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Der perfekte Moment

Jan 2
geschätzte Lesedauer: 3 Minuten

Es ist schon etwas merkwürdig – ich steige gerade aus der Wanne und habe beim Schreiben dieses Beitrages das Gefühl, er würde nicht von mir handeln. Es ist viel mehr wie ein Stück aus einem Roman, der von irgend jemandem handelt.

Ich habe mir wie so oft ein Buch geschnappt, in dem Fall war es Jonathan Safran Foers „Extrem laut und unglaublich nah„, ein Roman, von dem ich ganz schwer angetan bin. Obwohl ich erst am Wochenende damit begonnen habe, liegt schon wieder ein Viertel des 500-Seiten-Wälzers hinter mir. Meine Blicke rasen über die Zeilen, die Zeit spielt absolut keine Rolle. Es ist egal, ob jetzt eine Viertelstunde oder 2 Stunden vergangen sind. Mir wird unangenehm warm, mir laufen die Schweißperlen die Stirn hinab, was das Lesen hinderlich macht. In dem Moment wird es Zeit, dass ich aussteige. Ich bleibe aber noch einen Moment liegen, genieße die Wärme, lasse meine Gedanken umherschweifen, fange den einen oder anderen ein und denke ihn eine Zeit lang. Ich lasse den Urlaub Revue passieren und überlege, ob man im übertragenen Sinn durch die Zeit läuft oder doch eher schwebt.

Vielleicht ist es stimmungabhängig. Tagsüber laufe ich gern – laufen klingt nach Bewegung, ein wenig auch wie Anstrengen, Kämpfen. Und wenn ich dann wieder in der Wanne liege, dann schwebe ich für einen kurzen Augenblick. Einfach mal die Zeit loslassen, soll sie doch alleine laufen. Ich verharre einen Moment und wenn sie der Meinung ist, kann und wird sie mich mitreißen, aber das interessiert mich erstmal wenig. Genau in solchen Momenten entstehen dann die Grundlagen für Beiträge wie diesen.

Ich wasche mir noch die Haare und kurz bevor ich aufstehen will, sehe ich wie das Wasser aus meinen Haaren ins Badewasser tropft und ich halte meine Hände darunter. Es fühlt sich noch warm an – wie ein warmer Sommerregen. Und schon im nächsten Moment schnappe ich mir das Handtuch, trockne mir das Gesicht ab und mir fällt wieder ein, was ich noch alles zu erledigen habe. Als wäre mein Gesicht ein beschlagener Spiegel, den ich mit dem Handtuch abwische, damit man wieder etwas sieht.

Und dann lande ich wieder im Hier und Jetzt und mir fällt ein, dass ich noch etwas vom gestrigen Tag schreiben wollte. Ich war mit Frühstücken etwas zeitiger fertig wie gewohnt und machte mich auf den Weg. Ein Blick nach draußen hatte mir verraten, dass die Scheiben der Auto gefroren waren und ich mich auf ein Duell mit dem Eiskratzer einlassen konnte. Nach 5 Minuten Kratzen waren meine Finger schon eiskalt und ich hielt es für klüger doch Handschuhe zu holen. Schnell ging es deswegen nicht, aber das Ziehen in den Fingerspitzen ließ nach. Als ich dann endlich fertig war, stieg ich ein, ließ die Lüftung auf Hochtouren laufen und fuhr ein paar Parklücken weiter, um den feinen Film, der sich schon wieder auf die Frontscheibe legte, wieder abzukratzen.

