Die Entropie in sich geschlossenen Systemen nimmt zu. Ein fester Grundsatz, daran gibt es nichts zu rütteln. Dabei reicht schon das System „Modernisierungsmaßnahme“ völlig aus. Von letztem Wochenende klingelte mir noch der Satz „Wenn wir nächsten Samstag beginnen, ist Montag, wenn Sie wieder heimkommen, alles fertig!“ Welche zwei Fehler stecken also in der Aussage? Erstens – ich war nicht weg und zweitens – bis Montag schaffen die Handwerker das nie. Aber um die Entropiezunahme weiter zu verfolgen… Als ich Freitag nochmal nachfragte, was denn nun alles wegzuräumen ist, hieß es „Küche reicht erstmal“. Die Baumaßnahmen begannen früh halb 9 Uhr (Wer schläft schon gern aus?) und ich verzog mich erstmal zum Einkaufen. Ich ließ mir dabei extrem viel Zeit, von dem Radau wollte ich so wenig wie möglich mitbekomen. Witzig war noch, dass der Handwerker mich am Morgen fragte: „Ach, auch aus Dresden?“ (Bei mir hängen zwei Bilder von Dresden in der Küche).
Als ich wiederkam, war der Handwerker gerade mit Aufräumen beschäftigt und meinte, dass es für heute alles wäre. Das Ergebnis: Ein Loch, wo die Rohre langgeführt werden sollen (ca. 80cm x 30cm) und eins, wo bereits der neue Heizkörper hängt. Am Nachmittag schnappte ich mir noch den Chef der Firma und fragte, ob ich den Rechner wegräumen sollte, damit sie Montag weitermachen können. Er dachte kurz nach und meinte „Nein, Montag machen wir erstmal die Küche und es wäre vielleicht besser, wenn wir Wohnzimmer und Schlafzimmer erst in Angriff nehmen, wenn wir das Bad machen.“ Auf der einen Seite bin ich beruhigt, dass ich den Kram nicht umräumen muss, andererseits mußte ich heute Morgen vernehmen, dass es wohl noch 2 Wochen andauern wird. Die letzten Tage daheim haben mir völlig gereicht und um ehrlich zu sein, ich freu mich drauf, wenn ich Montag wieder auf Arbeit bin.
Aber was soll man denn sonst mit einer Magen-Darm-Grippe (was anderes kann es bald garnicht sein) machen? Die ersten beiden Tage ging erstmal so gut wie garnichts. Ich habe entweder geschlafen, DVD gesehen oder gelesen. Michel Houellebecqs „Die Möglichkeit einer Insel“ folgte „My dear Krauts“ von Roger Boyes. Angeblich eine humoristische Betrachtung der Deutschen, aber ich kann mich daran erinnern, dass ich höchstens zwei oder drei Mal lachen mußte. Sandra fragte auch schon zwischendurch, ob es witzig wäre, ich meinte nur „Nö, sehr flach.“ Sie warf einen Blick auf die Biographie des Autors (worauf Frauen so alles achten?!) und sagte nur: „Kein Wunder, der hat Theologie, Germanistik und Politikwissenschaften studiert.“ Für wahr, das sind wirklich die Gebiete aus denen die Komiker reihenweise hervorgehen, oder etwa nicht?
Ich hatte auch endlich mal Zeit, mir die DVDs anzusehen, die mir ein Kollege ausgeborgt hatte. Einer davon war „Dogma“, der ist wirklich Kult! Komisch, wunderbar als Quelle für Zitate geeignet und nicht zuletzt ist Alanis Morrissette Gott, ich hab es immer gewußt! Gestern Abend kam dann noch „Secretary“ hinzu, wo ich zu Beginn fragte, worauf der Film hinaus will? Es wirkte durch die S/M-Spielchen doch etwas skuril, aber die schauspielerische Leistung ist ganz groß. Man kauft ihnen die Rolle, die sie spielen, vom Fleck weg ab. Ich habe mal recherchiert und bin bei amazon.de auf zwei Sätze gestoßen, die den Film sehr gut treffen. „Wenn man die S/M-Komponente herauskürzt, die vielleicht nicht jedem liegt und hier eigentlich auch nur der Geschichte einen exotischeren Kick gibt, dann bleibt einfach nur eine romantische, ganz wahrhaftige Liebesgeschichte übrig.“ stimmt mit meiner Meinung überein, denn diese Spielereien sind nur Beiwerk und letztendlich nicht so wichtig, deswegen kann ich die anderen Meinungen nicht teilen, die behaupten, es wäre doch endlich mal ein Film, der sich mit S/M auseinandersetzt und zeigt, das sowas nicht nur in dunklen Kammern gespielt wird. Alles Quark, darum geht es doch garnicht. Oder um das zweite Zitat zu Rate zu ziehen „Sicherlich kein Film für jedermann, einige Zuschauer jedoch dürfte diese kluge und erotisch aufgeladene Geschichte über unterdrückte Leidenschaften ganz unerwartet tief bewegen.“ Ganz richtig erfasst, denn darum geht es – Liebe und Leidenschaft und jetzt bekomm ich auch wieder den Bogen zu „Die Möglichkeit einer Insel“ in der die etwas tragische Hauptgestalt resümiert:
Wenn man individuelle Freiheit und Unabhängigkeit anstrebt, ist keine Liebe möglich, alles andere ist eine Lüge, und zwar eine der größten Lügen, die je ersonnen worden sind; Liebe ist nur dann möglich, wenn der Wunsch nach Zerstörung, nach Verschmelzung, nach individueller Selbstaufgabe vorhanden ist, und zwar in einem gewissen ozeanischen Gefühl, wie man früher sagte, also in etwas, das es sowieso in naher Zukunft nicht mehr geben wird.
Aber genug der depressiven Gedanken, sonst hab ich die Befürchtung, es färbt auf mich ab. Ich hätte eigentlich richtig Lust, etwas zu unternehmen, aber wie mich die Erfahrung gestern lehrte, ist das eine ganz schlechte Idee. Also Planung für heute: Musik hören, mal wieder Postkarten schreiben, Wäsche waschen (solange der Dreck noch nicht in der gesamten Wohnung ist) und mal wieder etwas Klavier spielen üben. Die Stunde am Donnerstag mußte ich schon sausen lassen, aber nächsten Donnerstag geht es endlich weiter und ich denke mal, Mitte nächsten Monats könnte ich das Projekt „E-Piano“ abgeschlossen haben. Aber dazu müßten erstmal alle Möbel wieder an Ort und Stelle stehen.