmuseum gegangen. Hier wurde erklärt, wie Aufzucht und Haltung der Seidenraupen funktioniert und wie die gewonnene Seide verarbeitet wurde/wird. Ein Wärter schenkte uns zwei Seidenkokons. In dem Raum, wo zur Demonstration Seidenraupen gehalten werden, konnten wir den Seidenraupen beim Schmatzen zuhören. Ein sensationelles Geräusch!
Letzter Punkt in Suzhou war die North Temple Pagoda. Die Gartenanlage ist wirklich schön. Wir haben die sportliche Herausforderung gesucht und sind die Pagode hoch gelaufen. Dort hatten wir einen schönen Überblick über den Garten und die Stadt.
Bevor wir zurück nach Shanghai fuhren, haben wir noch schnell bei „Aunt Dumpling“ gegessen. In Shanghai angekommen, machten wir noch ein paar Nachtbilder, bevor wir diesmal in unser weiches Doppelbett fallen konnten.
Für den nächsten Tag war der Besuch der Expo eingeplant. Doch früh wollten wir uns erst noch den Jade-Buddha-Tempel ansehen. So sind wir um 7.30 Uhr schon los. Um die Zeit waren schon 25°C. Auf dem Weg zum Tempel stießen wir auf die Grenze zwischen modernem und altem China. Eben noch glänzende Hochhäuser und eine Querstraße weiter traditionelle Häuser, wo sich die Leute auf der Straße waschen und Hühner frei herumlaufen. Und wenige Meter weiter ein frisch planiertes Gelände. Wir waren uns sicher, dass die alten Häuser in den nächsten Jahren den Hochhäusern weichen müssen.
Der Jade-Buddha-Tempel war enttäuschend. Verdächtig war schon, dass vor dem Tempel ein dicker Lexus stand, aus dem ein Mönch ausstieg. Ich könnte jetzt einen langen Vortrag über die Einflussnahme der chinesischen Regierung auf die Religion halten, belasse es aber dabei, dass der chinesischen Regierung die Unabhängigkeitsbestrebungen von Tibet missfallen. Aus diesem Grund baut sie auch eine Eisenbahnstrecke nach Tibet, um mehr Kontrolle über die Region zu gewinnen. Außerdem versucht die Regierung möglichst viele buddhistische Mönche im Sinne Chinas zu gewinnen, damit der nächste Dalei Lama aus den Reihen getreuer Chinaanhänger kommt. Und genau so geht es im Tempel ab. Kaum hatten wir den Tempel betreten, stürzten sich Leute auf uns, um uns zum Jade-Buddha führen zu wollen. Gegen ein kleines Entgelt versteht sich. Wir lehnten ab und suchten ihn selbst, um dann festzustellen, dass wir dafür Eintritt zahlen müssen. Nein danke!
Dann laufen wir zurück zur Innenstadt und genießen am Fuße des Pearls superleckere Dumplings. Um 10 Uhr sitzen wir dann in der Metro zum Expo-Gelände. Ich weise Kriszta auf die Besucherzahl hin: Weit über 270.000! Wir halten es für einen Marketing-Gag. Wir betreten die Expo am Eingang 7. Im Vorfeld hatte uns das Hostel geraten, die Karten dort zu kaufen, weil sie schnell ausverkauft sind. Wir stehen quasi allein am Eingang und kaufen sofort unsere Eintrittskarten für 160Yuan.
Der nächstgelegene Pavillon ist der ungarische Pavillon. Um hinzukönnen, müssen wir 10 Minuten warten, weil eine kleine Schlange davor steht. Im Inneren können wir ein großes Exemplar eines Gömböc bestaunen und mit kleinen Modellen spielen. Der Gömböc ist ein mathematisch berechneter Körper, der nur einen Ruhepunkt hat. Legt oder stellt man ihn in eine andere Position, kehrt er automatisch wieder in seine Ruheposition zurück. Und das bei konstanter Dichte.
Als wir in der Schlange standen, wurde uns schnell klar, dass wir naiv sind. Vor allen anderen Pavillons stehen ellenlange Schlangen. Nach dem ungarischen Pavillon gehen wir zur deutschen Ausstellung. Eine Hostess erklärt uns, dass die Wartezeit aktuell vier Stunden beträgt und wir vielleicht am späten Abend wiederkommen sollen. Nachdem wir in den karibischen Pavillons waren, wird uns schnell klar, wie das Spiel hier läuft.
Die chinesische Supermacht lässt es sich nicht nehmen, dass sie ein Riesengelände hochgezogen haben und keiner zu Besuch kommt. Also werden die Leute aus allen Regionen China herangeschafft. Wir bemerken es an Leute, die sich gut angezogen haben, trotzdem aber leicht schäbig aussehen. Außerdem spürt man, dass sie nicht wissen, was sie eigentlich hier verloren haben. Aus diesem Grund wird ihnen eine Aufgabe gegeben. Auf jeder Expo gibt es einen „Reisepass“. Für jeden Pavillon, den sie besuchten, gibt es einen landeseigenen Stempelabdruck in den Pass. Und mit dieser Mission werden die Leute über das Expo-Gelände geschickt.
Wir besuchten auch den karibischen Pavillon, wo eine Frau aus Jamaica uns sah, lächelte und lautlos HELP! rief. Sie erzählte, dass sie schon alle Exponate weggeräumt haben. Die Hälfte der Leute wäre auch schon wieder abgereist, weil die Chinesen nur in den Pavillon reinkommen, sich den Stempel abholen und wieder gehen. Eigentlich wollten wir auch den isrealischen Pavillon besuchen, weil dort Auszüge von Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie im Original gezeigt werden. Aber auch hier beträgt die Wartezeit fast zwei Stunden.
Zum Glück gab es um die Mittagszeit eine Parade der chinesischen Provinzen, wo sehr viel Geschick und viele Trachten gezeigt wurden. Das Gelände war auch sehr schön angelegt. Als wir eine Pause brauchten, setzten wir uns an den Fluss und entspannten einen Moment. Ganz zum Schluss sind wir noch in den chinesischen Pavillon. Wie wir schon im Vorfeld gelesen hatten, gab es für alle anderen Staaten eine Auflage, eine bestimmte Höhe des Pavillons nicht zu überschreiten. Mit einer Ausnahme – der Chinesische war wesentlich höher. China über allen!
Dort gab es auch keine Schlange, weil es hier genügend Eingänge gab. Wir schauten uns eine Weile um. Auch hier gab es einzelne Bereiche zu den chinesischen Provinzen. Aber unter dem Strich war es sehr enttäuschend, da wir alle Pavillons nur von außen gesehen haben. So haben wir 19 Uhr das Gelände verlassen und sind mit dem Schiff auf dem Pudong wieder zurück in die Innenstadt. Abends war das Expo-Gelände schön beleuchtet und auch die Innenstadt sah toll aus. Die 60Yuan waren gut investiert.
Andere Backpacker erzählten uns, dass sich ein Besuch in Huang Shan lohnt. Also haben wir schon in Xi’an einen Flug gebucht. Da der Flug erst am Mittag nach unserem Expo-Tag ging, nutzen wir den Vormittag, um uns die alte Innenstadt von Shanghai anzusehen. Kaum zu glauben, dass so eine moderne Stadt so einen schönen historischen Kern hat. Wir sahen viele Zick-Zack-Brücken, welche vor Geistern schützen sollte. Denn schließlich haben Geister nicht nur keine Knie, sondern können auch nur gerade aus laufen.