Wir haben 3,5 Wochen in China verbracht. Das gab uns jede Menge Gelegenheiten, mit Chinesen zu interagieren, sie zu beobachten oder mit ihnen Zeit auf engstem Raum, wie z.B. in Zügen oder Bussen zu verbringen. Welches Bild haben wir von den Einwohnern Chinas gewonnen?
Chinesen im Alltag
Es macht ja richtig Spaß, Chinesen zu beobachten. Besonders das Verhalten von jungen Pärchen ist richtig drollig. Während man hier sieht, dass sich Pärchen küssen oder Händchen halten, nimmt das in China andere Formen an. Egal in welcher Stadt wir waren, erkannten wir Pärchen daran, dass er ihre Handtasche trug. Ein weiteres Kennzeichen sind Pärchen-T-Shirts oder im schlimmsten Fall Pärchen-Schuhe.
Etwas ungewohnter ist der Umgang mit der Körperhygiene. Also sahen wir in der Seitengasse von Shanghai schon mal Menschen, die sich über einer Schüssel Wasser die Zähne putzen. Auch mit Fäkalien sehen es die Chinesen nicht so eng, besonders bei Kindern. Kinder haben statt Windeln einfach einen Schlitz in der Hose und hocken sich im Bedarfsfall hin. Sei es auf der Straße oder im Bus. Wir haben uns immer gefragt, was mit Kindern ist, wenn sie im Bus müssen, bis wir es live erlebt haben. Jetzt wurde uns auch klar, warum jeder Bus einen Wischmop an Bord hat. Wenn es der Boden gestattet, ist auch eine Befeuchtung den Wohnzimmers möglich. Auch das haben wir erlebt. Diese hockende Haltung wird damit zu Ruheposition und ist gleichzeitig die Ursache für die im Boden eingelassenen Toiletten.
Wie Von mir bereits erwähnt, aber hier nochmal aufgeführt ist das Rauchen. Der gemeine Europäer hat sich schon langsam dran gewöhnt, dass er nicht mit dem Geruch belästigt wird. In China heißt es nach wie vor: Feuer frei! Öffentliche Gebäude sind da schon restriktiv, aber ansonsten ignorieren die Chinesen ganz gekonnt die Schilder und rauchen einfach weiter. Und dabei riechen unsere Zigaretten wirklich parfümiert.
Was in China geraucht wird, ist ein rüdes Kraut. Es legt sich sofort auf Lunge und Hals, besonders bei den Rauchern selbst. Das Ergebnis – permanente Verstopfung im Hals und Auswurf, der bei jeder Gelegenheit ausgespuckt wird. Mir ist eine Sendung in Erinnerung, die mir erklärte, dass das wirklich gesünder ist, als Taschentücher oder Hochziehen. Das mag ja sein, aber es ist akustisch, als auch hygienisch absolut untragbar. Das Flugobjekt landet einfach auf dem Boden, egal wo das ist. Und das Auffällige ist – wie sahen keine Frauen rauchen, nur Männer und die blasen ihren Dampf auch mal ins Gesicht der Freundin, damit sie auch was davon hat.
Überhaupt ist der Umgang zu Frauen unter aller Sau. Ich will es nicht schlecht reden. Es ist aber wirklich so, Frauen werden wie der letzte Dreck behandelt. Auch hier ein Beispiel. Wir übernachten in einer ruhigen Unterkunft, nur der Fernseher nebenan ist sehr laut. Das lässt uns schlecht schlafen. Irgendwann wird nebenan eine männliche Stimme laut, offensichtlich gibt es Ärger. Nach kurzer Zeit folgen hörbar Schläge. Es rumst und poltert nebenan. Keine Ahnung, was da los ist, aber es wird Zeit einzugreifen. Wir klopfen an die Wand und brüllen, keine Änderung.
Kriszta mobilisiert die Leute von der Unterkunft, die auf unsere Bitte, die Polizei zu rufen, sehr merkwürdig reagieren. Wir sollen uns beruhigen, wir könnten auch in ein anderes Zimmer umziehen. Nochmal die eindringliche Bitte, die Polizei zu rufen. Nein, dass geht schon in Ordnung. Im Zimmer nebenan wird weitergebrüllt und geschlagen. Die Besitzerin redet mit der Tür, auf der anderen Seite keine Reaktion.
