Da wir ja zu den glücklichen Leuten gehören, die heute Feiertag haben, beschlossen mein Kollege und ich, den Abend für einen weiteren Kinobesuch zu nutzen. „Full Metal Village“ stand auf dem Programm – ein Dokumentarfilm über das Dorf Wacken. Vorher machten wir noch für einen Besuch in seiner (mittlerweile auch meiner) Lieblingspizzeria Cuatro Gatos halt. Es ist ein kleiner Laden, der eher als Anrufen-und-Abholen-Service gedacht ist, aber ein paar Barhocker stehen bereit und man kann bei einer sehr leckeren Pizza beim Pizza backen zuschauen und der gut groovenden Music (wahlweise House, Lounge oder Jazz) zuhören. Trotz der Größe ist der Laden liebevoll eingerichtet, überall hängen, stehen oder liegen 4 Katzen in Form von Plastiken oder Bildern.
So gingen wir gut gesättigt ins Kino. Was bzw. wo ist Wacken? Wacken ist ein 1800-Seelen-Dorf in Schleswig-Holstein, bekannt für sein Metal-Festival „Wacken Open Air“, das jährlich 40.000 Fans aus aller Welt herbeiruft. Aber der Film dreht sich nicht um das Festival, sondern greift einige Dorfbewohner heraus, um ihre Geschichten zu erzählen. Man erlebt die Omas beim Kaffeekränzchen, wie sie sich schauerliche Geschichten über Satanisten erzählen, erlebt wie ein Bauer seine Kühe melkt oder auf seinem Traktor sitzt, man lernt einen der Gründer des Festivals kennen, der ausgestiegen ist, bevor es groß wurde und darf den Gedanken zweier Teenager lauschen.
Anfänglich wirken alle gleich – naive Dorfbewohner, die nur einmal jährlich von einer Horde schwarz bemantelter Langhaariger überfallen werden. Ganz behutsam nimmt sich Sung-Hyung Cho den Charakteren an und kristallisiert ihr Wesen heraus. Während einer der Bauern sich „Nebeneinkünfte“ sichert und Sklave seiner Geldgier ist, geht es dem anderen Milchbauern nur um die Erhaltung des Geschäfts. Schmunzelnd sieht er zu, wie eine seiner Katze minutenlang aus der Milchkanne schleckt. Der Mitbegründer des Festivals schimpft beim Motorrad bauen auf Polen und Weißrussen, die für weniger Geld arbeiten und ihm damit seinen Arbeitsplatz wegnahmen. Umzuschulen oder für eine Stelle umzuziehen, kommt für ihn nicht in Frage. Die beiden Mädchen träumen von einem Fotoshooting, eine erzählt vom ihrem Interesse für die Zeit des Nationalsozialismus und dass sie sich jede Sendung immer wieder im Fernsehen ansieht, bis sie jede Szene auswendig kennt. 2-3 Tage als Beobachter in dieser Zeit sein, ist ein Traum von ihr. Und so erlebt man zum Schluss, wie das Festival an den Bewohnern vorüberzieht und wie sie danach auf einer Wiese voller Müll stehend, wieder zu ihrem Alltag zurückkehren. Weitere Informationen und ein Interview mit Sung-Hyung Cho findet man auf den Seiten des W:O:A.
Als wir ins Kino kamen, wurde gerade das Plakat zu „Inland Empire“ aus dem Schaukasten genommen und ich fragte, ob ich haben kann. „Der Film läuft heute das letzte Mal, morgen gerne!“ lautete die Anwort. Ich hinterließ meinen Namen und wir sahen uns dann den Film an. Als wir im Anschluss noch einen Kaffee tranken, hörte ich „Da die Leute ja jetzt schon im Kino sind, kannst du dir das Plakat abnehmen.“ Wir quatschten noch einen Moment und ich fragte, wie es mit dem Plakat für „The fountain“ aussieht. Das haben sie in Normal und Extragroß – letzteres erstand ich und jetzt ziert es meine Wohnungstür.