Irgendwas lief gut – Mitte Februar schrieb ich noch, dass ich „Naokos Lächeln“ zu lesen beginne und nun habe ich schon wieder die 3/4 des nachfolgenden Buches hinter mir. Die Buchbesprechung folgt an einer anderen Stelle, aber die Ursache dafür ist hier richtig am Platz.
Grund dafür war, dass ich wieder mal unterwegs war und abends nichts anderes im Kopf hatte, als mich ins Bett zu legen und zu lesen, bis ich nicht mehr konnte. So kam ich gut bei Naokos Lächeln voran. Günstigerweise war ich in der Nähe von Frankfurt und konnte mir so eine umständliche Anfahrt schenken. Das Ziel war Madrid, wo sich Kriszta schon seit einer knappen Woche befand. Für uns stand noch verlängertes Wochenende auf dem Programm. Der Flug war unter Straucheln der Webseite von Opodo gebucht wurden und so verhielt sich auch die gesamte Reise. Das Ticket verriet: Abflug Freitag, 21:15 Uhr.
Der Termin bei Frankfurt ging aber schneller herum, wie erwartet und ich stand an der Gepäckabgabe, wo mich Frau Lufthansa auf mein Gate hinweisen wollte und plötzlich stolperte: „Sie gehen dann… Moment mal, was machen Sie denn jetzt schon hier?“ Ich musste angesichts ihrer Reaktion lachen und erklärte meinen Termin. Sie lächelte mitleidig und fing nochmal an: „Also, Sie gehen dann in 7 Stunden an Gate A30, aber das Gate kann sich bis dahin noch 50mal ändern, also halten Sie mal Ausschau. Viel Spaß im Buchladen!“ Ich lachte wieder und in die Halle C, wo kaum was los war und setzte mich gemütlich hin.
200 Seiten Murakami gegen 7 Stunden sind unfair. Zumal mich das Buch so fesselte und aus der Bahn riss, dass ich danach erstmal wie ein Geist herumlief und 1 Stunde brauchte, bis ich ein Buch gefunden hatte, was ich als nächstes lesen konnte, ohne hoffnungslos enttäuscht zu werden. Einen weiteren Murakami gab es in der Buchhandlung nicht, also verließ ich mich auf einen andern Schriftsteller, den ich sehr mag: Nick Hornby. Ich wechselte immer zwischen Herumlaufen und Lesen, schaute mir unendlich viele Zeitschriften an und mit einer guten halben Stunde Verspätung ging es los. Auf nach Spanien! Es regnete in Frankfurt mittlerweile in Strömen und meine Begeisterung auf ein verregnetes Wochenende ließ mich nicht gerade begeistert in den vollen Flieger steigen.
In Spanien regnete es nicht, als wir landeten, aber rosig war das Wetter nicht. Ich war todmüde und wir liefen noch ein bißchen umher, weil die Zeitverschiebung in Spanien enorm ist. Vor 10 Uhr rührt sich da nicht viel, dafür sind die Straßen auch bis weit nach Mitternacht brechend voll. Man lebte, trank, redete, aß und wohnte auf der Straße. Gegen halb 3 war auch unsere Zeit gekommen und wir schliefen ein. Der Samstag zeigte sich anfangs verregnet und machte uns einen fetten Strich für die Fahrt nach Toledo durch die Rechnung. Also liefen wir ein bißchen durch die Stadt, lustlos, weil es immer wieder regnete. Später wechselten wir dann von Herumlaufen zu Shoppen, was bei dem Wetter besser angebracht war. Gegen Abend kam Wind auf. Ein ständiger Wechsel zwischen Sonne, Wolken und Regenschirm machte es nicht einfach. Erst gegen Abend hörte es auf, wurde deutlich milder und wir besuchten den Prado.
Der Sturm verschonte Madrid, wir bekamen kaum was davon mit (die Nachrichten jetzt mal ausgenommen). Statt dessen setzten wir uns abends gemütlich in eine Kneipe und probierten Paella und Muscheln und dazu natürlich ein cerveza und ein Mischgetränk aus Rotwein, Wasser und Zitronensaft (Tinto verano), was erstaunlich lecker schmeckte und obendrein noch erfrischend war.
Der nächste Tag zeigte sich von seiner besten Seite. Fast ununterbrochen blauer Himmel. Wir bekamen am Rande mit, dass das Tief im Norden Spaniens ziemlich gewütet hatte und abends trafen auch in Spanien die Nachrichten über die Verwüstungen in Deutschland ein. In Madrid war noch eine Monet-Ausstellung, die aber insgesamt sehr enttäuschend war. Wir ließen den Abend wieder in der gleichen Kneipe wie am Vorabend ausklingen.
Wenn ich jetzt so an die Tage in Madrid zurück denke, fällt mir ein, dass ich zu Beginn der Meinung war, Madrid wäre wie Rom, nur ohne Sehenswürdigkeiten. Aber der Vergleich hinkte gewaltig. Das Zentrum von Madrid ist insgesamt schön anzusehen. Was natürlich nervt, sind die Unmengen von Menschen, die sich zu allen Tag- und Nachtzeiten überall befinden. Das Gefühl eine ruhige Stelle zu haben, geht völlig verloren. Und wo viele Leute sind, entsteht auch viel Dreck. Es scheint ein Hobby der Einwohner Madrids zu sein, ihre Stadt zuzumüllen, damit über Nacht in unermüdlicher Arbeit alles wieder sauber gemacht wird, um dann wieder von vorn zu beginnen. Was mir noch auffiel, war die unglaubliche Wärme in den Geschäften. Man geht in winterlichem Outfit rein und muss nach wenigen Minuten wieder die Flucht ergreifen, es sei denn, man entkleidet sich bis auf das T-Shirt. Naja gut, wer im Sommer 40°C hat, schlottert bei 12°C.
Weil ich gerade das Gebiet der Geschäfte betrete – die Bedienung in den Geschäften läuft größtenteils nach dem Prinzip „komm ich heute nicht, komm ich morgen“. Zehn Minuten an der Kasse zu verbringen, obwohl nur drei Leute stehen, ist durchaus selbstverständlich und der geneigte Spanier greift zu seiner Lieblingsbeschäftigung: Reden. Denn das können sie – durcheinander und ohne Luft zu holen. Macht nichts – ich mache trotzdem mal Werbung für einen Klamottenladen, auf die mich Kriszta aufmerksam machte: Desigual. Wer auf bunt steht, kommt da nicht dran vorbei. Überhaupt haben wir viele Klamotten wieder mitgebracht. Wenn Madrid etwas ist, dann ein Shoppingparadies. Irgendwann hat es auch mich erwischt und ich musste nach 2,5 Stunden vor Abflug nochmal in einen Desigual-Laden stürzen und mir ein Kapuzenshirt holen (natürlich in bunt).