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Musik machen im Laufe der Zeit

Jan 0
geschätzte Lesedauer: 4 Minuten

Nachdem als nächster Punkt auf meiner Liste die Verbindung der Silberbüchse mit meinem Rechner steht, wurde ich einen kleinen Moment nostalgisch. Also erinnerte ich mich an die Zeiten, wo ich meine ersten Musikstücke zusammenschusterte.

Eine Zeit vor der Soundkarte

Begonnen hat es mit einem kleinen Programm, was ich irgendwann 1992/1993 bekam. Es hieß ModPlay und war in der Lage die MOD-Dateien des Amiga auf dem PC abzuspielen. Damals alles noch PC-Lautsprecher, denn eine Soundkarte zum Preis von über 300,- DM war bei meinem Lehrlingsentgelt einfach nicht drin. Zum Glück kreuzten sich zwei glückliche Umstände. Zum einen lag dem ModPlay eine Bauanleitung für einen D/A-Wandler bei und zum anderen lernte zusammen mit mir ein Hobbyelektronikbastler, der dieses Wunderwerk der Technik zusammenlötete. So schloss man diesen Wandler an den Parallelport des Rechners und konnte man dann über eine 5-polige DIN-Buchse die Klänge an ein Gerät seiner Wahl weiterleiten.

D/A Wandler
D/A-Wandler

Erste Musikversuche

Nächster Schritt war kurze Zeit später ModEdit, ein 4-Spuren-Tracker mit dem man auch selbst MOD-Dateien bearbeiten konnte. Das Abspielen der einzelnen Samples funktioniert nach wie vor nur über den PC-Lautsprecher, aber das Vorhören des jeweiligen Ausschnittes ging auch über den D/A-Wandler. Aber dieser Zustand konnte nicht von Dauer sein, also folgte bald die Soundkarte. Die gute alte Soundblaster PRO, deren Besonderheit es war, Stereoausgabe zu unterstützen. In der Kombination frickelte ich in mühevoller Kleinstarbeit meiner ersten sechs Songs zusammen. Einsamplen konnte ich auch auf irgendeine Weise, nur war die Arbeit sehr mühsam und die Tools rar. Soweit ich das noch in Erinnerung habe, nutzte ich zu dem Zeitpunkt bereits Digiplay zum Bearbeiten der Samples.

Der Nachteil einer vierspurigen Zusammenstellung ist das abrupte Beenden von Samples sobald ein neues einsetzt. Also war das Erscheinen des Screamtrackers mit seinen mehr als 8 Spuren wie eine Erlösung. Und für mich Grund genug bis tief in die Nacht vor dem Rechner zu sitzen und einen Track nach dem anderen fertigzustellen. Oft saß ich bis nachts um 3 Uhr vorm Rechner, um einen Song fertig zu bekommen und dann noch eine Folge von Dr. Who zu sehen, eine Serie die so grottenschlecht war, dass sie schon wieder Kult ist.

Irgendwann hatte ich dann so viele Tracks zusammen, dass ich sie auf CD gebrannt haben wollte – keine Ahnung warum – aber es mußte einfach sein. Zu der Zeit (1996) waren Brenner noch relativ teuer, sodass man „jemanden kannte“ der einen Brenner hatte. Und so wurden die ersten beiden CDs gebrannt und wenig später kam noch eine dritte dazu, denn mein kreativer Output lag ungefähr bei 3-4 Songs pro Woche. Stilistisch bewegte ich mich irgendwo zwischen Hardcore, Trance, House, Techno, Broken Beats, Ambient und experimentellem Krach. Wenn ich mir die Stücke heute anhöre, empfinde ich sie als flach, vorhersehbar, eindimensional und qualitativ grauenhaft.

Synthesizer am Rechner

In einer Aprilausgabe der c’t las ich dann von Programmen, die analoge Synthesizer simulierten und ich dachte mir: Ihr Scherzkekse! Denkt ihr, ich falle auf diesen Aprilscherz rein? Und kurze Zeit darauf hatte ich die Testversion der Rebirth 338 in den Händen. Zwei 303 und eine 808 zum Schrauben, was die Maus hergibt. Die Testversion hatte zwei riesengroße Nachteile – zum einen war kein Speichern möglich und zum anderen beendete sich das Programm nach 30 Minuten von selbst.

Was so extrem nach unbrauchbarer Software klingt, empfand ich als Herausforderung. Zum einen, dass man innerhalb von 30 Minuten einen kompletten Song fertigstellt und zum anderen, dass dieser Track unwiderruflich nach Beenden des Programmes verloren ist. Also programmierte ich innerhalb von 15-20 Minuten die Patterns, die ich für den Track benötige und spielte in der restlichen Zeit in einer Live-Session den Song ein, wählte manuell die Pattern der einzelnen Maschinen und drehte live an den Reglern. Aus der Zeit gibt es noch eine Kassette mit 45 Minuten von diesen Live-Aufnahmen.

Und damit hörte es eigentlich auf – ich probierte nochmal mein Glück mit der Reason, wovon ich nach wie vor begeistert bin, aber mir fehlte dort die Herausforderung der Improvisation und des unerwünschten Fehlers. Man spielt solange die Steuerung ein, bis sie perfekt sitzt und jedes Sample am richtigen Platz sitzt – heute, morgen und übermorgen komplett nachvollziehbar = Total Recall. Oder vielleicht hatte ich mich über die Jahre viel zu sehr an das Trackerformat gewöhnt.

Denn 2003/2004 versuchte ich nochmal mein Glück mit dem Buzz. Dort werden verschiedene Generatoren (Sounderzeuger) und Effekte miteinander verschalten, die dann ähnlich zum Screamtracker programmiert werden können. Und genau über dieses Programm werde ich jetzt versuchen, die Silberbüchse anzusteuern. Also schließt sich der Kreis und ich sitze damals wie heute am Rechner und höre den Klängen zu, die über eine selbstgebastelte Leiterplatte erzeugt werden. Und inzwischen sind 14 Jahre vergangen…

TB-303 Pro, Silberbüchse
TB-303 Pro

Nachtrag: Kommando zurück – da war doch noch was! Ich konnte doch meine Soundkarte, die einen MIDI-Ausgang besitzt, nicht einbauen, weil der überdimensionale Lüfte des Prozessors den Einbau jeglicher Karten verbietet, die etwas länger sind.

Ich bitte die Qualität der Bilder zu entschuldigen. Damals waren Smartphones bei weitem noch nicht für Fotos geeignet.

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