Irgendwann geht die Tür, eine junge Frau flüchtet gegen den Widerstand ihres Mannes aus dem Zimmer. Er versucht sie reinzuzerren. Sie wehrt sich und weint bitterlich. Wir versuchen ihn daran zu hindern. Worauf er uns darauf hinweist, dass es seine Familie ist. Er bittet uns mit seinen wenigen Brocken englisch um Entschuldigung, dass wir geweckt wurden. Dass er seine Frau verprügelt, geht niemanden etwas an. Die Besitzerin überredet ihn, ins Erdgeschoss zu kommen, um sich zu beruhigen. Wir sollen inzwischen noch mal ein Blick auf das andere Zimmer werfen.
Die schluchzende Frau sitzt auf der Schwelle unserer Tür und bedankt sich. Wenig später kommt der Mann wieder hoch und will die Frau wieder ins Zimmer ziehen. Sie reißt sich los und rennt ins Erdgeschoss und in die Nacht hinaus. Das Spiel setzt sich vorm Nachbarhotel fort. Er zieht an ihr, sie wehrt sich und weint. Ich brülle ihn an, er soll die Finger von ihr lassen. Das ruft den Besitzer des Nachbarhotels auf den Plan, der auf mich zukommt und fragt, ob mit mir alles in Ordnung ist. Er weist mich darauf hin, dass es doch schon spät ist. Ich erkläre, dass der Mann die Frau schlägt und die beiden zusammenzulassen keine gute Idee ist. Ja, ja, das passt schon, ich soll mich jetzt aus dem Staub machen. Ich geb’s auf – offensichtlich interessierte das hier keinen.
Chinesen und der Tourismus
Touristen sind des Chinesen liebste Kuh. Man kann sie melken, ohne dass sie mitbekommen, dass man furchtbar übers Ohr gehauen wird. Fängt ganz simpel an – im Restaurant. Angesichts der schwer verständlichen Sprache gibt es immer eine Ausgabe mit einer englischen Übersetzung, die einem aber schon mal einen groben Hinweis gibt, was man überhaupt vorgesetzt bekommt. Auch wenn einem Gerichte wie „Feather of duck with no reason“ mehr Fragen stellen, als Antworten geben. Mehrmals haben wir es erlebt, dass es auch eine chinesische Ausgabe der Karte gab und wenn wir die Symbole auf die Schnelle verglichen, dann war das „English Menu“ um ein Drittel teurer.
Wie ich schon im ersten Beitrag versucht habe, zu erläutern. Arbeitskraft ist in China das Billigste einer Dienstleistung. Also brauchten wir uns sich nicht zu wundern, wenn wir kilometerweit verfolgt wurden, um dann eine Viertelstunde lang eine Dienstleistung zu verhandeln. Seien es Postkarten auf der Großen Mauer oder eine Floßfahrt nach eine 20-Kilometer-Radtour. Und natürlich gibt es Dienstleistungen, die uns auch bei einem All-inclusive-Angebot angeboten wurden. Als wir dann hinterfragten, warum dann der Gesamtpreis nicht um den Betrag der Dienstleistung höher ist und dass wir für sowas nicht zahlen wollten, erntet man kein Verständnis.
Ich erinnere mich an den Ausflug zur Großen Mauer, wo wir zum Mittagessen einkehrten und extra noch fragten, ob Getränke inklusive sind. Uns wurde mit Händen und Füßen gesagt, ein Getränk wäre frei. Als wir dann gingen, entstand eine viertelstündige Diskussion, weil Bier wohl offensichtlich nicht dazugehörte. Ich erinnere mich an die Grotten von Yungang, wo wir eine Reise inklusive Fahrt, aller Eintritte und Mittagessen hatten und plötzlich für einen Transfer vom Parkplatz zum Eingang zahlen sollten. Und die Reiseleitung überhaupt kein Verständnis zeigte, weil wir sagten: Nein! Dann wollten wir ihr noch klar machen, dass eine Reise inklusive aller Kosten nicht heißt, dass wie noch extra zahlen müssen. Erstaunlicherweise beginnt an der Stelle auch eine gewisse Schwerhörigkeit, sie tun sich mit dem Verständnis auf einmal sehr schwer.