ck cover fliangIn meiner grenzenlosen Weisheit habe ich nach meiner Fahrt nach Dresden sämtliche MDs mit in die Wohnung genommen und bin somit auf das Radio angewiesen. Es gibt lustige Momente, z.B. wo Leiki in Stockholm anruft und den Nobelpreis beantragt, weil er untersucht hat, was zuerst auf dem Boden aufkommt, wenn man eine Katze mit einem Marmeladenbrot auf dem Rücken fallen lässt. Aber größtenteils schalte ich wahllos zwischen den Sendern hin und her und versuche doch mal ein brauchbares Lied zwischen den Moderationen und Werbeschaltungen zu finden. Doch nicht gestern – im Kampf gegen das Lüftungsgebläse versucht ein Moderator mir irgendwas von einer Tour von einer Claudia zu erzählen, die in Bayern ganz beliebt ist. Ein Blick auf den Sender läßt mich doch etwas skeptisch bleiben – Bayern 3. Und dann kommt ein Ausschnitt aus einem Live-Mitschnitt und mir klappt der Unterkiefer runter. Wahnsinnsstimme, Musik in die Richtung Katie Melua, vielleicht etwas poppiger. Aber irgendwas ist anders – auch wenn die Lüftung faucht – ich verstehe die Frau. Aber irgendwie bayrisch. Kurze Pause an dieser Stelle, um sich Katie Melua auf bayrisch vorzustellen. So absurd, dass mir der Titel nicht aus dem Kopf geht. Ich nehme mir vor, abends nachzusehen, wer das ist und ob es da mehr gibt.

Der Abend ist ziemlich spät, ich sitze erst Viertel elf wieder im Auto und fahre heim. Bayern 3 läuft immer noch und was höre ich: noch mehr Live-Aussschnitte von Claudia Koreck. Da meine Lüftung abends nicht mehr so viel zu tun hat, kann ich mir auch mal die Texte anhören. Sie haben Witz, Charme und sind aus dem Leben gegriffen. Zumindest soweit ich auf der Strecke nach Hause beurteilen kann. Zuhause schau ich nach – Album (Fliang) vorhanden, die Tourdaten auf ihrer Webseite verraten mir, dass sie am 14.02.2008 in Bamberg ist. Auch wenn ich es vielleicht bereue, dass ich bald das Album in den Händen halte, bestellt ist es. An wem das bayrische Cowgirl Nicky vorbeigegangen ist, der wird damit kein Problem mit ihrer Stimme haben, aber an einen Stellen fröstelt es mich doch manchmal, aber nur ganz kurz. Wen ich immer noch nicht verschreckt habe – Anspieltipps („Fliang“, „Herbstwind“ und „Daschn“).

  1. tapatapatu tapatapatu

    Auch wenn ich kein Bayer nicht bin … ich mag Musik mit bayerischen Texten. Die Sprache lässt sich so wunderbar der Musik anpassen. So bin ich ein großer Fan von Wolfgang Ambros und Rainhard Fendrich (zugegeben, das sind keine Bayern). Aber auch Kabarettisten wie z.B. Bruno Jonas kommen durch das Bayerische super gut rüber. Es lassen sich gerade im Bayerischen „gscherte“ Dinge so richtig nett verpacken. Die Musik von Claudia Koreck ist mir nicht entgangen. Die junge Dame hat das Zeug für einen, wenn auch regionalen, Star. Frisch, frei und wirklich klasse Stimme. Die Texte einfühlsam und vor allem selbst geschrieben. Ja, wie Du es eigentlich schon beschrieben hast, mehr als nur ein „Hinhörer“ wert. Ich könnte noch was zur Badewanne schreiben … aber ich habe schon genug gesülzt hier. Smile!

    Gruß aus dem Münchner Outback!

    tapatapatu

  2. Jan Jan

    Gestern ist die CD eingetroffen und hat alle Erwartungen übertroffen oder kurz gesagt, sie läuft in einer Tour. Gerade Musik mit Dialekt hat ja schon einige Peinlichkeiten mit sich gebracht, von daher hat Claudia Koreck bestimmt keinen leichten Stand. Aber wie schon erwähnt hat sie stimmliche und inhaltliche Klasse.

    Und … bitte – lass deinen Gedanken freien Lauf, wer meine langen Beiträge liest, darf auch lange Kommentare schreiben 😉

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