Chinesen und die Hilfsbereitschaft
Überhaupt sind die Sprachkenntnisse über das Chinesische hinaus, schlecht bis katastrophal. Wenn wir jemanden trafen, der Englisch sprach und einem bereitwillig beim Finden oder Weg beschreiben helfen woltte, hatten wir eine 50/50-Chance, übers Ohr gehauen zu werden oder jemanden zu treffen, der wirklich hilfsbereit ist. Wenn wir mit jemandem sprachen, der einen ratlos anschaute und dann noch jemanden hinzuholte, der auch kein Wort englisch kann, lagen wir zumindest nicht falsch. Denn hilfsbereit sind sie schon, die Chinesen. Nachdem man sich verständlich gemacht hat, wo man hin will, wird man in Bus etc. noch hingewiesen, wann man raus muss.
Zum Abschluss möchte ich auf die besonders schönen Momente zu sprechen kommen. Da wäre zum Beispiel der Tea Shop in Pingyao (die Nan Da Street nordwärts gehen, bis es nicht mehr geht, dann links und kurz hinter der Absperrung für die Fahrzeuge auf der linken Seite). Die Besitzerin lud uns immer wieder gern zum Tee ein, den wir auch gerne kauften. Gerne erzählte sie uns, wie ihr Leben außerhalb des Arbeitstages von 6.30 – 23 Uhr, 360 Tage im Jahr aussieht bzw. auch während dessen. Ich stelle es mir persönlich sehr hart vor, 10 Jahre im Voraus die Miete für meinen Laden zahlen zu müssen. Sie empfahl uns auch die Theatervorstellung der Geschichte von Pingyao zu besuchen und gab uns die Karten zu dem Preis, wie sie nur für Einheimische zu erstehen sind.
Regelmäßig gingen wir in Pingyao auf der Nan da Street No. 82 essen, ein kleines gemütliches Restaurant mit vielen unglaublich leckeren Speisen. Die Besitzerin Lei Cai Juan sprach gern mit uns und führte uns auch auf unsere Frage, welche Musik in ihrem Restaurant läuft auch gleich in einen Laden, wo wir sie kaufen konnten. Auch wenn sie ihren Laden dazu kurz unbeaufsichtigt ließ, uns wurde geholfen. Als wir uns mit unseren Rucksäcken Richtung Bahnhof aufmachten, bekamen wir zum Abschied jeder eine Flasche Wasser und bekamen ein Taxi zum Sonderpreis.
Als wir in Tunxi landeten, sprach uns eine Frau auf dem Flughafen an. Sie würde auf ihren Freund warten und wenn wir in die Stadt wollten, würde sie uns mitnehmen, bevor wir die horrenden Preise der Taxifahrer zahlen. Gerne kamen wir auf das Angebot zurück. Während der Fahrt erzählten wir, was wir vor hatten und die Frau freute sich ein Loch in den Bauch, dass wir in ihre Heimatstadt Guilin fahren. Wir erzählten auch, dass wir nach Huangshan wandern wollten, worauf sie ihren Freund instruierte, dass er die Maut-Straße nach Huangshan nehmen sollte. Kurz hinter der Schranke klärten wir das Missverständnis auf, wir wollten doch erstmal nach Tunxi. Kein Problem – die 20 Yuan Gebühr (ein gutes Mittagessen) wollten sie nicht wieder haben. Wir wurden bis vor die Tür des Hostels gebracht und dann verabschiedet.
Zum Abschluss war das noch das kleine „Warm café“ in der Old Street 53 in Xingping. Der Besitzer sorgte zwei Tage für unser leibliches Wohl und scheute keine Mühen, uns zu erklären, was Taro ist und wie „Wiredrawing Taro (Banana / Apple)“ aussieht. Übrigens mit Banane ist das einfach eine unglaublich süße und leckere Speise. Hat natürlich nichts mit Drahtziehen zu tun, sondern das sind frittierte Bällchen mit der jeweiligen Frucht als Füllung.